Kein Regen auf den Orkaden

[Maus] Nachdem wir mit Vivi Oslo unsicher gemacht haben, ist unser Urlaub gerade einmal halb rum. Ein Hochzeitsgeschenk von Mark und René führt uns zum Orkney Folk Festival.

Von London aus geht es mit der Propellermaschine nach Aberdeen – die monochromste Stadt, die wir je gesehen haben. Alles ist aus grauem Granit gebaut und wirkt auf mich, als hätte jemand im Ausmalbuch noch nicht angefangen, auszumalen. Aber wir haben auch nicht viel Zeit, bevor unsere Fähre nach Kirkwall auf Orkney Mainland ablegt.

Sechs Stunden braucht die Fähre und kommt fast auf die Minute genau an. René ahnt zu diesem Zeitpunkt schon, dass unser Taxi trotz Vorbestellung gleich weg sein könnte, und so eilen wir hinaus – um sogleich feststellen zu müssen: Es gibt tatsächlich ein interessantes Problem. Der Taxifahrer versucht, insgesamt sieben Menschen in sein Auto zu bekommen, und trotz eines Notsitzes im Kofferraum will es einfach nicht gelingen, dass wir alle ins Auto passen. Immer wieder sagt er uns, er dachte wir wären nur zu viert (Spoiler: wir sind nur zu viert) und bemerkt nicht, dass ein weiterer Fahrgast, den er offenbar schon häufiger gefahren hat, diesmal zu zweit aufgetaucht ist. Schließlich einigen wir uns und wir vier werden zunächst mit dem Gepäck der anderen beiden Fahrgäste zu unserer Unterkunft gefahren.

Am nächsten Morgen machen wir uns auf den Weg nach Stromness, um unsere Leihräder abzuholen und das erste Konzert anzuhören. Wir hatten keine Vorstellung, was wir zu erwarten haben, aber nach dem ersten Beitrag von zwei älteren Damen, die mit langweiligen Melodien und stumpfsinnigen Texten zu beeindrucken versuchten, habe ich Sorge, ob ich den Rest ohne einzuschlafen überstehen kann.

Meine Sorge ist unberechtigt. Es folgen zwei sehr junge Bands – TRIP und Kabantu – und die rocken das Obergeschoss des Pubs, in dem das Konzert stattfindet. Von Kabantu sind wir so begeistert, dass wir ihr Album zwei Tage später kaufen werden.

Im Anschluss radeln wir zur orkneyischen Thingsite in Tingwall. Wir erwarten etwas Ähnliches wie auf Island vorzufinden und sind irritiert, als wir nur eine Geocaching-Dose finden. Unseren mit wunden Hintern erkauften Ausflug zur Thingsite begießen wir am Abend zurück in Kirkwall in einem niedlichen indischen Restaurant mit pinkfarbenen Wänden.

Für den nächsten Tag planen wir einen Ausflug zur italienischen Kapelle, die im zweiten Weltkrieg von italienischen Kriegsgefangenen erbaut wurde. Mit unfassbar viel Talent und Geschick wurde aus einer der hässlichen Barracken ein Kunstwerk geschaffen, das die Bevölkerung von Orkney so sehr mag, dass sie es sogar Jahrzehnte später von den Orginalerbauern restaurieren ließ. Unseren Hintern geht es derweil noch schlechter und wir entscheiden uns, zurückzufahren und lieber noch der Destillerie von Highland Park einen Besuch abzustatten.

Hier werden noch alle Herstellungsschritte vor Ort gemacht. Vom Mälzen auf Tennen, Darren mit Torf, Schroten und Maischen, übers Gären und schließlich das Destillieren und Lagern in Fässern. So umfassend war noch keine der Führungen, die wir bis dato mitgemacht haben. Highland Park Whisky ist noch dazu sehr süffig und sehr empfehlenswert.

Zurück in Kirkwall besuchen wir die St. Magnus-Kathedrale für ein weiteres Folkkonzert. Hauptakt des Abends ist Duncan Chisholm mit seiner Band. Es wird ein meditatives, sphärisches Konzert, das zum Träumen einlädt und den wunden Hintern vergessen macht.

Für unseren letzen Tag auf Orkney stehen ein paar historische Orte auf unserer Liste. Der Hintern schmerzt fast nicht mehr, als wir bei Maes Howe ankommen.

Vor etwa 5000 Jahren erbaut, ist von außen nur ein grüner Hügel zu sehen. Drinnen kann man ein beeindruckendes jungsteinzeitliches Grab besichtigen.

Große und kleine Steinplatten, die vom Strand hierher gezogen wurden, sind zu einer Halbkugel aufgeschichtet worden. Durch einen langen, ziemlich niedrigen Gang gehen wir Richtung Grabkammer. Dort angekommen kann man drei Kammern entdecken, die wohl zur Aufbewahrung von Knochen diente. Das allein wäre für mich ja schon spannend genug, aber hier gibt es auch noch Wikingergraffitis zu sehen. Als diese vor etwa 1000 Jahre die Orkaden anfingen zu besiedeln, haben in Maes Howe ein paar Wikinger Unterschlupf gesucht, als sie in einen Schneesturm gerieten. Und was macht man so, wenn man eingeschneit ist? Richtig, alte Grabstätten mit Graffitis verschönern.

Wir radeln weiter Richtung Westküste und kommen am Ring von Brodgar, einem Henge, entlang. Das ist mit 104 Metern Durchmesser sogar größer als Stonehenge und hier sehen wir auch die großen Steinplatten, die wir von Maes Howe schon kennen, wieder.

An der Westküste besichtigen wir zu guter Letzt Skara Brae und Skaill House.

Ein Sturm hat dort im Jahr 1850 an der Küste eine jungsteinzeitliche Ansiedlung freigespült. Auch hier wurden wieder große Steinplatten verwendet und am Strand sieht man nun auch, wo die herkommen. Der ganze Strand ist voll mit Steinplatten unterschiedlicher Größen und erinnert ein wenig an ein Baustofflager. Kein Wunder also, dass die Siedlung ausgerechnet hier gebaut wurde.

Skaill House gibt es seit etwa 1620, und es wurde über die Jahrhunderte immer weiter ausgebaut. Wir besichtigen das 1997 restaurierte Herrenhaus und machen uns auf den Weg nach Stromness, wo wir das Abschlusskonzert in der imposanten Town Hall anhören.

