Steuermann alaaf

[Mych] Was bisher geschah:

Anfang Juni 2015 bringe ich endlich den nötigen Enthusiasmus auf, um mich an meine beiden Steuererklärungen für 2014 zu setzen – eine für vier Monate des Steuerjahrs in Deutschland, und eine für die restlichen acht Monate elf Monate und sechs Tage des Steuerjahrs in England.

Heute ist Mitte Februar 2016, und heute wurde mir mein vorläufig finaler Einkommensteuerbescheid vom Finanzamt Frankfurt für 2014 durch die Haustür geschoben. Uff. Was lange währt, und so.

Dinge, die ich gelernt habe:

England

In England schaut sich niemand meine Steuererklärung an.

– nein, das kam nicht so rüber, wie es sich angefühlt hat, als ich es endlich kapiert habe; als sich dieser Sachverhalt sich endlich durch die vielen Schichten des mir in Deutschland ankultivierten Vertrauens in die Tiefe, Breite und Umfänglichkeit der Bürokratie als solcher, als Konzept, als von Völkern und Nationen unabhängiger Idee, gekämpft hatte, und wirklich bei mir angekommen war. Ich versuch’s nochmal.

In England schaut sich niemand meine Steuererklärung an. Ich muss ein kommerzielles Programm benutzen, um sie zu erstellen – wäre meine Steuersituation ein bisschen regulärer, dann könnte ich sogar ein Webformular der Steuerbehörde Ihrer Majestät benutzen. Mein Programm sagt mir (schon im Juni 2015), wieviel Steuer ich schuldig sein werde (und wann), und lädt meine Erklärung samt Anlagen hoch.

Und das war’s.

Da wird kein Steuerbescheid kommen. Kein Mensch wird jemals darauf gucken, was ich da ausgefüllt und ausgerechnet und belegt habe. (Es sei denn, dass ich die Lotterie um die paar Tax Audits gewinne, die stichprobenartig nach Zufallsprinzip jedes Jahr durchgeführt werden.) Ich bin ein bisschen erzürnt und fühle mich ein bisschen betrogen. Dafür habe ich mir die ganze Mühe gemacht? Damit ein Computer meine Excel-Tabellen-PDFs summarisch ignorieren kann? Dafür habe ich in meinem Herzen gesucht, wie mein Job und meine Wohnung und meine Freunde und Verwandten in Deutschland für eine nachvollziehbare Begründung dafür herhalten können, dass ich wirklich im April 2014 noch in Deutschland „ansässig“ war? Grrr.

Was tatsächlich kommt, ist – Anfang Dezember 2015 – eine (vermutlich vollautomatisch erstellte und verschickte) Rechnung über meine Steuer fürs Steuerjahr 2014/15 sowie die daraus berechnete Vorauszahlung fürs nächste Steuerjahr (die Hälfte davon fällig zusammen mit der Steuer fürs Vorjahr) – bis auf den Penny genau der Betrag, den das Steuerprogramm berechnet hatte. Fällig Ende Januar 2016. Da ich das Geld so lange wie möglich noch auf dem Sparkonto liegen lassen will, um die null-Komma-irgendwas Prozent an Zinsen später mal für eine große Portion Popcorn im Kino auf den Kopf hauen zu können, bekomme ich bis Ende Januar dann noch zwei SMS mit Erinnerungen an die baldige Fälligkeit, bevor ich den Gesamtbetrag in der letzten Januarwoche endlich fristgerecht überweise.

Und das war’s. Mehr wird da nicht mehr kommen. Ich werde (wahrscheinlich) nie erfahren, ob ich meine englische Steuererklärung richtig gemacht habe. Computer says Yes. Das muss reichen.

Deutschland

In Deutschland, auf der anderen Seite, läuft alles seinen gewohnten Gang – abgesehen davon, dass ich bis Ende November nichts vom deutschen Finanzamt gehört hatte, und soo kompliziert ist meine zugegebenermaßen nicht komplett reguläre Steuersituation 2014 nun doch nicht gewesen, dass meine Steuererklärung zu dem einen vom Finanzamt angestellten Fachmann in ganz Deutschland geleitet werden müsste, der sich um die Besonderen Fälle kümmern muss.

Also rufe ich an – Ende November. Und erfahre, dass mein Steuerbescheid in der Warteschleife feststeckt, weil man darauf warte, dass ich eine Antwort auf eine vor Monaten gestellte Rückfrage gäbe. Die Rückfrage war per Briefpost nach „Coventry CVX 8JB“ geschickt worden. Das ist blöderweise nicht unsere tatsächliche Postleitzahl, sondern ein paar Straßen weiter, und obwohl Royal Mail offenbar an guten Tagen in der Lage ist, Briefe zuzustellen, auch wenn sie nur nach „England“ adressiert sind, wurde der an mich gerichtete Brief mit der vertippfehlerten Postleitzahl offenbar irgendwo in einen großen Schredder für nichtzustellbare Post geworfen – oder vielleicht einer (nachvollziehbarerweise) verwirrten englischen Person in den Briefschlitz, die sich jetzt fragt, was um alles in der Welt das deutsche Finanzamt von ihr will und ob sie wohl jemals wieder nach Deutschland einreisen kann.

