Always Look on the Bright Side of Life

[Mych] Endlich mal ein freies Wochenende. Nicht, dass wir unsere Gäste nicht mögen. Sonst hätten wir sie ja nicht eingeladen.

Und Sten und Maiky, die fürs Erste als letzte da waren, hatten ein kleines Urlaubsprojekt im Sinn, an dem wir gebastelt haben, während wir auf Bäumen geklettert sind, das Schwarze Land erforscht, uns Römer beim Baden vorgestellt und bei Shakespeare vorbei geschaut haben …

Always Look on the Bright Side of Life

Steuermann ahoy

[Mych] Die Briten tun’s anders.

Das Steuerjahr beginnt am 6. April. Nicht am 1. April. Nicht am 1. Januar wie im Rest der zivilisierten Welt, sondern mitten im Monat mitten im Jahr. Warum? Weil für die Römer das Jahr am 1. März nach Julianischem Kalender begann. Und warum sollte man eine funktionierende Tradition ändern – nur weil irgendwer kürzlich im 16. Jahrhundert ein anderes Kalendersystem eingeführt hat? Neumodischer Schnickschnack.

Steuern machen ist ja eh schon ein großer Spaß – das weiß jeder –, also sind zwei Steuererklärungen (eine deutsche und eine englische) fürs gleiche Jahr natürlich doppelt so toll. Aber es ist ja nur zu zwei Dritteln das gleiche Jahr. Uff, ich dachte schon, mir wird langweilig dabei.

Ich kann nicht glauben, dass ich der einzige Deutsche bin, der in England wohnt und dort (ohne Entsendung) für eine deutsche Firma arbeitet. Aber falls jemals jemand irgendwas über seine Erfahrungen damit im Internet geschrieben hat – ich hab’s nicht gefunden. Darum, für die Nachwelt: Mein Postmortem der beiden Steuererklärungen, die ich in den letzten Tagen erstellt und eingereicht habe. (Vorbehalt: Ich bin kein Steuerberater, und ich habe noch kein Feedback von den beiden Steuerbehörden. Sobald ich was erfahre, werde ich diesen Artikel aktualisieren.)

Update: Fast ein dreiviertel Jahr später habe ich endlich alles Feedback erhalten, was ich wahrscheinlich je dazu bekommen werde.

Steuern bezahlt man in England bei HMRC – „Her Majesty’s Revenue & Customs“, also das Finanz- und Zollwesen ihrer Majestät. Wer eine Steuererklärung machen will (haha!):

  1. erstellt online ein Benutzerkonto bei HMRC,
  2. bekommt nach ein paar Wochen einen Brief mit der „unique taxpayer reference“ (UTR, sowas wie die deutsche Steuer-Identifikationsnummer) zugeschickt,
  3. kann unter Angabe der UTR online Zugang zur Online-Steuererklärung beantragen und
  4. bekommt nach ein paar Tagen eine Freischaltung dafür (und einen weiteren Brief zur Bestätigung).

Man kann seine englische Steuererklärung in den meisten Fällen offenbar komplett online im Webbrowser machen. Für kompliziertere Fälle (wie meinen) braucht man eine separate Software. Es gibt einen Haufen verschiedener Software-Alternativen – ich habe mir TaxCalc zugelegt, weil das in verschiedenen Foren empfohlen wurde. Es ist weniger ausgefeilt als das deutsche ElsterFormular, aber es erfüllt seinen Zweck.

Was ich bin:

  • Deutscher. (Das spielt so gut wie keine Rolle, wie sich herausstellt.)
  • Seit Mai letzten Jahres in England ansässig („resident“) – zuvor in Deutschland. Das ist in beiden Ländern mitten im Steuerjahr.
  • Nicht-selbständig angestellt bei einer Firma mit Sitz in Deutschland.
  • Ungeachtet dessen: in England tätig. (Das hat mir einiges Kopfzerbrechen bereitet. Meine Arbeit besteht darin, über ein langes Kabel Bits auf den Servern meines Arbeitgebers in Deutschland umzukippen. Aber die Arbeit, für die ich bezahlt werde, besteht ja darin, zu entscheiden, welche Bits, und in welche Richtung, und die findet vor meinem Computer in England statt – also arbeite ich in England.)

Was ich fürs letzte Steuerjahr bei der Steuer angeben muss:

Welches Land meine Steuern bekommt

Wann ich in Deutschland gelebt habe (und dort Steuern zu zahlen hatte) und wann in England (dito). Steuerpflichtig ist man in der Regel immer dort, wo man ansässig ist.

