Besuch vom Osterhasen?

[Maus] Heute Morgen, als ich frische Luft in meine Bude ließ, habe ich etwas Flauschiges in meinem Garten entdeckt. Da saß doch tatsächlich ein Kaninchen und mümmelte Gras. Ich war schon drauf und dran den kleinen Kerl zu fangen, denn ich glaube eigentlich nicht, dass der ein wildes Stadtkaninchen war. Aber als ich ein paar Schritte in Richtung Häschen ging, hopste es ein wenig von mir weg.

Ich hoffe das kleine Kerlchen, das übrigens vom Aussehen her ein naher Verwandter von Bijou (mein eigenes Kaninchen) sein könnte, findet seinen Weg nach Hause oder wird von einem Menschen eingefangen.

Mein alter Herr (Bijou) hat am 15. März Geburtstag und wird dann 11 Jahre alt. Ich freue mich schon auf seinen Umzug zu mir.

Besuch vom Osterhasen?

Eurosterling

[Mych] Wenn Euros von Deutschland nach Übersee reisen, werden sie kleiner.

Das geschieht ganz besonders dann, wenn eine Bank die Reise organisiert. Und im Gegensatz zu Judiths Gehalt fällt meins auch weiterhin in Deutschland an, aber brauchen tu ich’s natürlich in England. (Sonst wäre ja auch das schöne neue Konto bei der Lloyds ganz traurig.)

Seit Anfang Februar dieses Jahres kann man endlich per SEPA-Überweisung genauso kostenfrei Euros ins europäische Ausland überweisen wie im Inland. Das ist eine tolle Sache, aber da die Briten so sehr an ihren Pound Sterling hängen, nutzt sie mir kaum was: Irgendwo muss das Geld von Euros in Pfunde gewechselt werden.

Ich will diesen Prozess möglichst schmerz- und verlustarm gestalten — immerhin geht’s hier um mehrere Jahresgehälter; da lohnt sich ein bisschen Optimierungsaufwand. Zur Debatte stehen die folgenden Alternativen:

  1. SWIFT-Überweisung (die gute, alte, teure Auslandsüberweisung) in Britischen Pfund von der Deutschen Bank an Lloyds (denn eine SEPA-Überweisung geht per Definition nur in Euro). Den Geldwechsel übernimmt die Deutsche Bank.
  2. SEPA-Überweisung (in Euro) von der Deutschen Bank an Lloyds. Den Geldwechsel übernimmt Lloyds.
  3. Verwendung eines auf internationale Geldtransfers spezialisierten Drittanbieters wie TransferWise oder CurrencyFair.

Und so sieht’s aus:

Die Deutsche Bank mag nicht billig sein, aber sie hat hervorragende Dokumentation ihrer Preise. Im aktuellen Preis- und Leistungsverzeichnis gibt es auf Seite 7 eine Tabelle mit dem Titel „Zahlungsauftrag im Außenwirtschaftsverkehr“, und da steht kurz und knackig, was eine SWIFT-Überweisung kostet: 0,175% des Gesamtbetrags (aber mindestens 12,50€) plus ein Fixbetrag von 26,55€. Unter 39,05€ pro Überweisung kommt man da also nicht weg.

Ich wünschte, die Dokumentation der Lloyds wäre genauso gut wie die der Deutschen Bank. Nachdem ich mir einen Abend lang ’nen Ast gesucht hatte, ohne dabei mehr als ein paar eigentlich eher unpassende, verstreute Gebührenangaben zu ähnlichen, aber nicht wirklich der gleichen Sorte von Transaktion gefunden zu haben, gab ich auf und entschloss mich, einfach mal nachzufragen.

Aber man kann der Lloyds nicht einfach eine E-Mail schicken. No, Sir. E-Mails sind wie Web 1.0 und außerdem reicht die Aufmerksamkeitsspanne der meisten Leute eh kaum von einem Satz zum nächsten. Also kann man entweder anrufen — womit ich mir mit einem mehr oder weniger komplizierten geschäftlichen Anliegen angesichts meiner fehlenden Routine mit Englisch sprechen (und Engländer verstehen) noch ein bisschen schwer tue –, oder man kann twittern. Welche Frage könnte man wohl schon einer Bank stellen wollen, die nicht locker in 125 Zeichen Text passt?

Aus irgendeinem Grund besitze ich sogar tatsächlich ein Twitter-Konto. Also grub ich das Passwort aus, fing mir mit meinem erstmaligen Login seit Monaten gleich eine hyperenthusiastische „Willkommen zurück!“-Mail von Twitter.com ein, und twitterte los:

[tweet https://twitter.com/MBuschbeck/status/435386544644300801 align=’center‘]

Man würdige, dass dieser Tweet das Ergebnis von einigen Minuten Herumfeilerei ist, um meine eigentliche Frage auf Twitterkompatibilität herunterzudampfen. (Er ist auch genau 140 Zeichen lang. Darauf habe ich es nicht angelegt, aber es ist bezeichnend.)

Immerhin dauerte es nicht lang, bis der Lloyds-Support zurückzwitscherte:

[tweet https://twitter.com/AskLloydsBank/status/435393487853191168 align=’center‘ hide_thread=’true‘]

[tweet https://twitter.com/AskLloydsBank/status/435393757379174400 align=’center‘ hide_thread=’true‘]

Tja, also, dann also doch eine Telefonnummer. Immerhin eine (in England) gebührenfreie, die ich allerdings nicht so einfach von Deutschland aus anrufen kann — oder doch, wie mir dann einfiel: Gebührenfreie UK-Rufnummern kann man mit Skype tatsächlich ohne Weiteres auch von Deutschland aus anrufen. Tolles Feature. Also rief ich an.

