Oslo: Irrlauf nach Bier und geöffneten Attraktionen

[fifi] Nachdem wir mit unseren Besichtigungen am Samstagabend fertig waren, dachten wir: So ein Sixpack Bier im Appartement wäre doch eine Option. Leider hatten wir die Rechnung ohne die Norweger gemacht. Und so irrten Michael und ich von einem Supermarkt zum anderen.

Im ersten: nur Brause, Wasser und Energydrinks. Im zweiten: Jalousien vor der Bierauslage. Im dritten: Schlösser vor den Sixpacks. Dabei waren wir doch so gut wie am Ziel.

Michael fragt höflich nach, die nette Dame an der Kasse sagt ganz selbstverständlich: Erst ab Dienstag gibt es wieder Alkohol zu kaufen. – Ups … so hatten wir uns das nicht vorgestellt. Mit hängenden Köpfen ziehen wir wieder ab.

Das ist der Anfang einer beginnenden Pechsträhne. Naja, wenigstens das Wetter ist toll. Zum Verdauen der Nachricht schlafen wir mal eine Nacht drüber. Am Morgen sieht es meist wieder besser aus. Ist auch so: Wir haben keinen Schädel.

Unser Plan für heute sieht die Besichtigung des Akerhus Slott und der Akerhus Festningen vor. Da hier alles so super nah ist, laufen wir einfach mal rüber. Zwischenstopp wollen wir auf dem sonntäglichen Markt am Blå machen.

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Aber was ist das? – Der Markt besteht aus einem winzigen Stand mit Schmuck. Was für ein Reinfall. Soll es etwa so weitergehen? Hoffentlich nicht.

Nach einem großen Kaffee, belegtem Brötchen und den ach so leckeren süßen Bollen (Brötchen) geht’s uns wieder besser.

An der Festung dann ein erneuter Rückschlag: Schloss wegen Bauarbeiten geschlossen, Festung wegen Pfingsten zu. Was?

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Aber was soll’s – das Wetter ist fabelhaft und so setzen wir unsere Besichtigungen einfach fort. Schließlich gibt es noch so viele weitere Dinge zu besichtigen.

Auf der Festung ist auch das „Heimatfrontmuseum“ untergebracht, und das war offen. Der Oslo Pass gewährt uns freien Eintritt und so tauchen wir ein in die Geschichte der Königsfamilie und deren Rolle im Zweiten Weltkrieg.

Besonders interessant ist hier, wie tief die Norweger mit ihrem Königshaus verbunden sind. Und das obwohl es sich ja nur um einen ‚geborgten‘ Dänenkönig handelt, der erstmal mühevoll mit Skifahren zum Norweger gemacht werden musste.

Nach soviel Geschichte brauchen wir erstmal eine kleine Pause, und so lassen wir uns treiben und sammeln ein, zwei Geocaches ein. Jetzt sind wir bereit für moderne Kunst, und so zieht es uns zum Astrup Fearnley Museet.

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Kunst kann so vielschichtig sein: Einiges, was wir sehen, ist – wie soll ich sagen – in unseren Augen wenig verständlich. Wirre Skulpturen aus Müll, scheinbar wahllos zusammengefügt, wild drapiert. Ganz anders die für uns verstörenden Filmaufnahmen untermalt mit Musik… Wahnsinn, was Künstler so erschaffen.

Im zweiten Teil der Ausstellung dann Bilder. Am besten gefällt uns eines von Anselm Kiefer. Ein riesiges Bild, aus der Nähe betrachtet kann ich nichts erkennen. Ich trete mehrere Schritte zurück und da eröffnet sich die Skyline einer Stadt. Ich frage mich: Wie hat er das gemacht? Begeisterung macht sich breit. Noch einige Male muss ich vor und zurück. Ich habe meine Kunst gefunden.

Am Ufer der Insel Tjuveholmen lassen wir die Eindrücke sacken und beschließen spontan noch einmal nach Bygdoy überzusetzen. Gestern war ja einfach viel zu wenig Zeit, alle Museen anzusehen, und eines wollten wir unbedingt sehen. Und so lassen wir unsere Pechsträhne zurück und erreichten direkt die nächste Fähre.

Da liegt es vor uns. Das Museum für echte Abenteuerer: Kon-Tiki.

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Sechs Männer – ein Boot aus Balsaholz – eine Überfahrt.