… was mich, abgesehen von allem anderen, zum Grübeln bringt, durch welchen Prozess wohl ein Tippfehler in meine Adresse gelangen konnte. Denn auf dem elektronischen Mantelbogen der von mir eingereichten Steuererklärung ist die Postleitzahl natürlich richtig. Die falsche Postleitzahl ist aber phonetisch nahe genug an der richtigen, dass ich mir vorstellen könnte, dass irgendwer im Finanzamt sie quer über den Schreibtisch jemand anderem zugerufen hat und dabei falsch verstanden wurde. Hmm. Mein erster in England empfangener Steuerbescheid (für 2013) war handschriftlich im Adressfenster adressiert worden. Hmm.

Wie dem auch sei – nachgefragt worden war, wo denn meine „ausländischen Einkünfte“ belegt wären. Meine „ausländischen Einkünfte“ allerdings sind, wohlgemerkt, mein Gehalt von meiner deutschen Firma. Ich arbeite ja in England. (Meine Arbeit besteht darin, darüber nachzudenken, welche Tasten ich in welcher Reihenfolge drücken muss, damit die Kunden meines Arbeitgebers willens sind, Geld dafür auszugeben.) England ist „Ausland“. Meine „ausländischen Einkünfte“ sind mein Einkommen aus meiner Arbeit in England für meinen deutschen Arbeitgeber.

Das erkläre ich der Dame vom deutschen Finanzamt am Telefon, und das nimmt sie ohne Widerspruch hin. (Kopien meiner deutschen Gehaltsabrechnungsbögen hatte ich schon beigelegt gehabt.) Soweit, so gut. Offenbar habe ich mir das richtig ausgedacht. Yay!

Zwei Wochen später bekomme ich meine Originalbelege per Post vom deutschen Finanzamt zurück. (Ironischerweise mit dem kategorischen Hinweis, ich möge doch bitte von telefonischen Nachfragen absehen, um den „zügigen Arbeitsablauf“ nicht zu gefährden. Haha. Das hatte zuletzt ja hervorragend geklappt.)

Mitte Dezember bekomme ich dann, endlich, meinen Steuerbescheid aus Deutschland. Ich bekomme ein bisschen Steuer zurückgezahlt, allerdings nur ein Bruchteil von dem, was mir ElsterFormular berechnet hatte. Das will ich nicht einfach so hinnehmen, und verstehen tu ich’s nach Lektüre der opaken Textmauer im Steuerbescheid auch nicht, also rufe ich mal beim Finanzamt an. Wieder mal.

Die Dame am Telefon – nicht die, die meinen Bescheid bearbeitet hatte, aber immerhin eine Fachfrau – bestätigt mir meine Vermutung über das, was passiert ist: Meine als „haushaltsnahe Dienstleistung“ eingereichte Umzugsrechnung von Frankfurt nach Coventry (in Höhe von immerhin fast anderthalb tausend Euro) wurde als „Werbungskosten“ uminterpretiert und ist somit in meiner ansonsten abgesehen von ein paar Kilometern „Fahrt zu Arbeit“ fast ungenutzten Werbungskostenpauschale so gut wie untergegangen.

Nur … das ist falsch. Umzugskosten sind Werbungskosten, wenn ich den Umzug um meiner Arbeit willen durchführe. Aber meinen Umzug habe ich um Judiths Arbeit willen durchgeführt.

Also: Brief geschrieben, Einspruch erhoben, Speditionsbeleg nochmal beigelegt. Kaum einen Monat später – heute nämlich – bekomme ich einen geänderten Einkommensteuerbescheid mit ein paar hundert Euro Differenz an Steuerrückzahlung zu meinen Gunsten. Womit auch das sein gutes Ende gefunden hat. Was lange währt, und so.

tl;dr

Ich habe offenbar alles richtig gemacht. Oder zumindest nachvollziehbar plausibel genug, dass es akzeptiert wurde. Wobei ich das bei der englischen Finanzbehörde mit abschließender Sicherheit höchstens – und frühestens – dann mit abschließender Sicherheit sagen können werde, wenn tatsächlich irgendwann mal ein Mensch auf meine Steuererklärung schaut. Was, vermutlich, nie passieren wird.

Immerhin habe ich das deutsche Finanzamt zufrieden gestellt, und das ist ja auch schon irgendwie eine Leistung.

Steuermann alaaf

Wo geht es hier zum Arzt?

[Maus] Die Engländer geben sich größte Mühe mit mir – vor allem beim Arzt.

Gesehen habe ich allerdings erst einen einzigen. Tatsächlich handelte es sich um eine junge Ärztin, die wahrscheinlich gerade eben erst mit ihrem Studium fertig geworden war: Sie schlug während meines Besuches ein dickes Buch auf und blätterte hin und her; und weil sie das, was sie suchte, nicht finden konnte, befragte sie auch noch das Internet.

Da fragt sich mancher Leser sicher, was ich wohl Sonderbares hatte. Die junge Ärztin hatte meinen Blutdruck gemessen und festgestellt, dass dieser zu hoch war. Das Problem daran: Ich war nicht beim Arzt wegen des zu hohen Blutdrucks oder weil ich mich neuerdings sonderbar fühlte, sondern weil ich ein neues Pillenrezept brauchte. Das wiederum wollte sie aber nur unter der Auflage ausstellen, dass ich meinen Blutdruck für 24 Stunden überwachen lasse.

Gesagt, getan. Wenn die mir schon die Pille kostenlos hinterherschmeißen, dann kann ich auch mal so ein 24-Stunden-Blutdruckmessgerät mit mir rumtragen. Dachte ich. Ich frage mich inzwischen ehrlich, wie andere Leute das aushalten. Ich war 24 Stunden im Dauerstress, weil das Ding an meinem Arm jede Stunde den Blutdruck maß. Und dementsprechend schlecht fiel mein Ergebnis aus.