Die nette Dame am anderen Ende nahm meine vorgebrachte Frage (praktisch wortlautidentisch mit dem obigen Tweet, nur mit noch ein paar Füllwörtern fürs Höflichsein) freundlich entgegen und gab mir erstmal einen aktuellen, konkreten Wechselkurs fürs Konvertieren eines konkreten Euro-Betrags nach Pfund. Als ich nachhakte, wie sich denn dieser Kurs berechne und was für Gebühren denn eventuell noch so anfielen, fiel die Dame erstmal in geschäftiges Schweigen — ihr leises Tastaturgeklapper im Hintergrund, alle paar Minuten unterbrochen von einer zunehmend umfangreicheren Entschuldigung dafür, dass das so lange dauere, denn offenbar fand sie die entsprechende Gebührenordnung auch nicht.

Während ich wartete, verglich ich den von ihr genannten Wechselkurs von gerade eben mit dem, den Google mir ausspuckte, warf die beiden ungleichen Werte in den Taschenrechner und fand heraus, dass der Lloyds-Kurs knapp 3% schlechter für mich ist als das, was Google sagt. Eine definitive Aussage wäre mir ja lieber gewesen, aber letzten Endes unterbrach ich die wohlgemeinte, endlose Suche der netten Dame am Telefon mit der Frage, ob sie das wohl auch für plausibel hielte, und da stimmte sie mir dann ein bisschen hilflos zu.

Also ist die beste Aussage, die ich zu den Wechselgebühren bei Lloyds treffen kann: offenbar sowas wie knapp 3% Provision für den Devisenwechsel, und darüber hinaus vielleicht noch ein Fixbetrag von £7 fürs Entgegennehmen einer Überweisung aus dem Ausland. Je nach Gesamtbetrag mehr oder weniger gut als die SWIFT-Überweisung mit der Deutschen Bank — ab knapp über 1000€ hat die SWIFT-Überweisung die Nase vorn.

Es bleiben: die Drittanbieter. Weil Währungstausch bei Banken ganz offensichtlich eine breite Marktlücke für preisgünstigere Anbieter lässt, haben sich in dieser speziellen Lücke eine ganze Reihe solcher versammelt. Judith hatte schon vor ihrem Umzug TransferWise gefunden, und ich habe später noch CurrencyFair aufgetan.

Beide Dienste arbeiten nach dem gleichen Prinzip: Sie wechseln einfach gar kein Geld, sondern bringen im großen Stil Euro-zu-Pfund-Überweiser mit Pfund-zu-Euro-Überweisern zusammen. Wenn ich 1000€ nach England überweisen will und jemand zur gleichen Zeit den entsprechenden Pfund-Betrag in Euro nach Deutschland (oder sonstwohin im Europäischen Wirtschaftsraum), dann tauschen wir einfach, und niemand muss Wechselgebühren zahlen.

Die durchs Nicht-Wechseln gesparten Gebühren wollen dann natürlich die Anbieter solcher Dienste haben, aber in deutlich geringerem Maße:

  • TransferWise will pauschal 0,5% des Gesamtbetrags und bietet dafür einen vollautomatischen Service, bei dem man eine Überweisung in fünf Minuten erledigt haben kann. (Bis das Geld beim Empfänger ist, dauert’s natürlich trotzdem ein paar Tage, aber das ist den leider normalen Überweisungsdauern zwischen den Banken geschuldet.)
  • CurrencyFair versteht sich als „Marktplatz“ für Transaktionen wie die oben beschriebene und erfordert auch im einfachsten Fall deutlich mehr Mikromanagement seitens des Benutzers: Erst muss der Kunde Geld in der Ursprungswährung auf sein persönliches CurrencyFair-Konto überweisen (und warten, bis es da ist); dann wechselt er das Geld auf dem „Marktplatz“ in die Zielwährung; dann kann er das gewechselte Geld auf das Zielkonto überweisen. Der Vorteil ist, dass man den Wechselkurs kontrollieren kann — schlimmstenfalls muss man halt warten, bis jemand zu diesem Kurs in die andere Richtung zu wechseln bereit ist; aber dafür ist man deutlich länger mit diesem ganzen Akt beschäftigt.

Wer mir was Nettes tun will, kann auf diesen Link hier klicken, sich darüber bei TransferWise registrieren und eine kostenlose Auslandsüberweisung durchführen — für jeweils drei derart durchgeführter kostenloser Erstüberweisungen von Neukunden, die ich TransferWise verschafft habe, bekomme ich £50. Davon kann ich dann mit Judith schön essen gehen.

Ach ja, die versprochene Schote

Aus regulatorischen Gründen und wegen des Geldwäschegesetzes verlangen sowohl TransferWise als auch CurrencyFair, dass man sich ausweist, bevor man beginnt, nennenswerte Geldbeträge über ihre jeweiligen Dienste in der Welt herumzuschaufeln. CurrencyFair fordert dazu (im Gegensatz zu TransferWise) schon direkt nach der Registrierung auf. Dagegen habe ich nichts einzuwenden, also lade ich einen Scan meines deutschen Personalausweises hoch: Vorder- und Rückseite.

Einen knappen Tag später bekomme ich eine E-Mail vom CurrencyFair-Support: Man danke mir für diesen Identitätsnachweis, aber ich möge zur Vervollständigung meiner Registrierung doch bitte auch noch einen Adressnachweis hochladen.

Uhh, was? „Meine Adresse steht hinten auf dem Personalausweis. Offizieller geht’s bei uns nicht“, antworte ich.