Ein letztes Highlight gibt es noch, denn wir checken am Abend auf der Fähre ein, die uns am Morgen nach Scrabster übersetzt. In unserer Viererkabine mit eigenem Bad verbringen wir die Nacht und stehen pünktlich zur Abfahrt auf, damit wir The Old Man of Hoy im Vorbeifahren sehen können.

Wir kommen wieder – es gibt noch viel zu erkunden.

Kein Regen auf den Orkaden

Oslo: Der Abhang und der Eisberg

[Mych] Langsam und beharrlich schiebt sich der kurze Zug die Gleisstrecke hoch, die sich den Berghang entlang um den Holmenkollen windet.

Vor einer halben Stunde, als wir noch im Tiefgeschoss des Osloer Hauptbahnhofs gewartet hatten, hatten wir uns noch gewundert, warum dieser Zug nur halb so lang wie alle anderen sein sollte. Jetzt sehen wir es auch: Je höher wir kommen, desto häufiger bleibt beim Halt die Hälfte der Wagentüren zu, weil die Bahnsteige zu kurz sind; und mir ist ohnehin schon nicht ganz klar, wie die Bahn sich hier ohne Zahnrad den Berg hochziehen kann.

Wir haben uns, einer Empfehlung folgend, auf die linke Seite gesetzt und werden zwischen den Bäumen mit einem grandiosen Ausblick aufs sonnenüberflutete Oslo belohnt.

20180521-zugfahrt-ausblick.jpg

Ich habe eine vage Erinnerung an Lillehammer bei unserem ersten Ziel des heutigen Tages – an den ‚kleinen Berghang‘, wo in antiker Vergangenheit, circa 1994 unserer Zeitrechnung, olympische Winterspiele veranstaltet worden waren –, aber meine Erinnerung führt mich fehl: Der Holmenkollbakken, die große Skisprungschanze auf dem ‚Hügel beim Holmenhof‘, hat nur in noch viel fernerer Vergangenheit einmal an irgendwelchen olympischen Ereignissen mitgewirkt. Das ‚Mekka des nordischen Skisports‘ ist die gewaltige Schanze nichtsdestotrotz.

Ich fahre selbst gerne Ski, ganz so wie der König (nur vielleicht weniger königlich-stilvoll), aber der Reiz des Skispringens bleibt mir ebenso im Verborgenen wie der der meisten anderen Sportarten im Fernsehen. Meine eigene Erfahrung im Skifliegen beschränkt sich auf kurze, rare ‚Oh, Mist‘-Momente auf der Piste am Ende eines langen Skitags mit dem zweifelhaften Erfolg, danach einen Teil meines Equipments von irgendwo hangaufwärts wieder zusammensuchen zu müssen. Von einer Struktur, von der aus sich Leute auf Latten im Parabelflug an Zuschauerrängen vorbei schleudern lassen, erwarte ich mir am Morgen noch nicht soo viel.

20180521-holmenkollen-stationsschild.jpg

Nach einer knappen halben Stunde Bahnfahrt kommen wir an. „278 moh.“, sagt das Schild am Bahnsteig – fast dreihundert Meter über Meereshöhe, wo wir unsere Reise begonnen hatten. Das untere Ende der Schanze liegt nochmal höher. Da führt uns kein Zug mehr hin; nur noch ein Fußweg am Rande einer schmalen Straße.

Wir pilgern hoch, zusammen mit einer Handvoll anderer Touristen, und stehen schließlich im Schatten der Schanze, die sich über uns auftürmt.

20180521-holmenkollen-ankunft.jpg

Ein paar Schritte entfernt steht eine Kapsel auf fauchenden hydraulischen Beinen, die in ihrem Bauch gerade rabiat ein halbes Dutzend Leute im Rhythmus einer World-Cup-Skiabfahrt durchschüttelt. Daneben der Eingang zum Skimuseum am Holmenkollen. Wir gehen rein.

Wir tauchen in das Museum ein wie in eine andere Welt. Eine Treppe führt uns nach oben in einen runden Raum, in dem wir über die ersten Skikompanien des norwegischen Militärs im 18. Jahrhundert und ihre unterschiedlich langen Skier lernen. Modelle zeigen uns die Historie der Schanzenkonstruktionen am Holmenkollen. Die ersten lagen noch im natürlichen Hang des Bergs; erst später beugte man sich auch in Norwegen der aus den USA kommenden Mode, von künstlichen Strukturen aus zu springen – eine Abscheulichkeit in den Augen der norwegischen Zeitgenossen. Ein Gang führt an handgefertigten antiken Skiern mit aufwendigen Verzierungen vorbei. Ein Nebenraum befasst sich interaktiv mit der Klimaveränderung und ihrem Effekt auf Norwegen.

20180521-holmenkollen-sturm.jpg

In einem kleinen Kino betrachten wir einen kleinen Dokumentationsfilm über die Aurora Borealis, die ‚Dämmerung des Nordens‘, die wir in Island schon selbst erlebt hatten.

Eine weitere Treppe führt uns zu einer Aufzugstür, vor der schon eine kleine Handvoll anderer Leute warten. Wir warten mit und steigen schließlich in einen Lift ein, der meiner anfänglichen Vorstellung von einer Zahnradbahn schon näher kommt: Eine kleine Gondel fährt uns in steilem Winkel den Hals der Schanze hoch. Zwischen den Stahlstreben bietet sich uns ein fantastischer Ausblick aufs Hinterland.

20180521-holmenkollen-ausblick-lift.jpg

20180521-holmenkollen-ausblick-oben.jpg

Oben angekommen schauen wir erst noch für ein paar Minuten zwei jungen Männern im Sicherungsharnisch zu, die mit nicht völlig entspanntem Grinsen im Gesicht warten müssen, bis sie endlich am Stahlseil hängend den guten Drittelkilometer bis zum Ende der Landezone hinunter jagen können. Das wäre schon mehr so mein Ding, aber an die Zipline übers Eden Project kommt das hier dann doch nicht ran.

Noch eine kurze Treppe höher sind wir am Gipfel der Schanze. Der Rundumblick ist atemberaubend.

20180521-holmenkollen-schanze.jpg

Wir fahren zurück in die Stadt zum Hauptbahnhof und gehen von dort aus zum Operahuset i Oslo, dem neuen Opernhaus, dessen weißes Marmordach sich wie ein Eisberg sanft aus dem Meer erhebt.