Deutsche Steuererklärung

Für Deutschland habe ich die Eckdaten meiner Ansässigkeit in Deutschland im aktuellen Steuerjahr im Hauptvordruck unter „Angaben bei zeitweiser unbeschränkter Steuerpflicht“ angegeben (Hauptvordruck, Zeile 96).

Dazu gehört dann auch noch eine Angabe meines Brutto-Gehalts für den Rest des Steuerjahrs, in dem ich nicht in Deutschland steuerpflichtig war (Zeile 98, siehe unten). Warum? Weil mein Steuersatz für das, was ich versteuern muss, anhand meiner ‚Leistungsfähigkeit‚ bewertet wird (der so genannte Progressionsvorbehalt), und die bemisst sich an meinem Einkommen übers ganze Jahr. Yay.

Sowohl der Herr aus dem Lohnbüro meines Arbeitgebers als auch die Dame bei der Hotline des deutschen Finanzamts meinten, ich sollte statt dessen Anlage N-AUS ausfüllen und dabei „Deutschland“ als das fragliche „Ausland“ deklarieren (und mein „Wohnsitz im Inland“ sollte meine Adresse in England sein). Das klang ja erstmal nicht komplett unplausibel (zumal mir zwei separate, kompetente Leute das gesagt hatten!), aber im Detail fiel’s dann leider auseinander: Erstens ticken deutsche Behörden meiner bisherigen Erfahrung nach grundsätzlich so, dass „Ausland“ ausnahmslos Nicht-Deutschland bedeutet (und „Inland“ entsprechend immer Deutschland), und zweitens erfordern die Angaben in Anlage N-AUS, dass man die Tätigkeit „im Ausland ausgeübt“ hat – und wenn das angegebene Ausland Deutschland sein soll, macht das keinen Sinn; siehe oben.

Englische Steuererklärung

Für England habe ich in Bogen „Residence“ (SA109) „split year treatment“ (Trennung des Steuerjahrs in zwei Teile) beantragt (Box 3). In Box 6 kann man dann das Stichdatum für die Trennung der beiden Teile angeben.

Die englische Steuer definiert verschiedene Szenarien, die für so eine Handhabung zutreffen können – bei mir diese beiden:

  • dass ich Vollzeitbeschäftigung in England begonnen („starting full-time work in the UK“) und
  • dass ich meinen einzigen Wohnsitz nach England verlegt hatte („starting to have a home in the UK only“).

Nach englischer Auffassung ist man, was die Steuer betrifft, immer das komplette Steuerjahr lang ansässig („resident“) oder eben nicht. Gegebenenfalls kann man auch noch in einem weiteren Land (bei mir: Deutschland) ansässig gewesen sein, und dann kommt es auf das jeweilige Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) an, welches Land mehr Recht auf die Steuern hat und welches sie erlässt.

Der Bogen „Residence“ fragt danach, ob ich im fraglichen Steuerjahr auch im Ausland einen Wohnsitz hatte – und zwar, laut der Hinweise zu diesem Formular, egal wann und egal wie lang. Hatte ich natürlich (den ersten Monat des englischen Steuerjahrs, vor meinem Umzug nach England), also habe ich Box 9 angekreuzt. In Box 10 musste ich dann angeben, wieviele Tage ich in diesem Steuerjahr in England anwesend war.

Neben dem Bogen „Residence“ habe ich dann noch das Formular im Hilfsblatt „Dual residents“ (HS302) ausgefüllt, in dem ich – aus englischer Sicht – angeben muss,

  • wann ich genau im Ausland (Deutschland) gelebt hatte,
  • wie ich meine Behauptung begründe, dort ‚ansässig‘ gewesen zu sein (hatte ich da Freunde? Familie? einen Job? meinen Lebensmittelpunkt?), und
  • welche Einnahmen ich dort hatte, die in England nach DBA nicht versteuert werden sollen. Da sollte ich dann auch angeben, gemäß welchen Artikels des DBA ich glaube, dass mein Gehalt im April nicht in England zu versteuern ist. Ich habe mich durch das DBA zwischen Deutschland und UK gewurschtelt und geschlussfolgert, dass das wohl Artikel 14.1 („Income from employment“) sein muss.

Gehalt

Mein Einkommen aus unselbständiger Arbeit. Um es ein bisschen komplizierter zu machen, geht von meinem Brutto-Gehalt ein Beitrag zu einer betrieblichen Altersvorsorge ab, auf den ich keine Einkommensteuer zu zahlen habe.