„Wir benötigen leider unbedingt zwei separate Dokumente: eins als Identitäts- und eins als Adressnachweis. Laden Sie einfach einen Scan Ihres Reisepasses hoch.“

„Mein Reisepass nennt meine Adresse gar nicht. Ich habe Ihnen daher statt dessen einen Scan eines aktuellen Melderegisterauszugs [den ich vor wenigen Wochen mal auf Vorrat vom Bürgeramt geholt hatte] hochgeladen. Auch das ist ein offizielles Dokument hier in Deutschland, das ausdrücklich und spezifisch dem Zweck eines Adressnachweises dient.“

„Tut uns Leid, sowas können wir nicht als Adressnachweis akzeptieren. Bitte laden Sie einen Scan Ihres Reisepasses hoch.“

Aber mein Reisepass sagt gar nichts über meine A– — — ach, WTF. „Hier ist mein Reisepass.“

„Danke! Ihre Registrierung ist jetzt vollständig.“

Yay.

Eurosterling

Konten

[Mych] Zwei Dinge habe ich mir im Laufe der vorigen Woche für letzten Samstag vorgenommen: Ich möchte ein Bankkonto eröffnen, und ich möchte endlich auch in England Internet in der Hosentasche haben.

Am Samstag Morgen betreten wir die Hallen der Lloyds-Bank in Coventry: ein beeindruckendes Gebäude direkt an der High Street. Unter dem gewaltigen Eingangsbogen ist der Name der Bank in edler Antiqua in den hellgrauen Stein gemeißelt. Drinnen ist es licht und modern. Wir haben mir Lloyds ausgesucht, weil ich dort als Neuzugang im Vereinigten Königreich mit europäischer Identity Card (also meinem Personalausweis) ganz einfach ein Konto eröffnen kann — verspricht zumindest die Lloyds-Website. Wer keine Identity Card hat, muss mühsam mit seinem Führerschein oder seinem Pass, Wasser- oder Stromrechnung erst seine Identität, dann seinen Wohnort nachweisen; das ist ganz normal hierzulande.

Während wir in der kurzen Schlange vor dem Beratungstresen warten, spricht uns eine bekopftuchte junge Inderin im professionellen Hosenanzug an und fragt uns sehr höflich, was wir zu tun beabsichtigen. Wir teilen mit, dass ich ein Konto eröffnen möchte. „Haben Sie einen Identitäts- und einen Adressnachweis mitgebracht?“, fragt sie. „Mein deutscher Personalausweis müsste reichen“, erwidere ich. Damit scheint sie sich nicht auszukennen, also bittet sie uns freundlich, uns kurz zum Warten in eine nahe gelegene Couch niederzulassen, während sie einen Kollegen holt.

Es dauert nicht lang, bis uns ein Herr abholt und zu einer der Beratungssitzgruppen führt. Er kann nicht viel älter sein als wir beide; und offenbar hat er sehr junge Kinder, wie er uns entschuldigend erzählt, als er sich beim Übertragen meines gar nicht so unenglischen Vornamens in das Formular auf seinem Bildschirm vertippt. Als meine englische Adresse nimmt er die von Judiths aktueller Mietwohnung zur Kenntnis — dorthin wird dann auch meine Bankkarte geschickt werden. Das einzige offizielle Dokument, das ich ihm zeige, ist tatsächlich mein deutscher Personalausweis.

Er seufzt in komischer Verzweiflung, als ich ihm meine geschäftliche Visitenkarte vorlege, von der er Namen und Adresse meines Arbeitgebers abtippen darf, und dann überlegen wir uns zusammen, welche der allesamt ungeeigneten Berufsbezeichnungen aus der Auswahlliste wohl am wenigsten unpassend für mich ist. Auf meiner Karte steht „Senior Software Engineer“, aber er verwirft den „Computer Programmer“ und entscheidet sich für „Professional“. Nachdem er einen Stapel Papier ausgedruckt und mich an einem halben Dutzend verschiedenen Stellen hat unterschreiben lassen, drückt er mir die Hand, und ich habe ein englisches Bankkonto — samt £50 Dispokredit, an deren Aushandlung ich nur in Form faszinierter, passiver Beobachtung seines Computerbildschirms beteiligt gewesen war. Vielleicht kriegt er Provision dafür; mir soll’s recht sein.

Wir verlassen die Bank in guter Stimmung und gehen zum O₂-Laden, der nur wenige Schritte entfernt liegt. Ich möchte eine O₂-Prepaid-SIM haben, weil O₂ eine für meine Situation besonders interessante Option anbietet: Ich kann eine Handvoll deutscher Rufnummern konfigurieren und die dann über inländische Rufnummern mit einem gewaltigen Inklusivkontingent von Gesprächsminuten anrufen; und ich kann mir eine deutsche Rufnummer einrichten lassen, die direkt auf mein Mobiltelefon führt. Das ist zumindest die Theorie — aber die will ich ausprobieren.

Als wir den Laden betreten und uns suchend umschauen, spricht uns eine lässig an den Auslagetresen gelehnte junge Frau im O₂-T-Shirt an und hüllt sich dabei in eine Aura so enormer Gelangweiltheit, dass ich dahinter schon fast eine Kunstform zu vermuten beginne. Ich erkläre ihr, was ich möchte, und sie begibt sich zum Tresen und holt eine kleine Pappschachtel hervor. Ich halte ihr vorauseilend meine Visitenkarte mit meinem Namen hin — Judiths T-Mobile-SIM-Karte war noch im Laden auf ihren Namen registriert worden — aber die junge Frau scheint mit dieser Vorstellung nicht das Geringste anfangen zu können und schaut mich an, als hätte ich sie gefragt, ob es die SIM-Karte auch in DIN A4 gäbe. Und während sie mir Anweisungen zur Aktivierung meines Tarifs auf einen Zettel kritzelt, sinniere ich fasziniert darüber, wie speziell doch unsere deutsche Bundesnetzagentur ist, die mit eiserner Hand darüber wacht, dass es zu jeder deutschen Rufnummer auch einen gemeldeten deutschen Wohnsitz gibt.