Schwäne paddeln am Ufer des Operndachs. Der Weg nach oben ist nicht sehr steil, aber nicht ohne Tücken: Immer wieder ziehen sich flache Stufen in unregelmäßigen Winkeln und Abständen quer über den rauen Stein. Das Empfinden einer Wanderung durch die Berge Norwegens soll der Weg über die Strukturen heraufbeschwören; und: Die hohe Kultur des Opernhauses will sich nicht auf einem Podest präsentieren, sondern sich der Bevölkerung buchstäblich unterordnen. Ein schöner Gedanke. Für mich zumindest funktioniert er gut.

20180521-operndach.jpg

Nach dem Abstieg haben wir noch ein paar Stunden totzuschlagen, bevor wir wieder zurück zum Flughafen müssen.

Vom Operndach aus hatten wir eine kleinen Sammlung dreieckiger Holzstrukturen am Ufer gegenüber des Hafens gesehen und begeben uns neugierig dorthin. Die Häuser erweisen sich als Teil von Salt, einem ’nomadischen Musik- und Kulturprojekt‘, das sich dieser Tage gerade im Hafen von Oslo niedergelassen hat. Eine der Holzkonstruktionen stellt sich als weltgrößte mobile Sauna heraus, von deren oberer Etage aus man, im hölzernen Liegestuhl sitzend, einen begeisternden Ausblick aufs Meer haben muss. Die Norweger lieben ihre Saunas einfach. Finde ich sympathisch und nachvollziehbar.

20180521-salt-bier.jpg

Wir saunen nicht, sondern trinken nur ein Bier im Halbschatten des ‚Solarbaums‘ vor dem aus Treibholz zusammen gezimmerten Bar-Häuschen, und sinnieren über die letzten paar Tage. Nächstes Mal, wenn wir wieder nach Oslo kommen, nehmen wir uns ein Hausfloß, und wir schauen uns den ganzen Rest an. Versprochen.

Oslo: Der Abhang und der Eisberg

Oslo: Irrlauf nach Bier und geöffneten Attraktionen

[fifi] Nachdem wir mit unseren Besichtigungen am Samstagabend fertig waren, dachten wir: So ein Sixpack Bier im Appartement wäre doch eine Option. Leider hatten wir die Rechnung ohne die Norweger gemacht. Und so irrten Michael und ich von einem Supermarkt zum anderen.

Im ersten: nur Brause, Wasser und Energydrinks. Im zweiten: Jalousien vor der Bierauslage. Im dritten: Schlösser vor den Sixpacks. Dabei waren wir doch so gut wie am Ziel.

Michael fragt höflich nach, die nette Dame an der Kasse sagt ganz selbstverständlich: Erst ab Dienstag gibt es wieder Alkohol zu kaufen. – Ups … so hatten wir uns das nicht vorgestellt. Mit hängenden Köpfen ziehen wir wieder ab.

Das ist der Anfang einer beginnenden Pechsträhne. Naja, wenigstens das Wetter ist toll. Zum Verdauen der Nachricht schlafen wir mal eine Nacht drüber. Am Morgen sieht es meist wieder besser aus. Ist auch so: Wir haben keinen Schädel.

Unser Plan für heute sieht die Besichtigung des Akerhus Slott und der Akerhus Festningen vor. Da hier alles so super nah ist, laufen wir einfach mal rüber. Zwischenstopp wollen wir auf dem sonntäglichen Markt am Blå machen.

20180520-markt-bla.jpg

Aber was ist das? – Der Markt besteht aus einem winzigen Stand mit Schmuck. Was für ein Reinfall. Soll es etwa so weitergehen? Hoffentlich nicht.

Nach einem großen Kaffee, belegtem Brötchen und den ach so leckeren süßen Bollen (Brötchen) geht’s uns wieder besser.

An der Festung dann ein erneuter Rückschlag: Schloss wegen Bauarbeiten geschlossen, Festung wegen Pfingsten zu. Was?

20180520-festung-kanone.jpg

Aber was soll’s – das Wetter ist fabelhaft und so setzen wir unsere Besichtigungen einfach fort. Schließlich gibt es noch so viele weitere Dinge zu besichtigen.

Auf der Festung ist auch das „Heimatfrontmuseum“ untergebracht, und das war offen. Der Oslo Pass gewährt uns freien Eintritt und so tauchen wir ein in die Geschichte der Königsfamilie und deren Rolle im Zweiten Weltkrieg.

Besonders interessant ist hier, wie tief die Norweger mit ihrem Königshaus verbunden sind. Und das obwohl es sich ja nur um einen ‚geborgten‘ Dänenkönig handelt, der erstmal mühevoll mit Skifahren zum Norweger gemacht werden musste.

Nach soviel Geschichte brauchen wir erstmal eine kleine Pause, und so lassen wir uns treiben und sammeln ein, zwei Geocaches ein. Jetzt sind wir bereit für moderne Kunst, und so zieht es uns zum Astrup Fearnley Museet.

20180520-moderne-kunst.jpg

Kunst kann so vielschichtig sein: Einiges, was wir sehen, ist – wie soll ich sagen – in unseren Augen wenig verständlich. Wirre Skulpturen aus Müll, scheinbar wahllos zusammengefügt, wild drapiert. Ganz anders die für uns verstörenden Filmaufnahmen untermalt mit Musik… Wahnsinn, was Künstler so erschaffen.

Im zweiten Teil der Ausstellung dann Bilder. Am besten gefällt uns eines von Anselm Kiefer. Ein riesiges Bild, aus der Nähe betrachtet kann ich nichts erkennen. Ich trete mehrere Schritte zurück und da eröffnet sich die Skyline einer Stadt. Ich frage mich: Wie hat er das gemacht? Begeisterung macht sich breit. Noch einige Male muss ich vor und zurück. Ich habe meine Kunst gefunden.

Am Ufer der Insel Tjuveholmen lassen wir die Eindrücke sacken und beschließen spontan noch einmal nach Bygdoy überzusetzen. Gestern war ja einfach viel zu wenig Zeit, alle Museen anzusehen, und eines wollten wir unbedingt sehen. Und so lassen wir unsere Pechsträhne zurück und erreichten direkt die nächste Fähre.

Da liegt es vor uns. Das Museum für echte Abenteuerer: Kon-Tiki.

20180520-kon-tiki.jpg

Sechs Männer – ein Boot aus Balsaholz – eine Überfahrt.

Thor Heyerdahl bewies mit seiner in den 1950er Jahren gestarteten Expedition, dass Polynesien von Osten (Südamerika) her besiedelt wurde.