Deutsche Steuererklärung

Für Deutschland habe ich zwei Lohnsteuerbescheinigungen bekommen: eine für den Zeitraum bis zu meinem Umzug nach England, und eine Pro-forma-Bescheinigung für den Zeitraum danach, auf der außer dem Zeitraum und ein paar Metadaten nichts steht. (Das deutsche Finanzamt hatte meinem Arbeitgeber im Vorfeld schon eine Bescheinigung ausgestellt, dass mein Gehalt ab dem Zeitpunkt meines Umzugs nach England „nicht dem Steuerabzug“ unterliegt.)

Die Lohnsteuerbescheinigung für den Zeitraum bis zu meinem Umzug habe ich wie üblich einfach genau so ins Steuerformular übertragen, wie sie mir vorlag.

Für die übrige Zeit habe ich mir meine monatlichen Gehaltsabrechnungszettel genommen und mein Brutto-Gehalt minus betriebliche Altersvorsorge – also mein „Steuer-Brutto“ – zusammen gerechnet. Das Ergebnis habe ich unter „Ausländische Einkünfte, die […] nicht der deutschen Einkommensteuer unterlegen haben“ (Hauptvordruck, Zeile 98) eingetragen. (Die Excel-Tabelle und Kopien der fraglichen Gehaltszettel habe ich als Belege mit eingereicht.)

Englische Steuererklärung

Für England hätte ich Formulare „P45“ oder „P60“ gebraucht – das englische Äquivalent der deutschen Lohnsteuerbescheinigung. Habe ich natürlich nicht; also habe ich auch da mein „Steuer-Brutto“ anhand meiner Gehaltszettel (von Mai bis März, denn im April war ich ja noch in Deutschland steuerpflichtig) zusammen gerechnet und in Bogen „Employment“ (SA102) eingetragen.

Mein Gehalt ist zwar streng genommen auch eine Einnahme aus einer ausländischen Quelle, aber die Hinweise zu Bogen „Foreign“ (SA106) stellen klar, dass man es nichtsdestotrotz im Bogen „Employment“ eintragen soll.

Ich habe einige Zeit gegrübelt, ob ich meine betriebliche Altersvorsorge („workplace pension“) von meinem englischen „Steuer-Brutto“ abziehen darf oder nicht. Letztendlich habe ich bei HMRC Informationen zu nicht-staatlichen Altersvorsorgebeiträgen gefunden, die sich ausdrücklich auch auf „workplace pensions“ beziehen und Steuerfreibeträge („allowances“) nennen, die ich deutlich unterschreite, also habe ich die Beiträge vom Brutto abgezogen und versucht, das einigermaßen nachvollziehbar in der Excel-Tabelle darzustellen, die ich als Beleg mitliefere.

Mein Gehalt ist natürlich in Euro, aber die englische Steuer will es in Pfund Sterling angegeben haben. Zur Umrechnung stellt HMRC monatliche Tabellen mit Wechselkursen zur Verfügung – die Eurokurse dort habe ich verwendet, um mein Gehalt monatsweise umzurechnen.

Zinsen und Dividenden

Ein paar Euros an Zinsen und Dividenden, die ich übers Jahr hinweg bekommen hatte.

Deutsche Steuererklärung

Deutschland nennt das Kapitalertragsteuer und umfasst unter dem gleichen Begriff auch Kursgewinne beim Verkauf von Wertpapieren, nicht nur Zinsen und Dividenden. Die Kapitalertragsteuer wird im Allgemeinen schon von der Bank vor Auszahlung abgeführt (also als Quellensteuer – genauer: als Abgeltungssteuer).

Im Allgemeinen muss man Zinsen und Dividenden daher nicht bei der Steuer angeben – nicht immer zum eigenen Vorteil, denn es gibt einen Freibetrag in Höhe von 801€ pro alleinstehender Person (oder dem Doppelten für Eheleute, die gemeinsam ihre Steuer erklären): den Sparer-Pauschbetrag. Für Kapitalerträge (Zinsen, Dividenden usw.) bis zu dieser Höhe muss man keine Kapitalertragsteuer zahlen. „Aber die wird doch schon von der Bank als Quellen-/Abgeltungssteuer abgeführt!“ – stimmt, und dem kann man entweder im Voraus durch einen Freistellungsauftrag an die Bank entgegen wirken, oder man gibt im Nachhinein alle Kapitalerträge bei der Einkommensteuererklärung an und bekommt die zuviel gezahlte Kapitalertragsteuer auf die fällige Steuer verrechnet.

