Eurosterling

[Mych] Wenn Euros von Deutschland nach Übersee reisen, werden sie kleiner.

Das geschieht ganz besonders dann, wenn eine Bank die Reise organisiert. Und im Gegensatz zu Judiths Gehalt fällt meins auch weiterhin in Deutschland an, aber brauchen tu ich’s natürlich in England. (Sonst wäre ja auch das schöne neue Konto bei der Lloyds ganz traurig.)

Seit Anfang Februar dieses Jahres kann man endlich per SEPA-Überweisung genauso kostenfrei Euros ins europäische Ausland überweisen wie im Inland. Das ist eine tolle Sache, aber da die Briten so sehr an ihren Pound Sterling hängen, nutzt sie mir kaum was: Irgendwo muss das Geld von Euros in Pfunde gewechselt werden.

Ich will diesen Prozess möglichst schmerz- und verlustarm gestalten — immerhin geht’s hier um mehrere Jahresgehälter; da lohnt sich ein bisschen Optimierungsaufwand. Zur Debatte stehen die folgenden Alternativen:

  1. SWIFT-Überweisung (die gute, alte, teure Auslandsüberweisung) in Britischen Pfund von der Deutschen Bank an Lloyds (denn eine SEPA-Überweisung geht per Definition nur in Euro). Den Geldwechsel übernimmt die Deutsche Bank.
  2. SEPA-Überweisung (in Euro) von der Deutschen Bank an Lloyds. Den Geldwechsel übernimmt Lloyds.
  3. Verwendung eines auf internationale Geldtransfers spezialisierten Drittanbieters wie TransferWise oder CurrencyFair.

Und so sieht’s aus:

Die Deutsche Bank mag nicht billig sein, aber sie hat hervorragende Dokumentation ihrer Preise. Im aktuellen Preis- und Leistungsverzeichnis gibt es auf Seite 7 eine Tabelle mit dem Titel „Zahlungsauftrag im Außenwirtschaftsverkehr“, und da steht kurz und knackig, was eine SWIFT-Überweisung kostet: 0,175% des Gesamtbetrags (aber mindestens 12,50€) plus ein Fixbetrag von 26,55€. Unter 39,05€ pro Überweisung kommt man da also nicht weg.

Ich wünschte, die Dokumentation der Lloyds wäre genauso gut wie die der Deutschen Bank. Nachdem ich mir einen Abend lang ’nen Ast gesucht hatte, ohne dabei mehr als ein paar eigentlich eher unpassende, verstreute Gebührenangaben zu ähnlichen, aber nicht wirklich der gleichen Sorte von Transaktion gefunden zu haben, gab ich auf und entschloss mich, einfach mal nachzufragen.

Aber man kann der Lloyds nicht einfach eine E-Mail schicken. No, Sir. E-Mails sind wie Web 1.0 und außerdem reicht die Aufmerksamkeitsspanne der meisten Leute eh kaum von einem Satz zum nächsten. Also kann man entweder anrufen — womit ich mir mit einem mehr oder weniger komplizierten geschäftlichen Anliegen angesichts meiner fehlenden Routine mit Englisch sprechen (und Engländer verstehen) noch ein bisschen schwer tue –, oder man kann twittern. Welche Frage könnte man wohl schon einer Bank stellen wollen, die nicht locker in 125 Zeichen Text passt?

Aus irgendeinem Grund besitze ich sogar tatsächlich ein Twitter-Konto. Also grub ich das Passwort aus, fing mir mit meinem erstmaligen Login seit Monaten gleich eine hyperenthusiastische „Willkommen zurück!“-Mail von Twitter.com ein, und twitterte los:

[tweet https://twitter.com/MBuschbeck/status/435386544644300801 align=’center‘]

Man würdige, dass dieser Tweet das Ergebnis von einigen Minuten Herumfeilerei ist, um meine eigentliche Frage auf Twitterkompatibilität herunterzudampfen. (Er ist auch genau 140 Zeichen lang. Darauf habe ich es nicht angelegt, aber es ist bezeichnend.)