Die folgenden drei Monate musste ich regelmäßig zur Kontrolle zu Marie, einer sogenannten practice nurse, die jedesmal meinen Blutdruck kontrollierte. Und siehe da: Mit jedem Besuch wurde der niedriger. Ihre Diagnose: ausgeprägtes Weißkittelsyndrom.

Seit ich mich in der Arztpraxis angemeldet habe, bekomme ich außerdem regelmäßig Briefe, in denen ich aufgefordert werde, zum cervical screening zu gehen. Das ist eine Krebsvorsorgeuntersuchung, die in Deutschland einmal im Jahr durchgeführt wird. In den Schreiben von der Praxis wird dagegen stolz berichtet, wie wichtig diese Untersuchung ist und das man unbedingt alle drei Jahre zu dieser Untersuchung gehen sollte.

Ich dachte mir, dass es dann ja nicht so dringend sein kann und hoffte, diese Untersuchung nicht hier in England machen lassen zu müssen. Doch dann kam ein neuer Brief, diesmal rot und mit fettgedruckter Aufforderung, entweder zum Screening zu kommen oder das beigefügte Formular zurückzuschicken, in dem ich begründe, warum ich diesen unglaublich wichtigen Termin nicht wahrnehmen möchte. Außerdem wurde ich darauf hingewiesen, dass ich bei Nichterscheinen weiterhin Aufforderungen zugeschickt bekommen würde.

Also gut, mach ich den Spaß halt mit. Frauen in Deutschland gehen für solche Untersuchungen zum Frauenarzt, der natürlich sämtliche gynäkologischen Gerätschaften inklusive gemütlichem Untersuchungsstuhl besitzt. Es ging da immer sehr sachlich zu, meine Fragen wurden alle beantwortet, meine partielle Nacktheit wurde professionell ignoriert.

In Großbritannien ist das ein wenig anders.

Ich vereinbarte einen Termin mit einer der Schwestern, und die erwartete mich in einem kleinen Räumchen mit einem Schreibtisch, zwei Stühlen und einer Liege. Sie befragte mich zu meiner Vorgeschichte und ob ich denn schon jemals eine solche Untersuchung hatte. Nachdem wir ihren Zettel gemeinsam ausgefüllt hatten, führte sie mich zur Liege, zog einen Vorhang zu und erklärte mir, sie habe mir das kleine Papierhandtuch dort hingelegt, damit ich mich zudecken kann.

Beinahe hätte ich laut losgelacht. Die Dame würde in wenigen Sekunden um den Vorhang herumkommen, um meinen privatesten Körperteil zu untersuchen und meint, ich müsste meinen Bauch mit einem Papiertüchlein bedecken. Ich ließ es sein. Als sie mit ihrer Untersuchung fertig war, freute sie sich darüber, wie tiefenentspannt ich gewesen war.

Wie sich wohl Engländerinnen bei dieser Untersuchung verhalten?

Wo geht es hier zum Arzt?

Mein Schredder und ich

[Mych] Sowas wie das hier kann man in England als Identitäts- und/oder Adressnachweis benutzen, wenn man ein neues Konto eröffnen oder eine Wohnung mieten will:

20140611-proof-of-identity-before

… einen Brief von einer mehr oder weniger offiziellen Organisation (Bank, Stromversorger, Versicherung), der an einen adressiert ist. (Anmerkung zum Foto: die Lloyds-Bank gibt’s wirklich; Mr Baridon nicht, soweit ich weiß.)

So etwas wie unser deutscher Personalausweis steht den Leuten hier in England ja nicht zur Verfügung. (Das ist ein selbst gewähltes Schicksal. Es gab vor ein paar Jahren mal Bestrebungen, sowas einzuführen, aber die Idee war unter den Briten dermaßen unpopulär, dass die nächste Regierung sie als eine ihrer ersten parlamentarischen Entscheidungen sofort wieder einstampfte.)

Allerdings werden solche Nachweisdokumente nur in der obigen Form akzeptiert. Wenn man sie wie folgt vorlegt, kommt man damit nicht mehr durch:

20140611-proof-of-identity-shredded

Und da ich in der Tat nicht möchte, dass jemand in meinem Namen ein Konto oder eine Kreditkarte beantragt und meine hierzulande eh schon eher schwach untermauerte Kreditwürdigkeit zerstört, benötigte ich also ein Gerät, das wesentliche Anteile meines Papiermülls von der erst- in die zweitgenannte Form konvertiert: einen Schredder.

Die preisgünstigsten Modelle produzieren Papierstreifen, und zugegebenermaßen reicht das für fast alle praktischen Zwecke vollkommen aus, solange man den Text quer zur Schneidrichtung in das Gerät füttert. Die etwas besseren schnipseln die Streifen auch noch quer, und deren Qualität bemisst sich dann in den Quadratmillimetern bzw. der Anzahl der Konfetti, in die sie ein A4-Blatt zerlegen.

Ich habe eine Schwäche für (eine bestimmte Sorte von) Gadgets. Und während ein Schredder nicht unbedingt ganz oben auf meiner Liste stand, will ich wenigstens einen guten kaufen, wenn ich schon überhaupt einen brauche.