Spannend ist hier vor allem, dass alle sechs Männer ohne irgendwelche besonderen Qualifikationen zu der Expedition starteten. Aber allein durch Ihren Willen, es zu schaffen, und den Mut aufzubringen, sich auf ein Abenteuer einzulassen, haben sie es geschafft und damit die These, die keiner glauben wollte, bestätigt. Auch wir sind sehr beeindruckt.

Wir haben einen Lauf: Auch unsere Rückkehr auf das Festland bestreiten wir zügig. Nach mittlerweile 15.000 Schritten haben wir eine kleine Verschnaufpause mehr als verdient. Und so verbrachten wir den späten Nachmittag und den Abend im trubeligen Aker Brygge.

An unserem letzten Abend sollte es ein prächtiges Abendessen sein und so kehren wir ins Louise ein und verspeisen die leckerste Meeresfrüchteplatte plus Wein plus Nachtisch.

20180520-fischplatte.jpg

Nach soviel Kalorien bleibt nur noch eine Option: Der Weg nach Hause kann nur zu Fuß bestritten werden.

Diesmal wählen wir den Weg über det kongelige Slott. In der Abendsonne können wir dem lustigen Treiben der Wachen folgen und einfach die Seele baumeln lassen. Was für ein toller Tag es doch noch geworden ist.

20180520-vivi-judith-stuehle.jpg

Oslo: Irrlauf nach Bier und geöffneten Attraktionen

In Oslo mit Frooonck

[Maus] Wir sind mal wieder im Norden. Im Norden ist es sonnig und warm.

So auch dieses Mal bei unserem Kurztrip nach Oslo. Doch warum eigentlich Oslo? Nun ja, letztes Jahr hatten wir ein richtig dolles Fest zu planen und haben uns dafür einen Hochzeitsplaner namens Frooonck gesucht (in der Realität ist es Vivi, die unsere fleißigen Leser aus Cornwall kennen). Unser Frooonck hat wesentlich dazu beigetragen, dass unser Fest unvergesslich wurde, und so dachten wir uns, wir revanchieren uns mit einer Reise in eine europäische Stadt ihrer Wahl. So richtig entscheidungsfreudig war sie dann jedoch nicht und sagte nur: „Ach, irgendwas Skandinavisches wäre schön.“

Nach ein wenig Recherche befand ich Oslo für schön und buchte uns Unterkunft und Flüge.

Gestern haben wir uns dann in Berlin getroffen, um gemeinsam nach Oslo zu fliegen und sind dank OsloPass und sehr hilfsbereiten Osloern in unserer Unterkunft im Stadtteil Grünerløkka gut angekommen. Dieser Stadtteil entpuppt sich als Studentengegend – in der Nacht wird es ungewöhnlich laut, aber es ist hier ganz hübsch.

Nachdem wir uns bummelnderweise die Gegend angeschaut haben, kehren wir noch in ein Restaurant ein, um uns ein Bild von Preisen zu machen. Es bleibt zunächst noch moderat. Da sind wir andere Preisklassen aus Island gewohnt.

Erster Abend.jpg

Heute Morgen geht es zum Frühstücken auf die andere Straßenseite in eine Bäckerei vom Feinsten. Die Entscheidung fällt schwer, aber Michael und Vivi haben letztlich den gleichen (Krabben-)Geschmack und ich nehme was Unkontroverses mit Hühnchen. Die süßen Teilchen können wir dann leider auch nicht links liegen lassen, so dass mir mein Bauch nach diesem Mahl ein wenig schmerzt.

Das Programm ist voll und so beginnen wir mit einem Spaziergang zum Hafen.

Spaziergang zum Hafen.jpg

Stuhl kaputt.jpg

Dort wollen wir eigentlich eine Hop on-Hop off-Tour mit einem alten Segelschiff machen, müssen dann aber erfahren, dass das erst im Juni wieder bereitsteht. Über diese Enttäuschung hilft uns aber schnell unser Guide hinweg, der klamaukig über die Attraktionen zu beiden Seiten berichtet. Am Fram-Museum steigen wir aus und statten ihm auf Empfehlung unseres Guides auch einen Besuch ab.

Vorm Frammuseum.jpg

Ein absolut tolles Museum, in dem man sicher auch einen ganzen Tag verbringen könnte. Man kann hier alles über die Arktisexpeditionen erfahren. Die Fram, nach der dieses Museum benannt wurde, war ein Expeditionsschiff, dass gebaut wurde, um die Arktis zu erkunden. Fridtjof Nansen hat den Bau des Schiffes in Auftrag gegeben. Es sind in dem Museum sogar zwei Expeditionsschiffe ausgestellt, in die man auch hineingehen kann.

Auf der Brücke.jpg

Hund und Bär.jpg

Das Fram-Museum befindet sich zusammen mit einer handvoll weiteren Museen auf der Halbinsel Bygdøy. Mein Plan für heute sah eigentlich vor, dass wir alle Museen auf der Insel besuchen. Daraus wurde nichts, denn erst kurz vor drei schafften wir es uns vom Fram-Museum loszureissen, um wenigstens noch das Norsk Folkemuseum zu besuchen.

Norske Folkemuseum.jpg

Auch hier gab es so viel zu sehen, dass wir irgendwann unseren Besuch abgebrochen haben, damit wir noch mit der Fähre zurückfahren konnten. In Oslo kann man locker eine ganze Woche zubringen, ohne sich jemals gelangweilt zu haben.

Abendessen.jpg

Unser Abendessen genießen wir am Hafen auf einem Schiff mit reichlich Sonnenschein, und als die Sonne dann doch hinter den Häusern verschwindet, laufen wir noch zur Festung hoch, um unseren Sonnenbrand mit einem 12 Euro teuren 10-cl-Glas Wein in der Hand zu verstärken.

In Oslo mit Frooonck

Island: Nachlese

[Mych] Was auf der digitalen Filmrolle übrig blieb …

Ständiger Begleiter auf unserer Reise: Schafe links, Schafe rechts, und manchmal auch Schafe in der Mitte von der Straße. Kleine und große. Weiße, braune, gescheckte, schwarze. Vor dem Zaun und hinter dem Zaun. Schafe Schafe Schafe.

20170910-achtung-schafe.jpg

In Egilsstaðir auch ein paar Enten.

20170910-achtung-enten.jpg

Beim Dettifoss entdecken wir das erste Drohnenverbotsschild:

20170910-keine-drohnen.jpg

Das hier ist noch selbst gedruckt, aber an anderen Orten gibt’s das gleiche Drohnensymbol auch professionell gefertigt in schwarz auf gelbem Plastik.