Immerhin dauerte es nicht lang, bis der Lloyds-Support zurückzwitscherte:

[tweet https://twitter.com/AskLloydsBank/status/435393487853191168 align=’center‘ hide_thread=’true‘]

[tweet https://twitter.com/AskLloydsBank/status/435393757379174400 align=’center‘ hide_thread=’true‘]

Tja, also, dann also doch eine Telefonnummer. Immerhin eine (in England) gebührenfreie, die ich allerdings nicht so einfach von Deutschland aus anrufen kann — oder doch, wie mir dann einfiel: Gebührenfreie UK-Rufnummern kann man mit Skype tatsächlich ohne Weiteres auch von Deutschland aus anrufen. Tolles Feature. Also rief ich an.

Die nette Dame am anderen Ende nahm meine vorgebrachte Frage (praktisch wortlautidentisch mit dem obigen Tweet, nur mit noch ein paar Füllwörtern fürs Höflichsein) freundlich entgegen und gab mir erstmal einen aktuellen, konkreten Wechselkurs fürs Konvertieren eines konkreten Euro-Betrags nach Pfund. Als ich nachhakte, wie sich denn dieser Kurs berechne und was für Gebühren denn eventuell noch so anfielen, fiel die Dame erstmal in geschäftiges Schweigen — ihr leises Tastaturgeklapper im Hintergrund, alle paar Minuten unterbrochen von einer zunehmend umfangreicheren Entschuldigung dafür, dass das so lange dauere, denn offenbar fand sie die entsprechende Gebührenordnung auch nicht.

Während ich wartete, verglich ich den von ihr genannten Wechselkurs von gerade eben mit dem, den Google mir ausspuckte, warf die beiden ungleichen Werte in den Taschenrechner und fand heraus, dass der Lloyds-Kurs knapp 3% schlechter für mich ist als das, was Google sagt. Eine definitive Aussage wäre mir ja lieber gewesen, aber letzten Endes unterbrach ich die wohlgemeinte, endlose Suche der netten Dame am Telefon mit der Frage, ob sie das wohl auch für plausibel hielte, und da stimmte sie mir dann ein bisschen hilflos zu.

Also ist die beste Aussage, die ich zu den Wechselgebühren bei Lloyds treffen kann: offenbar sowas wie knapp 3% Provision für den Devisenwechsel, und darüber hinaus vielleicht noch ein Fixbetrag von £7 fürs Entgegennehmen einer Überweisung aus dem Ausland. Je nach Gesamtbetrag mehr oder weniger gut als die SWIFT-Überweisung mit der Deutschen Bank — ab knapp über 1000€ hat die SWIFT-Überweisung die Nase vorn.

Es bleiben: die Drittanbieter. Weil Währungstausch bei Banken ganz offensichtlich eine breite Marktlücke für preisgünstigere Anbieter lässt, haben sich in dieser speziellen Lücke eine ganze Reihe solcher versammelt. Judith hatte schon vor ihrem Umzug TransferWise gefunden, und ich habe später noch CurrencyFair aufgetan.

Beide Dienste arbeiten nach dem gleichen Prinzip: Sie wechseln einfach gar kein Geld, sondern bringen im großen Stil Euro-zu-Pfund-Überweiser mit Pfund-zu-Euro-Überweisern zusammen. Wenn ich 1000€ nach England überweisen will und jemand zur gleichen Zeit den entsprechenden Pfund-Betrag in Euro nach Deutschland (oder sonstwohin im Europäischen Wirtschaftsraum), dann tauschen wir einfach, und niemand muss Wechselgebühren zahlen.

Die durchs Nicht-Wechseln gesparten Gebühren wollen dann natürlich die Anbieter solcher Dienste haben, aber in deutlich geringerem Maße:

  • TransferWise will pauschal 0,5% des Gesamtbetrags und bietet dafür einen vollautomatischen Service, bei dem man eine Überweisung in fünf Minuten erledigt haben kann. (Bis das Geld beim Empfänger ist, dauert’s natürlich trotzdem ein paar Tage, aber das ist den leider normalen Überweisungsdauern zwischen den Banken geschuldet.)
  • CurrencyFair versteht sich als „Marktplatz“ für Transaktionen wie die oben beschriebene und erfordert auch im einfachsten Fall deutlich mehr Mikromanagement seitens des Benutzers: Erst muss der Kunde Geld in der Ursprungswährung auf sein persönliches CurrencyFair-Konto überweisen (und warten, bis es da ist); dann wechselt er das Geld auf dem „Marktplatz“ in die Zielwährung; dann kann er das gewechselte Geld auf das Zielkonto überweisen. Der Vorteil ist, dass man den Wechselkurs kontrollieren kann — schlimmstenfalls muss man halt warten, bis jemand zu diesem Kurs in die andere Richtung zu wechseln bereit ist; aber dafür ist man deutlich länger mit diesem ganzen Akt beschäftigt.