Die meisten der Modelle, die man bei Amazon so angeboten bekommt und die nicht nur Papierspaghetti von sich geben, erzeugen Schnipsel der Sicherheitsstufe 3 — ungefähr die Größe von Mini-Fusili (für „vertrauliches Schriftgut“). Bei mir steht jetzt einer mit Sicherheitsstufe 4 (für „geheimzuhaltendes Schriftgut“), dessen Erzeugnisse so aussehen wie das Häufchen oben. Damit auch wirklich niemand in unserer Recycling-Tonne wühlen und so feststellen kann, wie viel Geld ich bei iTunes lasse.

Und an einem der nächsten Tage werden mein Schredder und ich uns mit dem Stapel Werkstattrechnungen befassen, den ich ich jüngst aus meinem Handschuhfach geholt habe, und die bis zur Jahrtausendwende zurück reichen. Das wird ein Fest …

Mein Schredder und ich

So long, and thanks for all the miles

[Mych] Eigentlich war’s eher ein Versehen, dass wir meinen Seat mit nach England genommen habe. Aber niemand sonst wollte das Karnickel transportieren — außer vielleicht in einer dunklen Kiste im Frachtraum eines Fliegers.

Also kam er mit, statt dass ich ihn noch in Deutschland verkauft hätte. Mit fast anderthalb Jahrzehnten auf dem Buckel hätte er sich seinen Ruhestand auch redlich verdient gehabt; aber so musste er nochmal ran. 1300 Kilometer. Und er hat wacker durchgehalten. Aber England war einfach nicht der rechte Ort für ihn.

Ungefähr drei Optionen hatten wir:

  • Für den Zulassung in England umrüsten und ummelden. Das Umrüsten besteht aus eigentlich nur drei Dingen: Scheinwerfer so abkleben, dass sie den Gegenverkehr nicht blenden; eine Meilen-Skala auf den Tacho; und eine Nebelschlussleuchte rechts. Aber dann würden wir immer noch auf der falschen Seite sitzen, und die Gewalttour über die belgischen Autobahnen hatte den Seat mit einem beunruhigenden Klappern irgendwo vor oder unter uns hinterlassen, das nichts Gutes verhieß.
  • Verschrotten, und dann nur noch Fahrradfahren. Und tatsächlich kommt man zu Fuß oder mit dem Fahrrad in Coventry ziemlich weit — Judith fährt jeden Tag zur Arbeit und braucht dafür halb so lange wie mit dem Bus –, aber eben auch nicht viel weiter als bis knapp über Coventry hinaus. Ein Wochenendtrip nach Nottingham mit dem Fahrrad hat schon Charme, aber die Option, einfach ein Stündchen mit dem Auto dort hin fahren und dann dort um so mehr unternehmen zu können auch. (Vor allem, wenn man einen Kofferraum voll Geocaching-Ausrüstung mitnehmen möchte.)
  • Einen Gebrauchten kaufen und dem Händler dafür den Seat überlassen. Wenn wir einen finden, der ein altes Auto mit Linkslenkung in England haben will.

Übrigens — was zwar gerne gelebt wird, aber zumindest formell keine Option ist: einfach niemandem was sagen und mit der deutschen Zulassung weiter fahren. Meine deutsche Autoversicherung hatte mir zwar mitgeteilt, dass sie weiterhin haften würde, wenn was wäre, aber schon allein die Zulassung in Frankfurt ist ohne Wohnsitz in Deutschland eine fragwürdige Angelegenheit — und die britischen Behörden betrachten ein Auto, das von einem in England Ansässigen gefahren, aber nicht vor Ort versteuert wird, als Steuerhinterziehung. Und als ansässig gilt man spätestens dann, wenn man in England eine Wohnung mietet oder einen Job hat — sofort, nicht erst nach einem halben Jahr Aufenthalt. Man bekommt eine Gnadenfrist von 14 Tagen ab Ankunft, aber das war’s auch.

Naja. Klare Sache also: Wir besorgen uns einen Gebrauchten. Und nach gar nicht allzu langer Stöberei im Internet hatten wir einen Händler in Coventry ausgemacht, der einen gar nicht so alten Škoda Fabia zu einem vernünftigen Preis anbot.

Letzten Samstag waren wir da und sind probegefahren — mit der linken Hand zu schalten ist ziemlich ungewohnt, und irgendwie ist auch nicht auf Anhieb intuitiv, dass der größte Teil der Wagenbreite links und nicht rechts von einem ist. Aber ansonsten: Gar nicht so unähnlich meinem Seat, nur mit zwei Türen mehr und, naja, dem Lenker auf der Beifahrerseite. Und meinen Seat wollte mir der Händler für ein paar hundert Pfund auch noch abnehmen. Perfekt.

Also: Anzahlung am Samstag, und heute ging’s zum Autowechsel.

20140610-seat-skoda

Mit dem Travelbug auf dem neuen Wagen fühlt er sich schon fast so an wie Zuhause.

Womit ich mich am Vormittag noch rumgeschlagen hatte: Wie meldet man in England ein Auto mit deutscher Zulassung ab?