Da ich meinen Sparer-Pauschbetrag letztes Jahr nicht ausgeschöpft hatte, habe ich alle (!) meiner Kapitalerträge in Anlage KAP erfasst.

Englische Steuererklärung

England sieht Zinsen und Dividenden in erster Linie als Einkommen wie jedes andere auch und versteuert sie demgemäß; es gibt keinen Freibetrag. Kursgewinne aus dem Verkauf von Wertpapieren dagegen unterliegen der Capital Gains Tax. (Da ich keine Wertpapiere verkauft habe, interessiert mich das nicht weiter.)

Meine Zins- und Dividendeneinnahmen sind aus englischer Sicht natürlich ausländisch, also habe ich sie auf dem Bogen „Foreign“ (SA106) unter „income from overseas sources“ (merke: Was nicht auf der Insel ist, ist Übersee!) eingetragen (nach Umrechnung in Pfund Sterling wie oben beim Gehalt). Die Steuerbescheinigung samt Erträgnisaufstellung meiner deutschen Bank war dabei nützlich, denn da stand schon alles, was ich brauchte, im Detail drauf.

Spenden

Ein paar übers Jahr verteilte Spenden an gemeinnützige Organisationen (z.B. die Wikimedia Foundation).

Deutsche Steuererklärung

In Deutschland sind solche Spenden steuerbefreit. Wenn man sie bei der Einkommensteuer angibt, muss man für den gespendeten Betrag keine Steuer bezahlen (bzw. bekommt sie zurück erstattet, wenn man sie schon vom Lohn abgezogen bekommen hatte).

Spenden kommen als „Sonderausgaben“ auf Seite 2 des Hauptvordrucks (Zeile 45). Als Beleg reicht meistens (für Spenden bis zu 200€) die Überweisung auf dem Kontoauszug. Erfasst habe ich nur die, die in den Zeitraum fielen, in dem ich in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig war.

Englische Steuererklärung

In England sind sie auch steuerbefreit, aber ganz anders – die Steuern werden nicht dem Steuerzahler erstattet, sondern der gemeinnützigen Organisation.

Erst wenn man ein gewisses Einkommen überschreitet und in die höhere Steuerrate – die „higher rate“ – rutscht, kann man die Differenz zwischen normaler und höherer Rate erstattet bekommen, denn die gemeinnützige Organisation bekommt immer nur die normale Steuerrate („basic rate“) ausgezahlt.

Das Ganze nennt sich Gift Aid und funktioniert natürlich nur mit gemeinnützigen Organisationen, die in England registriert sind. Ich habe nichts gefunden, wo ich Spenden deklarieren könnte, die nicht an Gift Aid teilnehmen. Schade.

Und zu guter Letzt …

Und am Ende muss die Steuererklärung samt der Belege irgendwie zum Finanzamt.

Deutsche Steuererklärung

Das Finanzamt in Deutschland will selbst dann, wenn man den Rest digital unterschreiben und einreichen könnte (mit einem „Zertifikat zur elektronischen Übermittlung“), alle möglichen Belege auf Papier und/oder im Original.

Ich hab’s daher schon vor Jahren aufgegeben, mir den Umstand mit dem digitalen Elster-Zertifikat zu machen. ElsterFormular überträgt die Daten ans Finanzamt, und dann drucke ich die so genannte „komprimierte Steuererklärung“ auf tote Bäume, unterschreibe sie, lege meine Belege bei, ein Anschreiben drauf, und dann geht das Ganze per Post nach Deutschland.

Ach ja: Der Hauptvordruck fragt, ob man „auf Dauer angelegte Geschäftsbeziehungen zu Finanzinstituten im Ausland“ (Zeile 109) habe. Das hatte ich letztes Jahr schon mal in aller Naivität mit „ja“ beantwortet – ich habe ein Girokonto hier in England – und daraufhin die misstrauische Nachfrage des Finanzamts erhalten, doch bitte genauer zu spezifizieren, was für Geschäftsbeziehungen denn das seien. Wenigstens ließ sich das dann durch einen kurzen Anruf klären. Dieses Mal habe ich wieder „ja“ angekreuzt, aber im Anschreiben erläutert, was gemeint ist.

Englische Steuererklärung

Das Finanzamt in England nimmt die Steuererklärung samt aller (als PDF eingescannter) Belege ohne Unterschrift komplett online entgegen. Nicht übel.

Steuermann ahoy