Zu Hause angekommen führe ich getreulich alle Schritte durch, die mir zur Aktivierung meiner neuen SIM aufgetragen worden waren: Insbesondere das Abschalten mobiler Daten, bevor ich meinen Tarif (per SMS) aktiviere, damit ich nicht versehentlich einen Ein-Tages-Internet-Pass für £1 von meinen genau abgezählten £20 Initialaufladung abgezogen bekomme, bevor mein Wunschtarif mit Inklusivdaten aktiviert wurde. Eine SMS trifft ein, die mir mitteilt, dass mein Tarif zum heutigen Datum aktiv würde; also wähne ich mich in Sicherheit und gestatte meinem Telefon wieder Zugriff aufs mobile Internet.

O₂-Tarifwechsel. Man beachte das Datum unten.
O₂-Tarifwechsel. Man beachte das Datum unten.

Kurz darauf erhalte ich eine SMS mit der verwirrenden Mitteilung, ich möge mein Konto doch bitte aufladen, damit ich meine Tarifkontingente für diesen Monat nutzen könne. Wie bitte? Ich werfe einen Blick ins O₂-Webinterface und resigniere zähneknirschend vor dem Umstand, dass ich mir offensichtlich doch einen Datentagespass angelacht habe. Dann mache mich daran, £1 auf mein Prepaid-Konto zu laden. Zum Aufladen per Web oder Telefon braucht man eine Kreditkarte. Judiths englisches Konto ist noch komplett leer, ich habe für das meine noch keine Karten (und außerdem ist es auch noch komplett leer), aber ich habe ja eine deutsche Kreditkarte. Ich klicke mich durch das O₂-Webformular und bruchlande kopfkratzend an einer Stelle, an der ich die englische Rechnungsadresse meiner Karte einzugeben habe — es ist technisch völlig unmöglich, eine deutsche Adresse einzugeben. Von einer Einschränkung auf englische Kreditkarten war noch nie zuvor die Rede. Was sie soll, ist mir auch schleierhaft.

Nun ja. Also muss ich wohl erstmal darauf warten, dass Lloyds mir die Karte zu meinem neuen Konto an Judiths (und meine) englische Adresse zuschickt und ich seinen Kontostand auf mehr als „Nil“ anhebe; und das werde ich erst tun, wenn das Lloyds-Internet-Banking es zulässt, dass ich dortiges Geld auch wegüberweisen kann; aber das geht (aus sogar einigermaßen nachvollziehbaren Sicherheitsgründen) erst, wenn meine dort konfigurierte Rückrufnummer ein paar Tage lang unverändert bleibt, denn ein automatisierter Rückruf ist integraler Bestandteil jeder Online-Überweisung. Andere Banken, andere Sitten.

Bis dahin kann ich mir noch überlegen, wie ich mein Euro-Gehalt ohne allzu massiven Wechsel- und Transferverlust von der Deutschen Bank zu Lloyds bekomme. Wie das geht, und welchen amüsanten und leicht grotesken Austausch ich in diesem Zusammenhang mit dem CurrencyFair-Support in Bezug auf meinen Identitätsnachweis hatte — das erzähle ich beim nächsten Mal.

Konten

Heiter bis sonnig

[Maus] An diesem Wochenende war mal wieder Michael bei mir, und er hat mir einiges mitgebracht. Neben vier Flaschen Rotwein waren auch seine wasserdichten Stiefel dabei, die einem hier das Leben versüßen können. Es hat in den vergangenen zwei Wochen ja immer wieder mal geregnet, weswegen der Boden ziemlich matschig und die Pfützen kleine Seen sind. Mit den wasserdichten Stiefeln, die wir uns eigentlich mal für unsere Geocaching-Ausflüge gekauft haben, brauchen wir weder auf Matsch noch auf Pfützen achten, sondern können einfach losmarschieren. Bei dem herrlichen Sonnenschein an diesem Wochenende haben wir das natürlich auch getan. Normalerweise habe ich sonst nur zum Aufwachen und auf dem Weg zur Arbeit Sonne gehabt, was ja im Grunde genommen reicht, denn ich bin ja bis es dunkel wird im Institut. Aber dieses Wochenende war es fast durchgehend sonnig. 🙂

Heute waren wir im War Memorial Park, der ursprünglich mal an den ersten Weltkrieg erinnern sollte, aber nun auch den zweiten Weltkrieg mit einschließt. Dort lag ein riesiger umgestürzter Baum, der sich aufgrund seiner relativ oberflächlichen Verwurzelung, dem matschigen Boden und den stürmischen Tagen einfach nicht mehr halten konnte. Das war sehr beeindruckend. Offenbar handelte es sich hierbei um einen Flachwurzler. Ich schätze, das ist eine Fichte, aber Bäume sind mir ein Rätsel und ich rate nur wild herum.