  • Das Internet ist, wie immer in solchen Fällen, eine Quell jeder Information, die man sich vorstellen kann. Will sagen: buchstäblich jeder. Richtiger, falscher, widersprüchlicher, veralteter, erhoffter, befürchteter und herbeigewünschter.
  • Irgendwer hatte mal behauptet, das Abmelden deutscher KFZ sei eine konsularische Leistung, die man in der Deutschen Botschaft in London in Anspruch nehmen könnte. Deren Website will davon aber nichts wissen, und das Kontaktformular (eine Telefonnummer gibt’s nicht) teilt in freundlicher fett-roter Schrift mit, dass Anfragen, die man zu stellen wage, obwohl deren Antwort irgendwo auf der Website zu finden ist, ignoriert werden.
  • Also, erste Anlaufstelle: die Zulassungsstelle in Frankfurt. Die Dame am Telefon teilt mir mit, ich könne meine Kennzeichen und meinen Fahrzeugschein nach Frankfurt schicken, um sie zu entstempeln. (Der Fahrzeugbrief wird nicht benötigt.) Aber, sagt sie, innerhalb der EU könne die Abmeldung eigentlich auch direkt vor Ort über den Behörden in England erledigt werden. Das klingt gut.
  • Zweite Anlaufstelle: Die DVLA (Driver & Vehicle Licensing Agency). Die dortige Dame sagt mir, dass ihre deutsche Kollegin mir nur die halbe Wahrheit gesagt hat: Ja, die englischen Behörden können eine Abmeldung vornehmen — aber nur im Zusammenhang mit einer Ummeldung auf einen englischen Fahrer. Hm, okay.
  • Jetzt will ich wissen, was meine deutsche Autoversicherung will, um mich rauszulassen. Ich gerate an einen sehr netten und sehr zum Plaudern aufgelegten Herrn, der mich umfassend informiert (auch über die Studienvorhaben seiner Tochter und seinen Bekannten mit dem alten Auto, das er verschenkt hat und jetzt wegen seiner Anhängerkupplung immer wieder mal ausleiht) und mir dabei mit Nachdruck nahe legt, die Abmeldung selbst in die Hand zu nehmen (per Päckchen nach Frankfurt).

Zum Glück hatte die Dame beim Gebrauchtwagenhändler keine Vorbehalte dagegen, dass ich die Kennzeichen abschraube und den Fahrzeugschein mitnehme.

Und, ach ja, mit der Versicherung und der Steuer ist das in England so: Versicherung ist natürlich Pflicht, aber komplett meine Angelegenheit (meine vielen Jahre Schadenfreiheitsrabatt konnte ich leider nicht mitnehmen) — und dass man Steuern zahlt, beweist man mit einer so genannten Tax Disc, die man in einem kleinen Täschchen hinter der Windschutzscheibe stecken hat und alle sechs bis zwölf Monate verlängern muss. (Es gibt auch eine anonyme Hotline zum Verpetzen von Autos ohne Tax Disc.)

Und mein alter Seat steht jetzt beim Händler. Ich habe eigentlich ein sehr pragmatisches Verhältnis zu Autos im Allgemeinen, aber vierzehn Jahre gehen auch an mir nicht ganz spurlos vorüber.

So long, and thanks for all the miles.

So long, and thanks for all the miles

Alkoholschnelltest

[Mych] Der Engländer als solcher — zumindest jener, der ganz dem Klischee entspricht — hat sich ja über fast ein Jahrhundert der Sperrstundenregelung eine große Fertigkeit im effizienten Betrinken angeeignet: Wenn der Wirt so gegen 22:45 Uhr „Last orders please!“ rief, musste man panikartig noch die letzten Lagen Bier bestellen und sich bis 23 Uhr hinter die Binde gießen, damit man auf seine Kosten kam.

Ich weiß nicht, ob’s einen Zusammenhang zwischen diesen historischen Gegebenheiten und dem folgenden Formular gibt, das ich für meine Registrierung bei einer Arztpraxis hier in England ausfüllen muss, aber ganz aus der Luft gegriffen wird es sicher nicht sein:

NHS Fast Alcohol Screening Test

Das Ganze ist überschrieben mit „Fast Alcohol Screening Test“ (ungefähr: „Alkohol-Ausleseschnelltest“), und die Fragen sind folgende:

  • Frage 1: „Wie häufig haben Sie im letzten Jahr bei einer einzelnen Gelegenheit 6 Einheiten [alkoholischer Getränke] oder mehr getrunken, falls Sie weiblich sind, bzw. 8 oder mehr, falls Sie männlich sind?“ (Diese Menge entspricht für einen Mann knapp 2 Litern Bier oder 8 kleinen Gläsern Wein.)

Danach folgt der Hinweis: „Beantworten Sie die folgenden Fragen nur, wenn Ihre obige Antwort ’nie‘, ‚einmal im Monat‘ oder ’seltener als einmal im Monat‘ ist“.

Also … weiter für mich.

  • Frage 2: „Wie häufig waren Sie im letzten Jahr aufgrund Ihres Trinkens unfähig, zu tun, was von Ihnen normalerweise erwartet wird?“
  • Frage 3: „Wie häufig konnten Sie sich im letzten Jahr nicht daran erinnern, was in der vorherigen Nacht geschehen war, weil Sie getrunken hatten?“
  • Frage 4: „Hat ein Verwandter oder Freund, Arzt oder Gesundheitsarbeiter Bedenken in Bezug auf Ihre Trinkgewohnheiten ausgedrückt oder empfohlen, dass Sie weniger trinken sollten?“

Tja. Also. Hoffentlich werde ich nicht wegen des Pauschalverdachts auf Selbstverleugnung eingewiesen, weil ich auf die letzten drei Fragen (wahrheitsgemäß) mit „nie“, „nie“ und „nein“ geantwortet habe.

(Ach ja: Die „1“ statt einer „0“ bei der allerersten Frage ist Paddy’s Day geschuldet. Und vielleicht auch Markus‘ Geburtstagsparty. Hehe.)

