Laboralltag

[Maus] Ich möchte mal versuchen, meine ersten Eindrücke zu schildern. Die vergangene Woche war ja gefüllt mit Formularen und Dingen, die eigentlich nichts mit meiner Arbeit zu tun haben. Aber diese Woche läuft es endlich an. Ich habe tatsächlich jeden Tag irgendetwas im Labor getan.

Einer der Doktoranden soll angeblich am besten im Labor Bescheid wissen. Leider bedeutet das hier in England offenbar etwas anderes als in Deutschland. Er war mir bisher nur wenig behilflich, und ich kann mich noch nicht entscheiden, ob das aus purem Mutwillen so ist oder weil er es nicht besser weiß. Ich muss mir auf Grund seiner fehlenden Hilfe alles mühsam selbst zusammensuchen oder bei anderen erfragen.

Das wäre ja alles kein Problem, wenn die Dinge hier so gehandhabt würden, wie ich es bereits in zwei deutschen Unis kennengelernt habe. Es fängt schon bei so grundlegenden Dingen an wie z.B. der nicht vorhandenen Laborspülmaschine. Alles wird hier per Hand gespült — was mit Sicherheit auch mal dazu führt, dass man, bevor man anfangen kann, noch mal selbst ran muss. Da die Spülmaschine fehlt, ist man hier auf die glorreiche Idee gekommen, alles, was es als Wegwerfartikel zu kaufen gibt, auch zu benutzen. Selbst die Reagenzgläser sind hier aus Plastik und werden nach einmaligem Gebrauch entsorgt.

Das zweite große Problem ist für mich, dass ich momentan kein Gerät benutzen darf, bis ich vom Verantwortlichen ein Training bekommen habe. Keine Zentrifuge, keine French Press, keine Pumpen — nichts. Ich kann also momentan nichts allein machen, habe aber auch keine Ahnung, wer die Leute sind, die mir das Training geben sollten. Ich laufe dann immer durchs Labor und frage Dinge wie: „Wer ist Tanvir?“, „Wo ist John?“ oder „Wer ist für dieses Gerät verantwortlich?“. Ich hoffe, in vier Wochen habe ich alle Trainings hinter mir.

Immerhin durfte ich heute ganz allein das pH-Meter benutzen und gestern wurde mir doch sogar erlaubt, eine kühlbare Minizentrifuge ohne Training zu benutzen. Doch trotz dieser sehr erfreulichen Erlebnisse hatte der heutige Tag auch seine enttäuschenden Seiten. Ich brauchte für meinen Puffer 6M Schwefelsäure. Aber die musste ich mir erst selbst verdünnen. Dafür sollte ich aus einer Zweieinhalb-Liter-Flasche 18M Schwefelsäure (sehr konzentriert, 95%ig) 10ml in ein winzig kleines Gefäß kippen. Das wollte ich dann doch lieber nicht tun, also fragte ich nach irgendeiner Lösung für dieses Problem. Keiner der Anwesenden wollte jemals Schwefelsäure aus dieser Flasche in diesem Labor benötigt haben. Die Anwesenden waren alle Chemiker. Ich habe mir also eine Pasteurpipette genommen und milliliterweise Schwefelsäure aus der Flasche entnommen. Eine große Glaspipette wäre mir natürlich lieber gewesen, aber Glas ist in diesem Labor eine Seltenheit.

Es gab heute leider noch zwei unerfreuliche Ereignisse. Das Wetter hier schlägt Kapriolen. Wir hatten heute Regen, Schnee, Hagel und Sonnenschein. Dazu kamen heftige Windböen, die dazu führten, dass Bäume umstürzten.

Das zweite negative Ereignis war zum wiederholten Male das Mittagessen.

LoSalt. Salzarmes Salz. Sozusagen Salzstoff, wie Süßstoff. Denn Salz ist ja schlecht (und Kaliumchlorid viel besser!).

Ich hatte Hühnchen süß-sauer mit Reis. Der Reis war nur mit Wasser gekocht. Kein Salz. Das Hühnchen süß-sauer schmeckte nur nach Zucker. Da half auch das LoSalt mit weniger Natriumchlorid — und dafür mehr Kaliumchlorid — nicht mehr. Diese Mahlzeit hätte ich besser ausfallen lassen.

Laboralltag

2 Gedanken zu „Laboralltag

  1. Uschi schreibt:

    Du Arme! Ja auch Frau Mewes hat nach Dir gefragt und meinte, daß das Essen in England schlecht ist,nachdem ich ihr erzählt hatte,daß Du das Vollkornbrot vermißt.Sie konnte nur empfehlen,was Du ja schon tun willst,selber zu kochen.Sie war schon mal 4 Wochen in Coventry und hat von der Gegend geschwärmt und von dem schönen Wetter 🙁 allerdings im März. Also,was nicht ist, kann ja noch werden.
    Die Schwierigkeiten im Labor werden sich nach einiger Zeit bestimmt relativieren. Du kannst dich ja gut nach Deiner Eingewöhnung einbringen.Gib Dir Zeit! Jeder Neue(Politiker) hat eine Schonfrist von 100 Tagen. Gefühlt bist Du zwar schon lange weg,doch die 100 Tage-Hürde hast Du noch nicht genommen.Bestimmt möchtest Du jetzt auch noch nicht so vorstürmen, denn „Neue Besen kehren gut“ gilt auch im Ausland.Tja, da sind sie schon,die guten alten Sprüche von Mutsch-wenig tröstlich,aber doch ein Körnchen wahr.
    Wenn Du ein wenig mehr Heimatgefühl möchtest, kann ich in Zukunft bestimmt noch mehr in dieser Hinsicht beisteuern 😉
    Sorry,nur ein Spaß. Du machst das schon. LG Papa und Mutsch

    1. Ich muss da mal was richtigstellen. Ja, das Essen in der Mensa ist miserabel, aber ich muss da nicht essen. Glücklicherweise habe ich ja schon früh gelernt, mir selbst etwas zu kochen. Das Essen in der Mensa muss man einfach mal probiert haben, um mitreden zu können. Für mich ist das eines meiner zahlreichen Experimente, die ich hier durchführe. Das Ergebnis dieses Experimentes war: Mensa ist nicht gut, zukünftig selber kochen. 🙂
      Ein weiteres Experiment war, in einem gut besuchten Pub etwas typisch englisches Essen. Fazit: Unbedingt wiederholen! Zum Experimentieren gehört ja eigentlich auch, dass man alles noch mindestens 9x wiederholt.
      Das es im Labor noch nicht so läuft, habe ich gar nicht anders erwartet. Da sind mir inzwischen Dinge aufgefallen, die unbedingt geändert werden MÜSSEN. Aber ich habe noch zwei Jahre Zeit. Ich biege mir die Leute schon zurecht. Habe ich immer schon so getan und das werde ich auch weiterhin so tun.
      Was das Heimatgefühl angeht, bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich dafür an einem bestimmten Ort sein muss. Ich glaube nämlich nicht, dass mir das wichtig ist. Ich muss mich wohlfühlen und nachdem ich mich hier eingerichtet habe, fühle ich mich mit der Situation hier sehr wohl. Ich habe es so gewollt, nun ist es so. Da bin ich total pragmatisch und wer mich kennt, weiß das doch auch. 😉

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