Doch weiter zu den Dingen, die Michael aus seinem Koffer gezaubert hat. Ich habe jetzt ein kleines Heizkissen und eine wärmende Kamelhaardecke hier, die man sich praktischerweise auch noch zu einem aparten Überwurf zusammenknüppern kann. Außerdem ist es in meiner Bude überhaupt nicht mehr eisig. In dieser Woche wurde es ja jeden Tag ein wenig kühler, bis ich am Donnerstag Abend nur noch 17°C hatte und meinen eigenen Atem sehen konnte. Ich rief also kurzerhand John — meinen Vermieter — an, der gleich nebenan wohnt. Glücklicherweise wollte er schon in zwanzig Minuten rüber kommen. Doch eine Stunde später war er leider immer noch nicht da. Ich rief ein zweites Mal an und binnen 30 Sekunden war er da: ein freundlicher strubbeliger älterer Herr, der erstaunlich gut zu seiner chaotischen, aber freundlichen, Tochter Claire passt. Er brachte den Boiler wieder in Gang, und ich besorgte mir am Samstag für eventuelle zukünftige Ausfälle eine kleine Konvektionsheizung. Und nun ist es kuschelig warm.

Hier in Coventry habe ich noch keinen Laden gefunden, der Saturn oder Media Markt ähneln würde. Stattdessen habe ich einen Laden namens Argos gefunden. Dort habe ich meine Heizung gekauft — und das war echt spannend. Da gab es Computer und Kataloge, die dazu dienten, sich das gewünschte Produkt auszusuchen. Jedes Produkt hat eine Nummer, die man sich notiert und die man dann entweder an einer herkömmlichen Kasse, einem Cash-Automaten oder einem Kartenautomaten bezahlt oder zur Ansicht bestellt. Dann bekommt man eine Wartenummer und setzt sich in den Wartebereich bis die Nummer aufgerufen wird. Und das war es schon. Hat nur fünf Minuten gedauert und man wird kaum zu Impulsivkäufen animiert. Es steht ja nirgends etwas herum. Da ich Shopping ja eigentlich nicht besonders amüsant finde, ist dieser Laden wie für mich gemacht. Rein, bestellen, bezahlen, Artikel bekommen und wieder raus.

An diesem Wochenende konnten wir außerdem eine Menge nützlicher Dinge für Micha erledigen. Am Samstag war die erste Aufgabe, ein Konto für ihn zu eröffnen. Ich hatte ihm die Lloyds Bank vorgeschlagen, weil sie meine erste Wahl gewesen wäre und ich gern wissen wollte, ob sie tatsächlich für jeden, der seine Identität entsprechend nachweisen kann, ein Konto eröffnen. Ja, sie tun es — und unser freundlicher Bankberater versuchte mich auch gleich noch zu überreden, zu ihnen umzuziehen. Das werde ich tun, wenn mein erstes Gehalt auf meinem anderen Konto eingegangen ist.

Zweite Aufgabe: eine Pay-as-you-go-SIM für Micha. Eine extrem gelangweilte junge Frau gab ihm knappe Auskünfte über das, was er bekommen kann, schrieb ihm ein paar kryptische Ratschläge auf, und wir mussten dann erst einmal herausfinden, in welcher Reihenfolge alles geschehen sollte. Sie hatte uns auch gewarnt, alles in der richtigen Reihenfolge zu tun, da sonst ein Pfund von dem Top-Up-Betrag (ähnelt unseren Prepaid-Aufladungen) abgezogen wird und er dann den gewählten Tarif nicht nutzen kann. Nachdem wir alles wie beschrieben getan hatten, war das Pfund abgezogen. Wie wir später feststellten, waren wir zu schnell und hätten eine Bestätigung abwarten müssen. Top-Up geht nicht mit deutscher Kreditkarte, und daher hatten wir nun endlich einen Grund, mal mit dem Bus zu fahren — denn der einzige mir bekannte Laden, der zu dieser Uhrzeit noch geöffnet war, war der Tesco-Superstore an der Uni. Da haben wir Micha auch noch so ein kleines Billighandy, wie ich es für meine deutsche SIM-Karte habe, gekauft. Nun kann er endlich in England das Unterwegs-Internet nutzen.

Auf dem Rückweg sind wir dann ins City Arms gegangen. Das ist ein Pub hier in Earlsdon, das sehr gut besucht war. Micha holte für uns an der Bar ein Ale (für ihn), ein Cider (für mich) und bestellte uns zweimal prämierte Würstchen mit Kartoffelbrei, Erbsen und einer Zwiebel-Rotweinsoße. Man könnte sagen, alles zusammen für einen sagenhaft günstigen Preis (für englische Verhältnisse) und dazu auch noch richtig lecker. Die Unterhaltung gibt es gratis. Vor allem die Frauen sind eine Augenweide. 😀 Wer auch immer zu besucht kommt, wird uns wohl mal hierhin begleiten müssen.

Heiter bis sonnig

Laboralltag

[Maus] Ich möchte mal versuchen, meine ersten Eindrücke zu schildern. Die vergangene Woche war ja gefüllt mit Formularen und Dingen, die eigentlich nichts mit meiner Arbeit zu tun haben. Aber diese Woche läuft es endlich an. Ich habe tatsächlich jeden Tag irgendetwas im Labor getan.

Einer der Doktoranden soll angeblich am besten im Labor Bescheid wissen. Leider bedeutet das hier in England offenbar etwas anderes als in Deutschland. Er war mir bisher nur wenig behilflich, und ich kann mich noch nicht entscheiden, ob das aus purem Mutwillen so ist oder weil er es nicht besser weiß. Ich muss mir auf Grund seiner fehlenden Hilfe alles mühsam selbst zusammensuchen oder bei anderen erfragen.