Alkoholschnelltest

Weg

[Mych] Alles ist weg …

… mein Sperrmüll. Freunde haben mir am Sonntag Abend geholfen, die Reste meines PAX, die für unser neues Haus leider spiegelsymmetrisch verkehrte GALANT-Tischplatte und meine alte Waschmaschine auf die Straße zu stellen. (Letztere war übrigens schon nicht mehr da, als wir vom gemeinsamen Abendessen zurückkamen.)

… der Inhalt meiner Wohnung. Gestern kamen zwei Engländer mit einem großen blauen Lastwagen und haben meine gut sieben Kubikmeter an Kisten und Möbelteilen eingeladen.

Schon bei der Besichtigung holte der Chef der beiden einen dicken Stapel Formularblätter (mit doppeltem Durchschlag) hervor und merkte leise seufzend an, dass er von DB Schenker deutlich mehr „paperwork“ bekommen hätte, als er jemals in England ausfüllen müsse. Und mindestens drei der Formulare drehten sich um verschiedene Varianten der Frage, welche Dinge vor und/oder nach dem Umzug in welchem Maße beschädigt waren (oder wurden).

Ich hätte meinen Umzug vorgestern beinahe noch unwillentlich abgesagt.

Die Abholung hatte ich schon letzte Woche mit DB Schenker auf Dienstag, 8 Uhr, terminiert. Am Montag Nachmittag klingelte mein Telefon, und der englischsprachige Anrufer teilte mir höflich mit, sie seien jetzt gerade mit ihrem Laster in Frankfurt angekommen, und wann sie denn vorbei kommen könnten, um meine Möbel zu holen. „Was soll denn das?“, grübelte ich leicht verwirrt, denn der Anrufer hatte einen Firmennamen deutlich ungleich DB Schenker genannt — vielleicht eines der englischen Umzugsunternehmen, bei denen ich angefragt hatte und sich bis jetzt nicht bei mir gemeldet hatten. Das wäre zwar eine seltsame Geschäftspraktik, aber vielleicht ticken ja manche Umzugsunternehmen so.

Also sagte ich sowas wie „Tut mir Leid, ich habe den Auftrag mittlerweile einer anderen Firma gegeben“, was wiederum bei meinem Gesprächspartner für höfliche Verwirrung sorgte, bis ich endlich mal „DB Schenker“ („dii-bii shenkrr“) erwähnte und daraufhin klar wurde, dass ich gerade mit dem Subunternehmer sprach, dem DB Schenker den Auftrag weitergegeben hatte. (Eigentlich sogar einem Subunternehmer des Subunternehmers, Eurovan, den DB Schenker mir dann auf meine Nachfrage hin bestätigte. Das hätten die mir allerdings ruhig mal von selbst mitteilen können — ich will ja nicht mein komplettes Hab und Gut in irgendeinen beliebigen Laster laden, der bei mir auftaucht.)

… mein „Dinge, die Michael nicht nach England umziehen will“-Tisch. Der stand vor meinem Büro und nahm die Dinge auf, die subjektiv in den Bereich zwischen „zu schade für den Müll“ und „nicht wertvoll genug zum Mitnehmen“ fielen. Zuletzt lag da noch drauf:

  • eine Senseo-Kaffeemaschine, die ich schon vor Jahren für meine Zwecke durch eine Nespresso-Maschine ersetzt hatte. Die hat im letzten Moment noch einen Abnehmer in einem meiner Kollegen gefunden, der sie in den Proberaum seiner Band stellen will.
  • eine Binäruhr (mit US-Netzteil). Um derer hat sich ein anderer Kollege erbarmt, der sie in seine private Informatiker-Museumsecke stellen will, wo sie dann in Ruhe vor sich hin blinken kann.
  • ein paar Musik-CDs: Kylie Minogue, Vanessa Amorosi (wer?) und die All Saints. Zu denen wollte sich niemand bekennen, also habe ich sie dem Restmüll zugetan.
  • ein paar Video-DVDs mit obskuren, nicht sehr bemerkenswerten Filmen. Die teilen sich jetzt den Platz mit den CDs.

Der Tisch war ein großer Erfolg — ich habe mich über jedes Ding gefreut, das noch für irgendwen nützlich ist und daher nicht (unmittelbar) auf dem Müll landen muss.

… ich. Zumindest klebt seit heute Morgen auf meinem Personalausweis an der Stelle, wo meine alte Adresse in Frankfurt stand, jetzt ein offizieller Aufkleber mit der Aufschrift „kein Wohnsitz im Innland“ [sic], samt offiziellem Tippfehler.

Die Wohnsitzabmeldung an sich wird allerdings erst zum Ende des Monats aktiv — das wird die Dame vom Amt sich „zur Wiedervorlage“ einstellen, damit sie es dann am letzten Tag des Monats ins System eintragen kann. Aber ich habe meine (korrekt datierte) Abmeldebescheinigung, die ich jetzt der Organisation-die-früher-GEZ-hieß vorlegen kann, damit die mir glauben, dass ich nicht heimlich ARD gucke, und vor allem Vodafone zufaxen kann, damit die mir (hoffentlich) kulanterweise eine Ausgleichszahlung für meine Internet-und-Telefon-Restvertragslaufzeit erlassen.

Weg

Eurosterling

[Mych] Wenn Euros von Deutschland nach Übersee reisen, werden sie kleiner.

Das geschieht ganz besonders dann, wenn eine Bank die Reise organisiert. Und im Gegensatz zu Judiths Gehalt fällt meins auch weiterhin in Deutschland an, aber brauchen tu ich’s natürlich in England. (Sonst wäre ja auch das schöne neue Konto bei der Lloyds ganz traurig.)

