Inselhopping

[Maus] Zum dritten Mal, seit wir nach Coventry gezogen sind, besuchen uns meine Eltern. Statt aber wieder nur Coventry und Umgebung zu erkunden, sind wir zu viert in unseren kleinen urlaubsgeprüften Skoda gestiegen, um eine kleine Runde Inselhopping zu betreiben. Unser Ziel diesmal: die Isle of Wight.

Das Wetter ist seit Tagen bescheiden und die Vorhersage für die kommenden Tage macht uns kaum Hoffnung auf Sonnenschein. Nach einem kleinen Frühstück brechen wir auf und fahren bei leichter Bewölkung Richtung Süden.  Als wir in Southampton ankommen, sieht es aber gar nicht so übel aus, und so nutzen wir das knappe Stündchen, um uns in der Nähe des Fährhafens umzuschauen.

Die „Red Osprey“ braucht eine Stunde von Southampton nach East Cowes. Natürlich wird standesgemäß Fisch und Chips geordert (die Portionsgröße: gigantisch). Wir genießen den Rest der Zeit draußen in der Sonne und lassen uns den Wind um die Nase wehen.

Kaum richtig angekommen, geht es auf die nächste Fähre, denn unsere Unterkunft liegt nicht in East Cowes, sondern in West Cowes. Doch diese Fähre ist anders. Zwei riesige Ketten hängen ins Wasser hinein, und die Fähre zieht sich entlang der Ketten auf die andere Seite. Das Klonk-Klonk-Klonk der Kettenglieder werden wir noch ein paar Mal hören dürfen. Die Überfahrt im Auto mit vier Leuten drin kostet übrigens £2.20, als Fußgänger zahlt man £0.70. Zu viert im Auto hat man Sparpotential!

Bis zu unserer Unterkunft ist es nur ein Katzensprung. Wie immer habe ich fleißig Bewertungen gelesen und was Hübsches ausgesucht. Wir werden freudig von einer Dame mittleren Alters begrüßt. Es gibt erstmal Kaffee und ein Pläuschchen. Wir lassen uns beraten, was wir in der kurzen Zeit auf der Insel machen können, und beschließen, einen Spaziergang zum nahegelegenen Strand zu machen. So muss es sich also angefühlt haben, als man vor hundert Jahren in die Sommerfrische gefahren ist. Es ist ja selten richtig heiß in Großbritannien, aber die Luftfeuchtigkeit ist so hoch, dass man sich schon bei 20°C so klebrig fühlt wie bei 30°C in Deutschland. Die Seeluft ist herrlich, und unser Ausflugsziel ist ein Pub am Strand von Gurnard mit Blick aufs Meer.

20160705-cowes-promenade-michael-judithAls wir zurückkommen, hat unsere Gastgeberin noch einen Glüh-Cider für uns. Wir quatschen noch ein wenig, meine Eltern mit Händen und Füßen, und stellen fest: Englisch verstehen ist nicht schwer, Englisch sprechen dagegen sehr. Aber unsere Gastgeberin ist auch zu goldig, wenn sie in großen Gesten einzelne Wörter erklärt.

Der nächste Morgen beginnt mit untypisch starkem Kaffee und einem leckeren Frühstück. Wir haben viel vor und brechen als erstes auf, um zum Osborne House in East Cowes zu fahren, natürlich nutzen wir wieder die kleine Kettenfähre. Das Osborne House ist einen Besuch wert. Die Gartenanlage drum herum ist beeindruckend, aber auch das Haus selbst ist sehr interessant. Vor allem aber: Zu sehen, was Queen Victoria und ihr Mann alles für ihre Kinder eingerichtet haben, ist äußerst aufschlussreich. Kleine Möbel für ihre neun Kinder und ein eigenes kleines Häuschen inklusive Obst- und Gemüsegarten, damit die Kinder lernen, sich selbst auch um Haushaltsdinge kümmern zu können. Das Verhältnis Victorias zu ihren Kindern soll ja eher schlecht gewesen sein, aber vernachlässigt wurden sie sicher nicht. So ein kleines Häuschen zum Spielen hätte mir als Kind sicher auch gefallen.

Zuletzt besuchen wir bei strahlendem Sonnenschein noch den royalen Privatstrand, an dem man die bathing machine (deutsch: Badekarre) der Queen bewundern kann. Damit hat sie sich auf Schienen ins Wasser fahren lassen. Ich nehme an, dass man auf die Art vermieden hat, über die großen Kieselsteine ins Wasser waten zu müssen. In Ermangelung einer Badekarre ertragen wir die Schmerzen und kühlen uns die Füße, bevor es weiter geht.

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Eine etwa 50-minütige Autofahrt später kommen wir bei „The Needles“ an – oder vielmehr an dem Parkplatz, der direkt zur gleich benannten Touristenfalle gehört. Die echten Needles liegen einen etwa 20-minütigen Spaziergang entfernt im Wasser. Was wir uns nicht entgehenlassen wollen, ist die Fahrt mit der Seilbahn hinunter zum Strand mit einem herrlichen Ausblick hinüber zu „The Needles“. Die Sonne brennt inzwischen so sehr, dass wir uns alle wünschen, wir hätten unsere Badesachen eingesteckt. Stattdessen können wir wieder nur die Füße abkühlen. Ins Wasser zu gelangen ist hier eine echte physische Herausforderung, da die Kiesel hier noch ein wenig größer sind und sich unangenehm in die Fußsohlen bohren.

Am nächsten Morgen fahren wir ein letztes Mal mit der Kettenfähre, um mit der großen Fähre wieder zum Festland überzusetzen. Das Ziel ist Bath. Michael und ich waren ja vor anderthalb Jahren schon mal hier und waren uns sicher, meinen Eltern wird es hier auch gefallen. Wir spazieren durch die Straßen, genießen eine Erfrischung direkt am Avon und lassen den Tag in einem italienischen Restaurant am Flussufer ausklingen.

Wenn man nach Bath fährt, sollte man unbedingt die Roman Baths besuchen. Die Ruinen waren über Jahrhunderte verborgen unter der Stadt und sind Zeugnis der römischen Kultur. Bei unserem letzten Besuch hatten wir nicht mehr genug Zeit, alles anzuschauen, und so gehen wir erneut auf Entdeckungstour, diesmal mit meinen Eltern.

Zum Abschluss des viel zu kurzen Besuchs fahren wir nach Ironbridge, das so heißt – wer hätte es gedacht – weil da nämlich eine Eisenbrücke steht. Mitten in einer Schlucht gelegen, bietet dieser Ort dem geneigten Besucher eine Vielzahl von Museen rund um die Eisenbrücke und die Zeit der Industrialisierung (und damit hätten wir dann auch wieder den Bogen zu Queen Victoria geschlagen).

Fazit dieses Urlaubs: Wir müssen noch mal mit mehr Zeit zur Isle of Wight zurück.

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