Wer mir was Nettes tun will, kann auf diesen Link hier klicken, sich darüber bei TransferWise registrieren und eine kostenlose Auslandsüberweisung durchführen — für jeweils drei derart durchgeführter kostenloser Erstüberweisungen von Neukunden, die ich TransferWise verschafft habe, bekomme ich £50. Davon kann ich dann mit Judith schön essen gehen.

Ach ja, die versprochene Schote

Aus regulatorischen Gründen und wegen des Geldwäschegesetzes verlangen sowohl TransferWise als auch CurrencyFair, dass man sich ausweist, bevor man beginnt, nennenswerte Geldbeträge über ihre jeweiligen Dienste in der Welt herumzuschaufeln. CurrencyFair fordert dazu (im Gegensatz zu TransferWise) schon direkt nach der Registrierung auf. Dagegen habe ich nichts einzuwenden, also lade ich einen Scan meines deutschen Personalausweises hoch: Vorder- und Rückseite.

Einen knappen Tag später bekomme ich eine E-Mail vom CurrencyFair-Support: Man danke mir für diesen Identitätsnachweis, aber ich möge zur Vervollständigung meiner Registrierung doch bitte auch noch einen Adressnachweis hochladen.

Uhh, was? „Meine Adresse steht hinten auf dem Personalausweis. Offizieller geht’s bei uns nicht“, antworte ich.

„Wir benötigen leider unbedingt zwei separate Dokumente: eins als Identitäts- und eins als Adressnachweis. Laden Sie einfach einen Scan Ihres Reisepasses hoch.“

„Mein Reisepass nennt meine Adresse gar nicht. Ich habe Ihnen daher statt dessen einen Scan eines aktuellen Melderegisterauszugs [den ich vor wenigen Wochen mal auf Vorrat vom Bürgeramt geholt hatte] hochgeladen. Auch das ist ein offizielles Dokument hier in Deutschland, das ausdrücklich und spezifisch dem Zweck eines Adressnachweises dient.“

„Tut uns Leid, sowas können wir nicht als Adressnachweis akzeptieren. Bitte laden Sie einen Scan Ihres Reisepasses hoch.“

Aber mein Reisepass sagt gar nichts über meine A– — — ach, WTF. „Hier ist mein Reisepass.“

„Danke! Ihre Registrierung ist jetzt vollständig.“

Yay.

Eurosterling

2 Gedanken zu „Eurosterling

  1. Sten schreibt:

    Hi, ich hätte auch noch eine Idee für den günstigen Geldtransfer. Mit den meisten Kreditkarten kann man heutzutage kostenlos weltweit Geld abheben. Diese würde ich dann einfach wieder in bar einzahlen, und fertig!

    1. Das ist keine üble Idee, und tatsächlich würde sowas Ähnliches auch mit der Maestro-Funktion meiner Deutsche-Bank-Karte bei Barclays-Geldautomaten gehen. (Das hab ich die letzten beiden Besuche für Bargeldabhebungen verwendet und es sind zu meiner Überraschung tatsächlich keine Wechsel- oder sonstigen Gebühren angefallen.) Meine Deutsche-Bank-MasterCard dagegen berechnet mir für jeden „Auslandseinsatz“ einen Fixbetrag von (mindestens?) 1,50€.

      Die Frage ist, ob es mir die paar dank TransferWise/CurrencyFair dann doch recht wenigen zu sparenden Euro im Monat wert ist, mir den Gang zum Geldautomaten mit darauffolgendem physischem Transfer eines gehörigen Batzens Bargeld zur (nahe gelegenen) Lloyds-Filiale zu ersparen. Das ist eine durchaus ernsthafte Frage, die ich mir da selbst stellen muss — da ich in England ja den größten Teil des Tages zu Hause verbringen werde, weil ich von dort aus arbeite, bin ich vielleicht ganz froh um jeden Anlass dafür, mal ’nen Fuß vor die Tür zu setzen.

      Also, danke für die Idee. 🙂 Ich werde sie im Kopf behalten.

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