Skyewalkers: The Jacobite

[Maus] Noch immer schmerzen meine Waden, Oberschenkel, Knie und Hüften. Der akute Schmerz ist aber über Nacht weniger geworden. 1344 Höhenmeter in beide Richtungen spürt man als Ungeübter sehr wohl. Doch zum Glück haben wir gut geplant und heute einen recht entspannten Tag gehabt.

The Jacobite, eine Dampflokomotive, wie man sie aus Harry Potter Filmen kennt, führte uns über Glennfinnan und das ebenfalls aus Harry-Potter-Filmen bekannte Glennfinnan-Viadukt nach Mallaig. Michael hatte für uns einen privaten Tisch in der Ersten Klasse gebucht. Wir saßen in am Boden befestigten Ohrensesseln. Nie habe ich komfortabler eine Zugreise unternommen. Es war sogar so gemütlich, dass ich auf der Rückreise eingeschlafen bin. Dabei war ich gar nicht müde – wir hatten eine außerordentlich gute Unterkunft in Fort William und ich war vor dem Weckerklingeln wach. Vielleicht steckte mir aber auch die Erschöpfung vom Vortag noch in den Knochen.

Gemütlich zuckelte der Zug durch eine atemberaubend schöne Landschaft und das beruhigende Dedup-dedup tat sein Übriges, um uns vollständig entspannen zu lassen.

Mallaig selbst war recht unspannend und winzig, aber es handelt sich dabei auch um eine sehr junge Siedlung (Gründung 1840). Für ein leckeres Eis und ein paar Souvenirs gibt es aber genug Gelegenheiten, und so spazierten wir ein wenig herum, besuchten das kleine Museum am Bahnhof (zu dem wir jetzt 12 Monate freien Eintritt haben, weil wir 2 Pfund pro Nase bezahlt haben), genossen die frische Seeluft und warteten auf unsere Rückfahrt.

Ein Afternoon Tea mit Sandwiches, einem Kuchen und Scones mit Clotted Cream und Marmelade rundeten unsere Rückfahrt ab, und nach fünfeinhalb Stunden Zugabenteuer waren wir zurück in Fort William.

Nun  stand noch eine dreistündige Fahrt zu unserer Unterkunft auf der Isle of Skye an. Obwohl ich als Fahrer die Landschaft nicht so gut genießen kann wie als Beifahrer, hatte ich einen Ohhhhhhhh-Moment nach dem anderen. Dramatische Wolken, durchdrungen von gleißendem Sonnenlicht. Am Boden Sonnen- und Schattenspiel in den Tälern, Bergen und Löchern (Lochs? Lochen?). Einziges Manko: die vielen Kurven. Ich bin noch nie in den Bergen gefahren, und ich fand es furchtbar anstrengend, drei Stunden lang Kurven zu fahren. Großes Plus: ich war der Fahrer und mir war kein bisschen schlecht trotz der ganzen Kurverei.

Zum Abschluss des Tages gab es noch mehr Haggis, diesmal als Füllung im Hühnchen zusammen mit Black Pudding vermischt mit Kartoffelbrei. Delicious.

PS: Opa Rodenwald ist offenbar nach Dunvegan gezogen. Michael hat seinen Bären gefunden.

Skyewalkers: The Jacobite

Skyewalkers: Fort William

[Mych] Das ist kein normaler Wanderweg. Wir steigen über Schotter und Geröllbrocken; bergauf, immer nur bergauf. Fast anderthalb Kilometer in der Vertikalen über eine Wegstrecke von nur gut acht Kilometern.

Ben Nevis ragt 1344 Meter in den Himmel und ist der höchste Berg Schottlands – tatsächlich sogar auf der ganzen Insel. Und wer ihn besteigen will, beginnt ganz unten, fast auf Meereshöhe; das Besucherzentrum liegt auf 17 Metern über Normalnull. Dort haben wir auch unsere Göffel gekauft, die wir brauchen, um den Joghurt in unserem Lunchpaket zu verzehren, das wir aus dem letzten Hotel mitgenommen haben.