Dieses Schild hier begründet das Drohnenverbot mit Tier- und Pflanzenschutz – so, wie sich manche Touristen hier auch drohnenlos schon verhalten, würde mich kein bisschen wundern, wenn der eine oder andere Drohnenbesitzer sein irgendwo im Steilhang abgestürztes bestes Stück ohne zu zögern unter völliger Missachtung von Tieren, Pflanzen, gesundem Menschenverstand und eigenem Leib und Leben hinterhersteigen würde.

Bei Seltún berichtet der Earthcache-Owner von den seltenen und scheuen Schlammtopf-Vögeln, die sich schnell in eine von den Schlammblubberblasen verziehen, sobald jemand in die Nähe kommt. So einen haben wir zufälligerweise schon bei den Hverir-Quellen auf einem Foto erwischt:

20170910-schlammlochvogel.jpg

Leben findet sich eh überall, auch im Vulkangeröllfeld:

20170910-pflanzen-vulkanfeld.jpg

Feierabendbierchen auf der Freiterrasse im Laxá-Hotel. (Nein, das ist keine Fototapete.)

20170910-laxa-viking-terrasse.jpg

Das Amphibienfahrzeug, mit dem wir in der Jökulsárlón-Gletscherlagune herumgeschippert sind, stammt offenbar aus US-Army-Altbeständen:

20170910-jokulsarlon-amphibienfahrzeug.jpg

Kurz nach Verlassen der Gletscherlagune kommen wir an Überresten der Múlakvisl-Brücke vorbei, die zerstört wurde, weil ein paar Eisberge dagegen geprallt sind:

20170910-mulakvisl-bruecke-kaputt.jpg

Detail vom unteren Ende des Svartifoss – sieht aus, als hätte jemand mit Bauklötzen gespielt:

20170910-svartifoss-bausteine.jpg

Unser kleiner silberner Škoda Fabia, der uns 2505,5 km lang um die Insel gefahren hat. Die Ringstraße selbst hat nur etwa 1400 km Gesamtlänge; offenbar haben wir ein paar Umwege gemacht.

20170910-skoda.jpg

Ein neueres Modell als der, den wir in England hatten – merkten wir auch an der VW-artigen Innenausstattung. Die Kabelbinder zur Fixierung der Radkappen an der Felge gibt’s allerdings auch bei diesem Modell offenbar serienmäßig. Ist bei den halbmetergroßen Kratern in den Schotterpisten vielleicht auch einfach nötig.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Und zuletzt – ein vorläufig letzter Abschiedsgruß, aufgenommen bei Aurora-Stufe 7 kurz nach dem Start aus Kevlavik:

20170910-nordlicht-flugzeug.jpg

Ja, wir kommen wieder. Ganz sicher.

 

Island: Nachlese

Island: Ein würdiger Abschied

[Maus] Wehmut kommt auf. Der letzte Tag liegt vor uns, und wir haben uns für heute den südwestlichen Zippel um den Flughafen herum vorgenommen.

Doch gestern Nacht sind wir gegen 21 Uhr noch mal losgezogen. Am Þingvellir hatten wir noch etwas zu erledigen.

20170907-thingvellir-mond.jpg

20170907-thingvellir-judith.jpg

Ein Geocache, der bei den Touristenmassen des Tages einfach nicht zu finden war, musste unbedingt noch geloggt werden. Dieser Geocache gehört zu einer GeoTour-Reihe, bei der an historischen nordischen und Wikingerorten Dosen versteckt wurden. Island macht den Anfang. Es folgen Norwegen, die Faröer Inseln, Orkney, Shetland, Highland Schottland, und die Isle of Man. Mal sehen, ob wir alle finden können.

Gestern sollte außerdem auch wieder Aurora borealis Aktivität vorhanden sein. Also bleiben wir ein wenig länger und können sogar ganz schwach das grüne Leuchten sehen. Doch kurz nach Mitternacht sind wir durchgefroren und müde genug, um endlich im Bett zu verschwinden.

20170907-thingvellir-nordlicht.jpg

Vom nächsten Tag erwarten wir eigentlich nicht viel – die Gegend, in der wir unterwegs sind, ist touristisch nicht so überlaufen. Hier kommt man nur her, um die Blaue Lagune zu besuchen.

Als wir bei Seltún ankommen, werden wir doch noch überrascht. Es brodelt und kocht um uns herum. Wir sind hier im Geothermalgebiet Krýsuvík, das sich auf der Grabenbruchzone des mittelatlantischen Rückens befindet. Natürlich wird das Dampfen und Brodeln vom typischen faulen Eiergeruch begleitet.

20170907-seltun.jpg

Es geht weiter zu einem unscheinbaren Parkplatz unfern der Blauen Lagune. Dort führt eine Treppe in eine natürliche Höhle, die wir nur auf Grund eines dort liegenden Geocaches gefunden haben. Man könnte mit entspechender Ausrüstung und Mut auch auf allen Vieren in die achtzig Meter tiefe Höhle hineinkrabbeln, aber wir entscheiden uns dann doch dagegen.

20170907-vulkanhoehle-einstieg.jpg

20170907-vulkanhoehle-judith

Stattdessen fahren wir zum Hauptziel des Tages, zur Blauen Lagune. Diese ist halb natürlich und halb von Menschenhand geschaffen. Das Geothermalkraftwerk Svartsengi leitet sein „Abfallprodukt“, eine Mischung aus Süß- und Salzwasser, die zur Stromerzeugung aus zwei Kilometern Tiefe hochgepumpt wird, in das umliegende Lavafeld. Mineralsalze, Kieselerde und Algen sind in dem Wasser gelöst und beeinflussen die Farbe, die von blau bis grün sein kann, je nach Lichteinfall.

20170907-bluelagoon.jpg

Wir entspannen hier im angenehm warmem Wasser, unter freiem Himmel, schmieren uns mit „Silica mud mask“ (Kieselerdeschlammmaske) und „Algae mud mask“ (Algenschlammmaske) ein und lassen es uns fünf Stunden lang gutgehen.

20170907-bluelagoon-selfie.jpg

Angenehm erfrischt besuchen wir Gunnuhver. Hier gibt es mit 300°C die heißesten Quellen in Südwestisland. In den Höhlen und Spalten befindet sich hier kein Regenwasser sondern salzhaltiges Meerwasser. Das merken wir schnell als wir unter der riesigen Dampfwolke durchlaufen. Wir werden nicht nur nass, sondern schmecken das Salz auf unseren Lippen. Statt des typischen Eierdufts gibt es hier eine Mischung aus Eiern und Fisch.