Das wäre ja alles kein Problem, wenn die Dinge hier so gehandhabt würden, wie ich es bereits in zwei deutschen Unis kennengelernt habe. Es fängt schon bei so grundlegenden Dingen an wie z.B. der nicht vorhandenen Laborspülmaschine. Alles wird hier per Hand gespült — was mit Sicherheit auch mal dazu führt, dass man, bevor man anfangen kann, noch mal selbst ran muss. Da die Spülmaschine fehlt, ist man hier auf die glorreiche Idee gekommen, alles, was es als Wegwerfartikel zu kaufen gibt, auch zu benutzen. Selbst die Reagenzgläser sind hier aus Plastik und werden nach einmaligem Gebrauch entsorgt.

Das zweite große Problem ist für mich, dass ich momentan kein Gerät benutzen darf, bis ich vom Verantwortlichen ein Training bekommen habe. Keine Zentrifuge, keine French Press, keine Pumpen — nichts. Ich kann also momentan nichts allein machen, habe aber auch keine Ahnung, wer die Leute sind, die mir das Training geben sollten. Ich laufe dann immer durchs Labor und frage Dinge wie: „Wer ist Tanvir?“, „Wo ist John?“ oder „Wer ist für dieses Gerät verantwortlich?“. Ich hoffe, in vier Wochen habe ich alle Trainings hinter mir.

Immerhin durfte ich heute ganz allein das pH-Meter benutzen und gestern wurde mir doch sogar erlaubt, eine kühlbare Minizentrifuge ohne Training zu benutzen. Doch trotz dieser sehr erfreulichen Erlebnisse hatte der heutige Tag auch seine enttäuschenden Seiten. Ich brauchte für meinen Puffer 6M Schwefelsäure. Aber die musste ich mir erst selbst verdünnen. Dafür sollte ich aus einer Zweieinhalb-Liter-Flasche 18M Schwefelsäure (sehr konzentriert, 95%ig) 10ml in ein winzig kleines Gefäß kippen. Das wollte ich dann doch lieber nicht tun, also fragte ich nach irgendeiner Lösung für dieses Problem. Keiner der Anwesenden wollte jemals Schwefelsäure aus dieser Flasche in diesem Labor benötigt haben. Die Anwesenden waren alle Chemiker. Ich habe mir also eine Pasteurpipette genommen und milliliterweise Schwefelsäure aus der Flasche entnommen. Eine große Glaspipette wäre mir natürlich lieber gewesen, aber Glas ist in diesem Labor eine Seltenheit.

Es gab heute leider noch zwei unerfreuliche Ereignisse. Das Wetter hier schlägt Kapriolen. Wir hatten heute Regen, Schnee, Hagel und Sonnenschein. Dazu kamen heftige Windböen, die dazu führten, dass Bäume umstürzten.

Das zweite negative Ereignis war zum wiederholten Male das Mittagessen.

LoSalt. Salzarmes Salz. Sozusagen Salzstoff, wie Süßstoff. Denn Salz ist ja schlecht (und Kaliumchlorid viel besser!).

Ich hatte Hühnchen süß-sauer mit Reis. Der Reis war nur mit Wasser gekocht. Kein Salz. Das Hühnchen süß-sauer schmeckte nur nach Zucker. Da half auch das LoSalt mit weniger Natriumchlorid — und dafür mehr Kaliumchlorid — nicht mehr. Diese Mahlzeit hätte ich besser ausfallen lassen.

Laboralltag

Gepäck

[Mych] Ich hoffe, die Kombination aus vier Flaschen Wein, einer Wanduhr und einer Heizdecke, die ich gerade in mein (Nicht-Hand-)Gepäck gepackt habe, hält am Flughafen beim Durchleuchten niemand für ’ne Zeitbombe …

Die Weine sind übrigens ein Lauffener Katzenbeißer Spätburgunder vom Kaiserstuhl, ein Cabernet Sauvignon und ein Zinfandel von der Gallo Family aus Kalifornien und ein, ähm, Domina aus Franken. Sag keiner, dass man sich beim Rotweinkaufen nicht amüsieren darf.

Gepäck

Shopping

[Maus] Ich hasse Shopping. Aber es muss manchmal sein. Leider fehlen in meiner Unterkunft einige Dinge, die ich für dringend notwendig halte. So fehlte hier in meiner Eisbude vor allem eine Kuscheldecke für mein Sofa. Ein Trip zu einem bekannten Möbelhaus sollte dieses Problem heute lösen. Einmal dort bin ich wie im Rausch von Regal zu Regal gepilgert und habe meinen gelben Beutel gefüllt. Nun habe ich neben einer roten Kuscheldecke auch noch eine kleine Pfanne, eine French-Press-Kaffeekanne, eine Kaffeetasse für die Uni, ein scharfes Messer, vier Geschirrtücher, eine Plastikbox für die Mikrowelle und eine vernünftige Klobürste. (Die hier bereits vorhandene Klobürste ist für die Toilette ungeeignet und ich habe hier so etwas wie ein Putzfimmel entwickelt.)

Anschließend bin ich in den Coventry Market gegangen — ein Markt, in dem man fast alles kaufen kann. Da habe ich dann auch entdeckt,wo die Engländer ihre Oma-Gardinen herbekommen. Ich konnte sogar ein Pärchen in meinem Alter beobachten, das sich gerade eine dieser hübsch-hässlichen Gardinen einpacken ließ. In der Mitte des Marktes gibt es sogar ein Kinderkarussell. Ich bin ein paar Mal im Kreis herumgelaufen und habe mal geschaut, was so Angeboten wird, aber ich fühlte mich wie auf einem Polenmarkt und kaufte dann nur ein paar Bananen und zwei Salatherzen. Es ist dort zwar alles billiger, aber auch alles ziemlich heruntergekommen. Die Zukunft wird zeigen, ob ich mich daran gewöhnen kann. Momentan ist dieser Markt die einzige vernünftige Alternative zu dem Super-Tesco.