Der erste Teil der Strecke ist fast flach, von ein paar Stufen abgesehen. Wir wandern unter einer geschlossenen Wolkendecke; es nieselt. Und wir sind bei Weitem nicht die einzigen, die hier heute unterwegs sind – auf der Touristenroute, die eigentlich heute gar nicht mehr so genannt wird, weil das zu harmlos klang, sind heute hunderte von Leuten unterwegs. Fast alle sind so vernünftig gekleidet wir wir: wasserfeste Jacke, warme Kleidung, feste Schuhe. Unten hat es etwa 14°C, und oben sollen es fast zehn Grad weniger sein. Wind dazu, und es wird ungemütlich.

Kälte ist aber erstmal nicht unser Problem. Unsere Rucksäcke, unsere Funktionsklamotten und uns selbst den steilen und unebenen Weg hochzuwuchten bringt uns so zum Schwitzen, dass mein Pulli getrost verstaut bleiben kann. Die ersten zwei Schlucke aus dem Trinkschlauch, der in meinen Rucksack führt, sind immer angenehm kühl – danach kommt die warme Brühe, die die Abwärme aus meinem Rücken in der Wasserblase produziert hat.

Die Vegetation wird kärglicher, und wir treten in die Wolkendecke ein, die heute auf etwa 700 Metern hängt und den Blick auf den Gipfel verwehrt. Unsere Sicht reicht jetzt höchstens noch fünfzig Meter. Alles, was weiter weg ist, ist nur noch schemenhaft zu erkennen. Der Nieselregen ist jetzt kontinuierlich und kommt von allen Seiten. Der Weg zickzackt sich nach oben. An den Kehren sind mannshohe Steinhaufen aufgeschichtet, damit niemand ins Geröllfeld jenseits des Pfads verloren geht. Wir gehen langsam, aber trotzdem noch schneller als manche andere Wanderer, die wir treffen. Ein paar Mal werden wir selbst überholt – einmal von einem Mann in Fahrradklamotten, der mit seinem Rad auf der Schulter den Weg nach oben joggt. Der Wanderer, der uns in diesem Moment von oben entgegen kommt, schaut ihm hinterher, als hätte er ein Gespenst gesehen.

Kurz vor dem Gipfel wird der Weg wieder flach. Das Gelände um uns herum besteht jetzt nur noch aus metergroßen, grauen Felsbrocken. Auf dem eigentlichen Weg liegt eine uneinheitliche Mischung aus faust- bis kopfgroßen, kantigen Schotterstücken. Wir kommen an etwas vorbei, was wie die Grundmauern eines kleinen Hauses aussieht, kniehoch aufgeschichtet aus den Steinen, die überall herumliegen. Vielleicht ist das die Ruine des „Temperance Hotel“, das zwei junge Damen um 1910 herum da oben eröffnet hatten. Ein paar Schritte weiter stoßen wir auf einen übermannshohen, von Menschenhand aufgeschichteten Steinhügel, dessen Spitze aus einem winzigen Holzhüttchen besteht: Das ist sicher der Turm des meteorologischen Beobachtungspostens, der 1884 dort errichtet worden war. Endlich sind wir angekommen.

Wir suchen uns einen Felsbrocken zum Sitzen, verzehren den Rest unserer Sandwichs samt der Salz-und-Essig-Chips und göffeln genussvoll den Joghurt, den man uns mit in die Pappbox gepackt hat. Uns zieht der Geruch von Gegrilltem an der Nase vorbei: Ein paar junge Männer haben nicht weit entfernt einen Mini-Alu-Einmalgrill auf ein paar Steine gelegt und braten sich dort Würstchen. Danach machen wir uns ein paar Notizen über Wind und Wolkendecke für den Ben-Nevis-Earthcache und machen uns auf die Suche nach Britanniens höchstem Geocache. Die Suche führt uns hundert Meter ins Geröllfeld hinein, aber die grüne Metallbox kann sich nicht lange zwischen den Felsbrocken verbergen.