Seit Anfang Februar dieses Jahres kann man endlich per SEPA-Überweisung genauso kostenfrei Euros ins europäische Ausland überweisen wie im Inland. Das ist eine tolle Sache, aber da die Briten so sehr an ihren Pound Sterling hängen, nutzt sie mir kaum was: Irgendwo muss das Geld von Euros in Pfunde gewechselt werden.

Ich will diesen Prozess möglichst schmerz- und verlustarm gestalten — immerhin geht’s hier um mehrere Jahresgehälter; da lohnt sich ein bisschen Optimierungsaufwand. Zur Debatte stehen die folgenden Alternativen:

  1. SWIFT-Überweisung (die gute, alte, teure Auslandsüberweisung) in Britischen Pfund von der Deutschen Bank an Lloyds (denn eine SEPA-Überweisung geht per Definition nur in Euro). Den Geldwechsel übernimmt die Deutsche Bank.
  2. SEPA-Überweisung (in Euro) von der Deutschen Bank an Lloyds. Den Geldwechsel übernimmt Lloyds.
  3. Verwendung eines auf internationale Geldtransfers spezialisierten Drittanbieters wie TransferWise oder CurrencyFair.

Und so sieht’s aus:

Die Deutsche Bank mag nicht billig sein, aber sie hat hervorragende Dokumentation ihrer Preise. Im aktuellen Preis- und Leistungsverzeichnis gibt es auf Seite 7 eine Tabelle mit dem Titel „Zahlungsauftrag im Außenwirtschaftsverkehr“, und da steht kurz und knackig, was eine SWIFT-Überweisung kostet: 0,175% des Gesamtbetrags (aber mindestens 12,50€) plus ein Fixbetrag von 26,55€. Unter 39,05€ pro Überweisung kommt man da also nicht weg.

Ich wünschte, die Dokumentation der Lloyds wäre genauso gut wie die der Deutschen Bank. Nachdem ich mir einen Abend lang ’nen Ast gesucht hatte, ohne dabei mehr als ein paar eigentlich eher unpassende, verstreute Gebührenangaben zu ähnlichen, aber nicht wirklich der gleichen Sorte von Transaktion gefunden zu haben, gab ich auf und entschloss mich, einfach mal nachzufragen.

Aber man kann der Lloyds nicht einfach eine E-Mail schicken. No, Sir. E-Mails sind wie Web 1.0 und außerdem reicht die Aufmerksamkeitsspanne der meisten Leute eh kaum von einem Satz zum nächsten. Also kann man entweder anrufen — womit ich mir mit einem mehr oder weniger komplizierten geschäftlichen Anliegen angesichts meiner fehlenden Routine mit Englisch sprechen (und Engländer verstehen) noch ein bisschen schwer tue –, oder man kann twittern. Welche Frage könnte man wohl schon einer Bank stellen wollen, die nicht locker in 125 Zeichen Text passt?

Aus irgendeinem Grund besitze ich sogar tatsächlich ein Twitter-Konto. Also grub ich das Passwort aus, fing mir mit meinem erstmaligen Login seit Monaten gleich eine hyperenthusiastische „Willkommen zurück!“-Mail von Twitter.com ein, und twitterte los:

[tweet https://twitter.com/MBuschbeck/status/435386544644300801 align=’center‘]

Man würdige, dass dieser Tweet das Ergebnis von einigen Minuten Herumfeilerei ist, um meine eigentliche Frage auf Twitterkompatibilität herunterzudampfen. (Er ist auch genau 140 Zeichen lang. Darauf habe ich es nicht angelegt, aber es ist bezeichnend.)

Immerhin dauerte es nicht lang, bis der Lloyds-Support zurückzwitscherte:

[tweet https://twitter.com/AskLloydsBank/status/435393487853191168 align=’center‘ hide_thread=’true‘]

[tweet https://twitter.com/AskLloydsBank/status/435393757379174400 align=’center‘ hide_thread=’true‘]

Tja, also, dann also doch eine Telefonnummer. Immerhin eine (in England) gebührenfreie, die ich allerdings nicht so einfach von Deutschland aus anrufen kann — oder doch, wie mir dann einfiel: Gebührenfreie UK-Rufnummern kann man mit Skype tatsächlich ohne Weiteres auch von Deutschland aus anrufen. Tolles Feature. Also rief ich an.

Die nette Dame am anderen Ende nahm meine vorgebrachte Frage (praktisch wortlautidentisch mit dem obigen Tweet, nur mit noch ein paar Füllwörtern fürs Höflichsein) freundlich entgegen und gab mir erstmal einen aktuellen, konkreten Wechselkurs fürs Konvertieren eines konkreten Euro-Betrags nach Pfund. Als ich nachhakte, wie sich denn dieser Kurs berechne und was für Gebühren denn eventuell noch so anfielen, fiel die Dame erstmal in geschäftiges Schweigen — ihr leises Tastaturgeklapper im Hintergrund, alle paar Minuten unterbrochen von einer zunehmend umfangreicheren Entschuldigung dafür, dass das so lange dauere, denn offenbar fand sie die entsprechende Gebührenordnung auch nicht.