Voll gepackt mit meinen Einkäufen wollte ich dann noch schnell eine DVD kaufen. Ha! Erstmal einen Laden finden, der so etwas Exotisches verkauft. Eine halbe Stunde Herumirren in der Einkaufspassage von Coventry und ich habe doch tatsächlich einen Laden gefunden, der ausschließlich DVDs und Blu-Rays verkauft. Die DVD, die ich haben wollte, ist die zweite Staffel von „Ripper Street„. Einsortiert war sie unter Drama. Ich habe trotzdem nur zehn Minuten gebraucht, um sie zu finden.

Wieder zu Hause haben ich den ziemlich stürmischen Tag dazu genutzt, um zu putzen. Das ist ein wenig zu einem Hobby ausgeartet, das ich ganz bald mal durch ein richtiges Hobby austauschen sollte. Aber meine Eisbude ist auch zu klein, um darin nicht ständig für Ordnung und Sauberkeit zu sorgen.

Übrigens: Heute ist es so stürmisch, dass der Wind durchs geschlossene Fenster rein und zum Kamin wieder raus wedelt.

Shopping

Ein Pub in Kenilworth

[Maus] Mir hängt dieser Papierkram hier zum Halse raus. Ich dachte noch vor meiner Abreise, wie schön es wird von Bürokratenhausen nach England zu ziehen. Da habe ich mich unglücklicherweise ein wenig verschätzt. Ich muss einen Personalfragebogen, ein Rentenversicherungsformular, mehrere Seiten Bankkontoantragsformulare und zu guter Letzt auch noch einen Haufen Formulare zum Thema Sicherheit ausfüllen. Nicht zu vergessen sind: das Formular, um die National Insurance Number zu beantragen, und das Registrierungsformular für meinen General Practitioner (auf Deutsch: Hausarzt). Das alles will ich bis spätestens Ende nächster Woche hinter mir lassen. Die Chancen stehen gut; die Hälfte ist schon abgearbeitet.

Ich habe jetzt ein britisches Bankkonto. Meine Karten und PINs bekomme ich nach Hause geschickt. Auf meine Anfrage hin, ob ich das alles auch in der Filiale abholen könnte, fragte die Dame von der Bank ganz erschrocken, ob es sich bei der angegebenen Adresse denn nicht um meine private Adresse handeln würde. Sie hatte wohl Angst, dass ich falsche Angaben bezüglich meines Aufenthaltsortes gemacht haben könnte. Nun wird eben ganz persönliche und streng geheime Post auf meinen geteilten Fußabtreter gelegt. Zum Glück ist auf meinem Konto noch kein Geld, so dass es mir momentan wenigstens egal sein kann. Schon merkwürdig, so ganz ohne Briefkasten zu leben.

Die junge Frau, die mich letztens auf dem Unicampus ansprach, entpuppte sich übrigens gestern Morgen als eine meiner Mitbewohnerinnen. Ich bin gemütlich zum Bus getrödelt (beeilen macht hier sowieso keinen Sinn, weil der Bus entweder fährt oder eben nicht), da sehe ich die junge Frau an der Bushaltestelle stehen. Neben ihr eine zweite junge Frau. Als ich bei ihnen bin, werde ich von der Ersten gefragt, ob ich auch in 48 Broadway wohne, was ich bejahte. Tja, und dann stellten sich die beiden als meine Mitbewohnerinnen vor. Der einzige Mann in unserem Haus ist ein älterer Herr, dem ich heute das erste Mal über den Weg gelaufen bin.

Gestern war ich ziemlich spät zu Hause, deswegen gab es auch keinen Eintrag mehr. Ich hatte mich schon am Dienstag mit zwei Kolleginnen verabredet in einen Pub zu gehen. Es hat lange gedauert, bis die beiden sich entschieden hatten, wohin wir gehen aber das letzte Wort hatte dann wohl meine deutsche Kollegin, die nämlich keine Lust hatte, nicht mehr von Coventry aus nach Hause zu kommen. Wir waren also in Kenilworth im Pub (fünf Minuten von dort wohnt meine Kollegin) und wir anderen hatten dann den langen Heimweg.

Der Pub war eigentlich ganz nett, aber es waren (an einem Donnerstagabend) fast alle Tische reserviert. Ein freier Katzentisch hat sich dann aber doch noch gefunden. Die Mädels (eine Spanierin, eine Italienerin und eine Deutsche) wollten sich Wein bestellen, und ich wollte mich gern anschließen. Allerdings wollten sie sich einen Merlot bestellen, der noch nicht einmal der günstigste Wein war. Glücklicherweise konnte ich sie zu einem Cabernet Sauvignon überreden, den wir zu jeweils einem Burger genossen. Der Burger und die dazugehörigen Pommes und Zwiebelringe kamen natürlich wieder besonders salzarm daher. Wann ist mein Überlebenswerkzeug endlich da?

Für den Rückweg mussten wir pünktlich an der Bushaltestelle stehen, denn der Bus fährt um diese Uhrzeit nur noch ein Mal in der Stunde. Die Spanierin, die auch mit uns im Pub war und nach Leamington musste, kam kurz nachdem sie zu ihrer Bushaltestelle gegangen war, wieder zurück, weil ihr Bus schon weg war. Wir hatten Glück und haben unseren Bus trotz italienischer Gelassenheit noch erwischt, dafür habe ich dank nicht angesagter Bushaltestellen und beschlagener Scheiben meine Bushaltestelle verpasst und durfte dann vom Bahnhof Coventry nach Hause marschieren.