Es wird schnell kalt, wenn man sich nicht bewegt – die Lufttemperatur ist gefühlt knapp unter null, und unsere Kleidung unter der Jacke ist völlig durchgeschwitzt. Wir machen uns auf den Rückweg.

Als wir auf dem Weg nach unten aus der Wolkendecke herauskommen, haben wir plötzlich einen fantastischen Blick auf den kleinen See auf halber Höhe, der es sich auf dem Sattel zwischen dem Ben und einem kleineren Nachbarberg eingerichtet hat. Im Tal, auf Meereshöhe, badet die Sonne ganze Dörfer in hellem Sonnenschein.

Der Weg den Berg hinab ist nicht mehr so anstrengend, aber er geht auf die Knie. Je weiter wir nach unten kommen, desto häufiger passieren wir Leute, die sich nur noch mit größter Mühe die teilweise kniehohen Felsstufen herunterwuchten können.

Sechseinhalb Stunden, nachdem wir aufgebrochen sind, sind wir wieder zurück auf dem Parkplatz beim Besucherzentrum. Als ich meine Jacke ausziehe, finde ich das Oberteil meiner Skiunterwäsche und das T-Shirt darüber klatschnass. Dreieinhalb Stunden haben wir für den Aufstieg gebraucht, zweieinhalb für den Abstieg; die Prognosen hatten bei sieben bis acht Stunden gelegen – wir sind zufrieden. Das Bier heute Abend haben wir uns redlich verdient.

Skyewalkers: Fort William

Skyewalkers: Greenock

[Maus] Nach einer unruhigen Nacht in unserem winzigen Zimmerchen sind wir nach einem kleinen Frühstückchen zu einem kurzen Shoppingtrip aufgebrochen. Oberstes Ziel: eine neue Jeans für Michael. Seine Lieblingsjeans fiel ihm fast vom Leib und die Ersatzjeans war viel zu unbequem für einfach alles. Mein vertrocknendes Gesicht auch noch schnell mit Creme versorgt, um uns dann erst einmal einen anständigen Kaffee zu gönnen. Dass die Engländer nicht so guten Kaffee machen können, wussten wir ja schon von unserem Fife-Urlaub im letzten Jahr.

In Blackpool hielt uns nichts mehr. Das Meer werden wir sicher noch öfter zu sehen bekommen. Also brachen wir nach unserem Einkaufsbummel auf in den Norden. Das Ziel auf halber Strecke war Birdoswald Roman Fort, eine Festungsanlage am Hadrianswall.

Letztes Jahr, als wir in Carlisle waren, hatten wir versucht, den Hadrianswall zu finden, nur um dann später festzustellen, dass man direkt in Carlisle nicht mehr allzu viel davon finden kann, weil die Steine für andere Bauprojekte verwendet wurden. Heute jedoch konnten wir ein großes Stück Wall anschauen und es war außerdem zu unserem Glück ein römischer Legionär da, der fast eine Stunde lang vom Leben als Legionär und von der Geschichte des Hadrianwalls berichtete.

Nachdem wir uns ausreichend mit frischer Luft versorgt und unseren Beinen ein Stretching gegönnt hatten, fuhren wir unsere zweite Etappe bis zu unserem Tageshighlight – eine Schlammwanderung. Das ist natürlich Quatsch – wir wollten einen Abenteuer-Geocache suchen gehen. Dieser heißt Starboard Tower No 2 und führte uns zu einem Turm im Fluss Clyde. Bei Ebbe kann man zu diesem Turm hinwaten und den Cache suchen.

Gesagt, getan. Wir haben uns in unsere besten Cacherklamotten geschmissen und sind zum Flussufer aufgebrochen. Dieses ist dem Wattenmeer nicht so unähnlich und dementsprechend schlammig war es vor Ort. Michael schlug vor, dass ich doch mal schön im Schlamm posieren könnte. Aber ich hatte bereits zu lange auf der gleichen Stelle gestanden und benötigte nun Hilfe, um dem Schlamm wieder zu entkommen.