20170907-gunnuhver-sonne.jpg

20170907-gunnuhver-ruine.jpg

Als letzte Station vor dem Flughafen fahren wir einen weiteren Grabenbruch an und laufen über ein Brücke, die die nordamerikanische und die eurasische Platte trennt.

20170907-grabenbruch.jpg

Ein Urlaub mit vielen Eindrücken geht zu Ende und wir wissen, dass wir zurückkommen wollen.

 

Island: Ein würdiger Abschied

Island: Kontinentalplattenhopping

[Mych] Heute wird sich der Kreis schließen: Der Kilometerzähler unseres kleinen Škoda Fabia, den wir erbarmungslos über die kraterübersäten Schotterpisten gejagt haben, zeigt weit über zweitausend Kilometer mehr an als noch vor anderthalb Wochen, als wir ihn aus dem Flughafenparkplatz gefahren hatten. Heute fahren wir zurück nach Reykjavik.

Vorher werden wir aber noch einem der bedeutungsvollsten Orte auf Island einen Besuch abstatten: dem Þingvellir – dem Ort, wo sich tausend Jahre lang unter freiem Himmel einmal im Jahr, zur Sommersonnenwende, Menschen aus allen Ecken der Insel trafen, um Gesetze zu machen, Recht zu sprechen, zu handeln und zu feiern.

Þingvellir, der historische Ort, findet sich in Þingvellir, dem Nationalpark – und direkt auf der Grenze zwischen der eurasischen und der amerikanischen Kontinentalplatte. Das ganze Gebiet ist von aktiven Vulkanen durchsetzt, und die Schlucht Almannagjá, in der die das Althing besuchenden Menschen einmal im Jahr für zwei Wochen ihre Zelten und Buden aufstellten, ist in den letzten zehntausend Jahren um siebzig Meter breiter geworden: knapp ein Zentimeter jedes Jahr.

Wir spazieren, zusammen mit hunderten anderer Touristen, vom Aussichtspunkt in Richtung des Lögberg, des „Gesetzesbergs“ – so genannt und so gewählt, weil der Gesetzessprecher dort mit dem hinter ihm auftürmenden Schild aus Vulkanfelsen im Rücken seine Stimme kaum erheben musste, um von allen verstanden werden zu können, wenn er der Versammlung das jährliche Drittel aller geltender Gesetze zitierte.

20170906-thingvellir-felswand.jpg

20170906-thingvellir-wasserfall.jpg

20170906-thingvellir-wasserfall-selfie.jpg

Auf unserem Pfad in die Schlucht zwischen den Kontinentalplatten hinein überqueren wir eine kurze hölzerne Brücke: Hier war vor ein paar Jahren unvermittelt ein kleines Loch im festgestampften Boden entstanden, und bei genauerer Untersuchung stellte man fest, dass sich darunter ein metertiefer Hohlraum befand, entstanden in Jahrhunderten der Kontinentaldrift.

Wir verlassen den großen Touristenstrudel am Besucherzentrum, fahren ein kleines Stück weiter und halten am Straßenrand nahe der Koordinaten eines Geocaches, den da jemand zwischen den Kontinentalplatten versteckt hat. Der Ort ist nicht ausgeschildert; wir sind fast alleine hier – ein paar vereinzelte Leute kennen den Geheimtipp offenbar auch und schauen ebenfalls neugierig in die tiefe Kluft, die die auseinanderdriftenden Erdplatten in den Felsboden gerissen haben.

20170906-kontinentalplatten-spalte.jpg

20170906-kontinentalplatten-michael.jpg

Und schließlich haben wir noch eine Aufgabe zu erledigen, die man uns zu Hause auf den Weg mitgegeben hat – unsere Island-Sweatshirts, handgefertigt mit Nähwana-Label, verkünden Geokoordinaten:

20170906-aegissidufoss-koordinaten.jpg

Wir geben sie ins Navi ein und lassen uns führen – von der Ringstraße auf eine Nebenstraße, von der schließlich auf eine einspurige Schotterpiste, die schließlich in einen kleinen Schotterparkplatz mit Picknickbank mündet. Ein paar Schritte dahinter, hinter einem Zaun mit schafsicherem Wanderertreppchen, erhebt sich die Gischt eines Wasserfalls, den wir endlich mal ganz für uns haben: der Ægissíðufoss, so versteckt und beschaulich, dass noch nicht mal Wikipedia ihn kennt.

20170906-aegissidufoss-links.jpg

Das GPS-Gerät führt uns zum Ufer des Flusses, aber wir sind immer noch hundert Meter entfernt von Ground Zero. Gegenüber erspähen wir eine Sitzbank: dorthin kommt man also auch, und unser Ehrgeiz ist geweckt, den Koordinatenpunkt genau zu finden. Wir nehmen uns das Navi zur Brust und finden die nächste Parkgelegenheit auf der anderen Flussseite, vier oder fünf Kilometer Fahrstrecke mit dem Auto entfernt.

Wir lassen das Auto am Ende eines Schotterwegs stehen und machen uns auf zu einem kleinen Spaziergang durch die Hügel und Wiesen, 700 Meter Luftlinie, entlang eines engen Trampelpfads am Ufer des Flusses entlang, der sich hier breit und gemächlich durch die Landschaft windet, wahrscheinlich auch in der Mitte kaum mehr als knietief.

Die Gischt des Wasserfalls ist schon von Weitem sichtbar. Unser Pfad führt uns direkt ans obere Ende des Falls, direkt zu den Steinplatten, die ins Wasser münden, bevor es über mehrere Stufen ein paar Meter in die Tiefe fällt. Irgendwer hat auf der anderen Seite eine Fischtreppe aus Beton an den Rand des Wasserfalls gebaut – ein ungewöhnlicher Anblick hier in Island. Wir grübeln, warum, und vermuten schlussendlich, dass das wahrscheinlich Anglern im Oberwasser zugute kommen soll.

20170906-aegissidufoss-rechts.jpg

20170906-aegissidufoss-groundzero.jpg

Wir setzen uns auf die Bank, nebeneinander, und blicken über unseren Wasserfall.

Island: Kontinentalplattenhopping

Island: Golden Circle

[Maus] Gestern sind wir hier am Golden Circle angekommen, aber das wirklich heftige Regenwetter mit Horizontalregen hatte uns in unser Hotelzimmer getrieben und da haben wir es uns gemütlich gemacht. Heute Morgen wurden wir dann glücklicherweise von der Sonne begrüßt.