Während ich wartete, verglich ich den von ihr genannten Wechselkurs von gerade eben mit dem, den Google mir ausspuckte, warf die beiden ungleichen Werte in den Taschenrechner und fand heraus, dass der Lloyds-Kurs knapp 3% schlechter für mich ist als das, was Google sagt. Eine definitive Aussage wäre mir ja lieber gewesen, aber letzten Endes unterbrach ich die wohlgemeinte, endlose Suche der netten Dame am Telefon mit der Frage, ob sie das wohl auch für plausibel hielte, und da stimmte sie mir dann ein bisschen hilflos zu.

Also ist die beste Aussage, die ich zu den Wechselgebühren bei Lloyds treffen kann: offenbar sowas wie knapp 3% Provision für den Devisenwechsel, und darüber hinaus vielleicht noch ein Fixbetrag von £7 fürs Entgegennehmen einer Überweisung aus dem Ausland. Je nach Gesamtbetrag mehr oder weniger gut als die SWIFT-Überweisung mit der Deutschen Bank — ab knapp über 1000€ hat die SWIFT-Überweisung die Nase vorn.

Es bleiben: die Drittanbieter. Weil Währungstausch bei Banken ganz offensichtlich eine breite Marktlücke für preisgünstigere Anbieter lässt, haben sich in dieser speziellen Lücke eine ganze Reihe solcher versammelt. Judith hatte schon vor ihrem Umzug TransferWise gefunden, und ich habe später noch CurrencyFair aufgetan.

Beide Dienste arbeiten nach dem gleichen Prinzip: Sie wechseln einfach gar kein Geld, sondern bringen im großen Stil Euro-zu-Pfund-Überweiser mit Pfund-zu-Euro-Überweisern zusammen. Wenn ich 1000€ nach England überweisen will und jemand zur gleichen Zeit den entsprechenden Pfund-Betrag in Euro nach Deutschland (oder sonstwohin im Europäischen Wirtschaftsraum), dann tauschen wir einfach, und niemand muss Wechselgebühren zahlen.

Die durchs Nicht-Wechseln gesparten Gebühren wollen dann natürlich die Anbieter solcher Dienste haben, aber in deutlich geringerem Maße:

  • TransferWise will pauschal 0,5% des Gesamtbetrags und bietet dafür einen vollautomatischen Service, bei dem man eine Überweisung in fünf Minuten erledigt haben kann. (Bis das Geld beim Empfänger ist, dauert’s natürlich trotzdem ein paar Tage, aber das ist den leider normalen Überweisungsdauern zwischen den Banken geschuldet.)
  • CurrencyFair versteht sich als „Marktplatz“ für Transaktionen wie die oben beschriebene und erfordert auch im einfachsten Fall deutlich mehr Mikromanagement seitens des Benutzers: Erst muss der Kunde Geld in der Ursprungswährung auf sein persönliches CurrencyFair-Konto überweisen (und warten, bis es da ist); dann wechselt er das Geld auf dem „Marktplatz“ in die Zielwährung; dann kann er das gewechselte Geld auf das Zielkonto überweisen. Der Vorteil ist, dass man den Wechselkurs kontrollieren kann — schlimmstenfalls muss man halt warten, bis jemand zu diesem Kurs in die andere Richtung zu wechseln bereit ist; aber dafür ist man deutlich länger mit diesem ganzen Akt beschäftigt.

Wer mir was Nettes tun will, kann auf diesen Link hier klicken, sich darüber bei TransferWise registrieren und eine kostenlose Auslandsüberweisung durchführen — für jeweils drei derart durchgeführter kostenloser Erstüberweisungen von Neukunden, die ich TransferWise verschafft habe, bekomme ich £50. Davon kann ich dann mit Judith schön essen gehen.

Ach ja, die versprochene Schote

Aus regulatorischen Gründen und wegen des Geldwäschegesetzes verlangen sowohl TransferWise als auch CurrencyFair, dass man sich ausweist, bevor man beginnt, nennenswerte Geldbeträge über ihre jeweiligen Dienste in der Welt herumzuschaufeln. CurrencyFair fordert dazu (im Gegensatz zu TransferWise) schon direkt nach der Registrierung auf. Dagegen habe ich nichts einzuwenden, also lade ich einen Scan meines deutschen Personalausweises hoch: Vorder- und Rückseite.

Einen knappen Tag später bekomme ich eine E-Mail vom CurrencyFair-Support: Man danke mir für diesen Identitätsnachweis, aber ich möge zur Vervollständigung meiner Registrierung doch bitte auch noch einen Adressnachweis hochladen.

Uhh, was? „Meine Adresse steht hinten auf dem Personalausweis. Offizieller geht’s bei uns nicht“, antworte ich.

„Wir benötigen leider unbedingt zwei separate Dokumente: eins als Identitäts- und eins als Adressnachweis. Laden Sie einfach einen Scan Ihres Reisepasses hoch.“

„Mein Reisepass nennt meine Adresse gar nicht. Ich habe Ihnen daher statt dessen einen Scan eines aktuellen Melderegisterauszugs [den ich vor wenigen Wochen mal auf Vorrat vom Bürgeramt geholt hatte] hochgeladen. Auch das ist ein offizielles Dokument hier in Deutschland, das ausdrücklich und spezifisch dem Zweck eines Adressnachweises dient.“

„Tut uns Leid, sowas können wir nicht als Adressnachweis akzeptieren. Bitte laden Sie einen Scan Ihres Reisepasses hoch.“

Aber mein Reisepass sagt gar nichts über meine A– — — ach, WTF. „Hier ist mein Reisepass.“

„Danke! Ihre Registrierung ist jetzt vollständig.“

Yay.

Eurosterling