Ohne zwischendurch anzuhalten stiefelten wir also los in Richtung Turm und stellten schnell fest, dass man tatsächlich ein wenig auf dem Schlamm gleiten konnte. Das war ein wenig wie Skilanglauf – nur viel schmutziger. Um dann tatsächlich zum Turm zu kommen, mussten wir tiefere Gewässer überwinden und bekamen nasse Füsse.

Insgesamt war das ein großartiges Abenteuer und wir haben glücklicherweise rechtzeitig den Rückweg angetreten, denn zurück am Auto gab es einen herrlichen Wolkenbruch.  (Nachtrag: Siehe auch mein Log und Michaels Log.)

Unseren Abend haben wir in unserem Hotel ausklingen lassen, bei einem Drei-Gänge-Menü für unter 15 Pfund pro Nase. Und endlich haben wir Haggis bekommen.

Skyewalkers: Greenock

Skyewalkers: Blackpool

[Mych] Der Kofferraum ist knackvoll mit Geocaching-, Kletter- und Wanderausrüstung. Heute Morgen haben wir noch die letzten Tickets gebucht. Kurz nach fünf setzen wir uns ins Auto und fahren los – auf unserem Road Trip zur Isle of Skye.

Ab heute und bis Sonntag in einer Woche werden wir auf vier Etappen hoch in die Highlands fahren, dort ein paar Tage bleiben und dann auf vier anderen Etappen wieder zurück. Der Plan:

Ich weiß nicht, warum, aber ich hatte Blackpool als malerische Küstenstadt vor Augen gehabt. Tatsächlich hat die Kommerzzeile an der Straße just jenseits der Strandpromenade mehr was von Malle-Tourismus, auch wenn die Strandpromenade selbst sich wirklich Mühe zu geben scheint, eigentlich ganz nett sein zu wollen.

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Drei Molen stechen von der Promenade aus ins Meer hinein. Wir gehen von unserem winzigen Hotel aus in Richtung Strand und stoßen erstmal auf die in der Mitte, den einigermaßen unoriginell benannten Central Pier. Schon von Ferne sieht man ein bunt beleuchtetes Riesenrad dort drauf; ungefähr ein Fünftel der Lichterkette, die sich den Rand entlang zieht, ist ausgefallen, und vermittelt dem Rad den Anschein eines sich gemächlich um seine Mitte drehenden „C“s.

Auf der Mole sind neben dem mittelgroßen Riesenrad nur noch ein paar Fahrgeschäfte offen – fast alle der Verkaufsstände für Essen und Trinken haben schon zu; es ist gerade mal kurz vor 21 Uhr. Den Touristen, die sich massenweise durch die Lücken zwischen den Buden drängen, macht das offenbar nichts. Ganz hinten, weit draußen auf dem Meer, finden wir ein größeres Lokal, das noch offen hat: ein Pizza-Restaurant. Wir hätten uns da hingesetzt und eine Pizza zu Abend gegessen, aber der Geruch von verschüttetem Bier mit einem Hauch von Harn vertreibt uns wieder.

Wir fragen das Internet und finden ein kleines Restaurant mit dem Namen Toast, das ein paar Schritte vom Strand entfernt ist. Wenn wir schon an der Küste sind, wollen wir auch was aus dem Meer essen: Penne mit Garnelen, Judith noch mit Lachs, ich mit Miesmuscheln – wirklich lecker. Judith entdeckt amüsiert gegenüber von unserem Tisch an der Wand ein Zertifikat, in dem Round Table – der britische Herrenclub, bei dem ich auch mitmache – dem Lokal die „höchste Empfehlung“ ausspricht; gezeichnet vom RTBI-Nationalpräsidenten 2011. Na sowas.

Skyewalkers: Blackpool