Wir beginnen unseren Tag mit dem Gullfoss, dem goldenen Wasserfall. Gemeinsam mit den benachbarten Geysiren und dem Þingvellir gehört er zum Gullni hringurinn („Goldener Ring“). Gewaltige Wassermassen stürzen sich in zwei Stufen in eine Schlucht hinab. Die erste Stufe, die sich in mehrere kleinere Fälle aufteilt, ist 11 Meter hoch, von der zweiten Stufe stürzt das Wasser 20 Meter in die Tiefe. Die Gischt steigt weit über die Oberkante der Schlucht hinaus auf und durchnässt die Wiese unterhalb des Touristenpfades so stark, dass dort alles wie Sumpfland aussieht.

20170905-gullfoss-totale.jpg

20170905-gullfoss-detail-1.jpg

20170905-gullfoss-detail-2.jpg

Wir erfahren vor Ort, dass  der Wasserfall 1920 mal an englische Investoren verpachtet worden war, die vorhatten, dort einen Staudamm zu bauen. Zum Glück ist es nie dazu gekommen, da sich Sigríður Tómasdóttir dagegen einsetzte und Fußmärsche nach Reykjavik unternahm, um den Bau zu verhindern. Eine echte Zwickmühle, in der sich Island da befindet. Soll man diese Naturgewalten erhalten oder zur Energiegewinnung nutzbar machen?

Im selben Gebiet, dem Haukadalur, befindet sich DER Geysir, nach dem alle anderen Geysire benannt wurden. Leider schläft dieser Geysir inzwischen die meiste Zeit. Um uns herum steigt aus allen möglichen Löchern Eierduft und Dampf auf.

20170905-geysir-becken.jpg

20170905-geysir-becken-loch.jpg

Den Wasserspuckdienst hat Strokkur übernommen. Auch diese Fontäne ist beeindruckend. Strokkur zeigt sich von seiner besten Seite und speit sogar häufiger Wasser, als wir erwartet hatten.

Bei dem Versuch, Fotos davon zu schießen, werde ich von der Heftigkeit so überrascht, dass mir die Kamera vor Schreck aus der Hand fällt. Zu meinem Glück ist sie an meinem Handgelenk befestigt, wie wir es hier überall machen, damit sie nicht versehentlich in einem Abgrund oder irgendeinem Säuresee verschwindet.

20170905-geysir-spotz.jpg

Es gibt vor Ort auch noch klitzekleine Anfängergeysire, die sicher irgendwann auch mal dran sind Fontänen zu speien. Im Moment steigt in den kleineren Geysiren nur ab und an ein Blub auf.

20170905-geysir-teenager.jpg

20170905-geysir-baby.jpg

Unsere ganze Reise lang freuen wir uns schon darauf einmal in einer heißen Quelle unter freiem Himmel zu baden. Heute war es dann so weit. Im Reykjadalur („Rauchtal“) fließt der Reykjadalsá, ein warmer Bach.

20170905-rauchtal-bachlauf.jpg

Überall steigt hier Dampf aus der Erde auf und auf dem Weg zur Badestelle finden sich immer wieder kochende, nach Eiern duftende Wasserlöcher.

20170905-rauchtal-judith-nebel.jpg

20170905-rauchtal-michael-nebel.jpg

Ein wenig durchgeschwitzt vom Aufstieg kommen wir an der Badestelle an, die praktischerweise mit einem hübschen Holzsteg und Schamwänden zum Umziehen ausgestattet ist.

Um die beste Badestelle zu finden, laufen wir bis zum Ende des Weges, als plötzlich eine junge Frau aus dem Wasser fragt: „Bist du Michael?“ – seine Großcousine urlaubt auch gerade auf Island und badet mit ihren Begleiterinnen in dieser unfassbar schönen Umgebung. Eine nette Überraschung. Kurze Zeit später steigen auch wir am oberen Ende der Badestelle ins heiße Wasser und entspannen uns. Es ist so heiß, dass man sich ab und zu an der Luft abkühlen muss.

20170905-rauchtal-bad.jpg

Wohlig ermattet machen wir uns auf den Rückweg und treffen auf unsere zotteligen Freunde, die Straßenschafe. Wäre man ein Schaf, man würde auf Island leben wollen. Überall laufen sie frei herum, dürfen sogar ihre Hörner behalten. Sie stehen wie ein Haufen Tratschtanten beisammen, blöken ab und zu und fressen das saftigste Gras.

20170905-rauchtal-schafe.jpg

Morgen beenden wir dann den Besuch des Golden Circle mit dem Þingvellir.

Island: Golden Circle

Island: Der schwarze Strand

[Mych] Heute regnet es. In Strömen. Das hat es bis jetzt noch nie getan.

Wir halten einen netten Frühstücksschnack mit unseren neuen Bekannten aus Sydney und dem Vater aus Kanada – seine beiden Söhne hatten es noch nicht aus den Federn geschafft – und fahren weiter. Wir wollen zu Vík í Mýrdal, den schwarzen Strand.

Als wir von der Hauptstraße abbiegen, passieren wir ein Warnschild, das uns in mehreren Sprachen (neben den üblichen Gefahren wie bröckelnden Abhängen, fallenden Steinen, mümmelnden Schafen usw.) vor den „sneaker waves“ warnt, die am schwarzen Strand drohen. Wir sollen uns von der Brandung fern halten: Zwischen den harmlosen Wellen kommt hin und wieder auch mal unvermittelt ein Brecher herein, der jeden unachtsamen Touristen ergreift und ins Meer verschlingt.

Judith hat vorausschauenderweise ihre wasserdichten Hosen angezogen, die sie sich fürs Fahrradfahren in Coventry gekauft hatte, aber ich besitze keine. (Ich hatte vor unserem Urlaub daran gedacht, mir auch welche zu kaufen, aber irgendwie war das in den Vorbereitungen für unsere Party untergegangen. Keine Ahnung, wie das geschehen konnte.) Nach ein paar Kilometern schlaglöchriger Schotterstraße parken wir zwischen einer erstaunlichen Menge anderer Autos und begeben uns in den fast horizontalen Regen.

20170904-strand-kiesel.jpg

Der schwarze Strand besteht aus winzigen schwarzen Kieseln. Rechts Brandung, links die senkrechte Basaltwand. Das Meer verschwindet nach einigen Dutzend Metern im dichten Nebel. In der Ferne hören wir das Nebelhorn eines Schiffs, wieder und wieder.