Nächste Woche wird es schon viel besser gehen. Ich werde mir einen kuschelige Sofadecke zulegen, damit ich wegen der Kälte nicht mehr schon um 21 Uhr ins Bett muss und der Papierkram ist dann hoffentlich auch erledigt.

Ein Pub in Kenilworth

Weinerei

[Mych] Wein ist im Tesco Superstore ganz schön teuer: Man findet kaum einen unter £6 (das sind gut 7€) — und nach oben ist die Skala natürlich offen. Zum Vergleich: In meinem Rewe-Markt hier um die Ecke in Deutschland gibt’s die günstigsten Flaschen schon ab 2€, und für meine Lieblingsweine lege ich kaum jemals mehr als 5€ hin.

Judith und ich haben erst spekuliert, dass das wahrscheinlich daran liegt, dass die ganzen Weinflaschen ja erstmal übers Wasser auf die Insel kommen müssen — es gibt tatsächlich britischen Weinbau, aber im Supermarkt gesehen habe ich noch nichts davon. (In England ist übrigens auch Kontinentaleuropa „Übersee“. Das ist für uns Kontinentaleuropäer erstmal etwas verwirrend, weil wir „Übersee“ normalerweise mit „jenseits des Atlantiks“ assoziieren, aber es ist natürlich technisch korrekt.)

Andererseits kommen auch die meisten Weine in meinem Rewe-Markt nicht aus Hessen, und selbst unser Lieblings-Spätburgunder aus Südbaden oder ein Cabernet Sauvignon von der Biscaya kostet keine 7€, ganz zu schweigen von den Weinen aus Kalifornien oder Australien. Das allein kann’s also eigentlich nicht sein.

Die Erklärung ist, zumindest zum Teil, viel simpler: die Steuer.

In Deutschland gibt’s zwar die Schaumweinsteuer und die Branntweinsteuer, aber für schlichten (nicht prickelnden, nicht verstärkten) Wein zahlt man nichts. (Letzteres ist nicht zu verwechseln mit „Es gibt keine Steuer auf Wein in Deutschland“ — doch, es gibt eine, aber sie ist auf 0% festgelegt. Für irgendjemanden ist diese Unterscheidung sicher sehr wichtig.)

In England hingegen gibt’s keine Sonderlocke für Wein — da schlägt die dortige Alkoholsteuer voll zu. Für einen normalen Wein mit so zwischen 10% und 12% Alkoholgehalt zahlt man gut £2 an Verbrauchssteuer für die typische 750-ml-Flasche (plus Mehrwertsteuer, die’s natürlich auch in England gibt).

Für Leute mit persönlichen Verbindungen nach Deutschland (wie uns) gibt’s allerdings einen Weg, wie wir von unserem heimatlichen vorteilhaften Weinsteuersatz profitieren können: Wir können uns Wein als Geschenk mitbringen lassen, wenn wir Besuch aus der Heimat bekommen. Wer aus einem (anderen) EU-Land nach Großbritannien kommt, darf Wein, der zum Eigenbedarf oder als Geschenk beabsichtigt ist, zollfrei einführen.

Achtung: Sobald man Geld dafür bekommt (auch einfach nur den ausgelegten Kaufpreis!), gilt die Zollfreiheit nicht mehr — es muss ein Geschenk sein. (Oder man muss alles selbst trinken wollen.) Und natürlich darf man keine 750-ml-Weinflasche im Handgepäck mit sich führen, weil man damit ja das Flugzeug in die Luft zu sprengen versuchen könnte. Und wenn man mehr als 90 Liter Wein auf einmal zu importieren versucht, wird man sich fast mit Sicherheit einige pointierte Fragen des Zolls zu seinen Trinkgewohnheiten gefallen lassen müssen.

Weinerei

Überlebenswerkzeug

[Mych] Überlebenswerkzeug für Judiths Mittagspause in der Uni-Cafeteria:

Swiss-Spice Reisegewürzstreuer. Essenzielles Überlebenswerkzeug in der salzarmen englischen Küche.

Salzt die Suppe, nicht die Handtasche. (Und ist sogar wasserdicht!)

Dass Tomatensuppe nach pürierter Tomate und Burger-King-Pommes nach heißer Kartoffel schmecken, ist ja eine gute Sache — aber für unsere ausländischen Gaumen macht eine gute Prise Salz den Geschmack erst rund. (Und, ganz ehrlich: An Pommes gehört Salz.)

DIese Eigenheit der englischen Küche ist auch uns nicht ganz neu. Man muss nur durch den Supermarkt gehen, um zu sehen, wie sich alle möglichen Nahrungsmittelprodukte an Salzarmut gegenseitig zu übertreffen versuchen. Offenbar ist das eine werbewirksame Behauptung. Unklar ist mir allerdings, ob salzarmes Kochen eine alte englische Tradition ist oder erst in der Neuzeit aufkam — und wenn Letzteres, ob das irgendwas mit der kolportierten Expertenmeinung zu tun hat, dass Salzkonsum schlecht für die Gesundheit sei. (Andere Experten sind anderer Meinung. Und am Ende ist es wahrscheinlich einfach sehr viel differenzierter und komplizierter, als eine Volksweisheit es je sein könnte.)

Naja. Mal abwarten, ob ich versuche, meinen Gaumen umzukultivieren oder häufiger mal nachsalze. Blöd nur, dass in der Uni-Cafeteria kein Salzfässchen rumstand, wie sie in den meisten Restaurants in Deutschland auf den Tischen stehen (wo ich sie kaum jemals nutze) — daher obiges Überlebenswerkzeug. Nichts für Ungut, ihr lieben Engländer.

Überlebenswerkzeug