20170904-strand-felsen.jpg

In regelmäßigen Abständen hat das Meer die Felswand unterspült, die Basaltsäulen von unten her Stück für Stück abbröckeln lassen und Hohlräume geschaffen, die einige Meter in den Fels vordringen und Unterschlupf vor dem Wetter gewähren.

20170904-strand-judith-basaltsaeulen.jpg

20170904-strand-michael-basalthoehle.jpg

20170904-strand-judith-basalthoehle.jpg

Oben auf den Felsen entdecken wir einige Papageitaucher zwischen den ganzen Möven.

20170904-strand-puffins.jpg

Halb durchnässt setzen wir uns wieder ins Auto und fahren einen Umweg von dreißig Kilometern zum anderen Ende des schwarzen Strands, wo ein natürlicher Felsbogen und das Wrack einer Douglas C117-D auf uns warten. Die letzten Kilometer führen uns wieder über eine anderthalbspurige Schotterstraße, diesmal mit braunen Sturzbächen durchsetzt und in Serpentinen eine zehnprozentige Steigung den Berg hoch. Der Regen ist jetzt so waagrecht, dass die Frontscheibe unseres geparkten Autos trocken bleibt, während das Wasser gegen die Rückscheibe prasselt.

Wir steigen aus und gehen den Weg entlang, sehen den mit einer schlichten kniehohen Kette abgesperrten Abgrund, und dahinter nur hellgraues Nichts. Wir umrunden das kleine Leuchtturmhäuschen, das sich auf der Felsspitze befindet, während meine Jeans langsam von der Nässe schwer werden. Bevor wir an den Aussichtspunkt kommen, an dem wir den Felsbogen hinter der weißen Wand wahrscheinlich nur vermuten könnten, kehren wir um – das macht keinen Sinn so. Da fahren wir lieber gleich zu unserem nächsten Hotel und machen uns einen gemütlichen Resttag.

20170904-leuchtturm.jpg

Entlang der Strecke biegen wir noch kurz zum Skógafoss ab. Wir grübeln kurz hin und her, ob wir tatsächlich das warme Auto verlassen wollen, um noch näher ranzugehen, und entscheiden uns schließlich dafür – wo sonst kann man schon ungehindert bis auf ein paar Meter ans untere Ende eines Wasserfalls ran?

20170904-skogafoss.jpg

Am frühen Nachmittag kommen wir in unserem Hotel für die nächsten beiden Nächte an. Reykjavik ist nur noch knapp sechzig Kilometer entfernt; wir wollen die nächsten beiden Tage nutzen, die Umgebung zu erkunden und erst übermorgen Abend zu unserer (vorläufig) letzten Übernachtung in Island in die Hauptstadt zu fahren.

Island: Der schwarze Strand

Island: Heißkalte Tage im Süden

[Maus] Da, wo gestern noch eine Nebelwand unser Ausblick war, können wir am Morgen eine Gletscherzunge des Vatnajökull sich den Berg hinabschlängeln sehen. Das Wetter bietet heute viel Dramatik und soll sich bei der ersten Station des Tages als bestens erweisen.

20170903-hrifunes-gletscherblick.jpg

Blaue Eisberge begrüßen uns, als wir am Jökulsárlón ankommen. Hier, wo das Meer auf eine Gletscherzunge trifft, hat sich ein Gletschersee gebildet, der auf Grund der Gletscherschmelze seit 1975 von knapp acht auf 18 Quadratkilometer angewachsen ist. Ein Amphibienfahrzeug soll uns näher an die riesigen Gletscherbruchstücke heranbringen.

20170903-jokulsarlon-eisberge-gletscher.jpg

20170903-jokulsarlon-amphibienfahrzeug.jpg

Unsere spanische klitzekleine Erklärbärin weist uns darauf hin, dass wir nur deswegen so schöne blaue Eisberge sehen, weil es heute so trübe ist – bei Sonnenschein würden alle Eisberge nur weiß erscheinen. Zu unserem Glück hatte sich auch einer der Eisberge erst kürzlich gedreht und das Eis hatte noch keine Lufteinschlüsse, war also klar wie Glas.

20170903-jokulsarlon-eisberg-1.jpg

20170903-jokulsarlon-eisberg-2.jpg

20170903-jokulsarlon-michael-judith.jpg

20170903-jokulsarlon-seehund.jpg

Nach diesem deutlich unterkühlten Erlebnis sollte es auf dem Weg zum Svartifoss wieder so heiß werden, dass ein T-Shirt vollkommen ausreicht.

20170903-swartifoss-judith-blaubeeren.jpg

Man meint ja nach einer Weile in Island, man hätte alle Fossarten schon gesehen, und doch überrascht einen der Anblick dieses Wasserfalls. Da türmen sich Säulen auf wie in einer Kathedrale und man meint fast ein Gewölbe zu erkennen, dort wo sich die meist regelmäßig geformten Hexagone am oberen Ende zum Wasser hin neigen. Svartifoss sieht aus wie der verfallene Palast der Schneekönigin, die nun irgendwo auf dem Vatnajökull einen neuen Palast gebaut hat.

20170903-swartifoss.jpg

20170903-swartifoss-judith-klettern.jpg

Auf dem Weg zum Canyon mit dem unaussprechlichen Namen Fjaðrárgljúfur bekommen wir einen Eindruck von der Größe des Vatnajökull und seinen Gletschern.

20170903-gletscher-1.jpg

20170903-gletscher-2.jpg

Der Weg dorthin und der Parkplatz ist für die Masse an Schaulustigen noch nicht gut genug ausgebaut. Ein relativ kleines Flüsschen meandert hier am Boden einer Schlucht in die Hügel hinein, und man kann am Ende der Schlucht hineinspazieren und direkt einen Blick hineinwerfen.

20170903-canyon-1.jpg

20170903-canyon-2.jpg

20170903-canyon-schafe.jpg

Läuft man zum anderen Ende der Schlucht, entdeckt man eine Art Wasserfall, die wir so auch zum ersten Mal so in Island sehen: Das Wasser fällt hier nicht, es rutscht auf einer riesigen Wasserrutsche in die Schlucht.

20170903-canyon-wasserrutsche.jpg

Die kommende Nacht verbringen wir in einer niedlichen kleinen Anlage, die von einer Familie geführt wird. Zum Abendessen hat die Herrin des Hauses leckeres isländisches Essen gekocht. Wir sitzen mit drei Amerikanerinnen aus Seattle, zwei Australiern aus Sydney und drei Kanadiern am Tisch und essen zusammen, wie eine große Familie. Schöner hätte der Abend nicht enden können.

Island: Heißkalte Tage im Süden