Thor Heyerdahl bewies mit seiner in den 1950er Jahren gestarteten Expedition, dass Polynesien von Osten (Südamerika) her besiedelt wurde.

Spannend ist hier vor allem, dass alle sechs Männer ohne irgendwelche besonderen Qualifikationen zu der Expedition starteten. Aber allein durch Ihren Willen, es zu schaffen, und den Mut aufzubringen, sich auf ein Abenteuer einzulassen, haben sie es geschafft und damit die These, die keiner glauben wollte, bestätigt. Auch wir sind sehr beeindruckt.

Wir haben einen Lauf: Auch unsere Rückkehr auf das Festland bestreiten wir zügig. Nach mittlerweile 15.000 Schritten haben wir eine kleine Verschnaufpause mehr als verdient. Und so verbrachten wir den späten Nachmittag und den Abend im trubeligen Aker Brygge.

An unserem letzten Abend sollte es ein prächtiges Abendessen sein und so kehren wir ins Louise ein und verspeisen die leckerste Meeresfrüchteplatte plus Wein plus Nachtisch.

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Nach soviel Kalorien bleibt nur noch eine Option: Der Weg nach Hause kann nur zu Fuß bestritten werden.

Diesmal wählen wir den Weg über det kongelige Slott. In der Abendsonne können wir dem lustigen Treiben der Wachen folgen und einfach die Seele baumeln lassen. Was für ein toller Tag es doch noch geworden ist.

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Oslo: Irrlauf nach Bier und geöffneten Attraktionen

In Oslo mit Frooonck

[Maus] Wir sind mal wieder im Norden. Im Norden ist es sonnig und warm.

So auch dieses Mal bei unserem Kurztrip nach Oslo. Doch warum eigentlich Oslo? Nun ja, letztes Jahr hatten wir ein richtig dolles Fest zu planen und haben uns dafür einen Hochzeitsplaner namens Frooonck gesucht (in der Realität ist es Vivi, die unsere fleißigen Leser aus Cornwall kennen). Unser Frooonck hat wesentlich dazu beigetragen, dass unser Fest unvergesslich wurde, und so dachten wir uns, wir revanchieren uns mit einer Reise in eine europäische Stadt ihrer Wahl. So richtig entscheidungsfreudig war sie dann jedoch nicht und sagte nur: „Ach, irgendwas Skandinavisches wäre schön.“

Nach ein wenig Recherche befand ich Oslo für schön und buchte uns Unterkunft und Flüge.

Gestern haben wir uns dann in Berlin getroffen, um gemeinsam nach Oslo zu fliegen und sind dank OsloPass und sehr hilfsbereiten Osloern in unserer Unterkunft im Stadtteil Grünerløkka gut angekommen. Dieser Stadtteil entpuppt sich als Studentengegend – in der Nacht wird es ungewöhnlich laut, aber es ist hier ganz hübsch.

Nachdem wir uns bummelnderweise die Gegend angeschaut haben, kehren wir noch in ein Restaurant ein, um uns ein Bild von Preisen zu machen. Es bleibt zunächst noch moderat. Da sind wir andere Preisklassen aus Island gewohnt.

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Heute Morgen geht es zum Frühstücken auf die andere Straßenseite in eine Bäckerei vom Feinsten. Die Entscheidung fällt schwer, aber Michael und Vivi haben letztlich den gleichen (Krabben-)Geschmack und ich nehme was Unkontroverses mit Hühnchen. Die süßen Teilchen können wir dann leider auch nicht links liegen lassen, so dass mir mein Bauch nach diesem Mahl ein wenig schmerzt.

Das Programm ist voll und so beginnen wir mit einem Spaziergang zum Hafen.

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Dort wollen wir eigentlich eine Hop on-Hop off-Tour mit einem alten Segelschiff machen, müssen dann aber erfahren, dass das erst im Juni wieder bereitsteht. Über diese Enttäuschung hilft uns aber schnell unser Guide hinweg, der klamaukig über die Attraktionen zu beiden Seiten berichtet. Am Fram-Museum steigen wir aus und statten ihm auf Empfehlung unseres Guides auch einen Besuch ab.

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Ein absolut tolles Museum, in dem man sicher auch einen ganzen Tag verbringen könnte. Man kann hier alles über die Arktisexpeditionen erfahren. Die Fram, nach der dieses Museum benannt wurde, war ein Expeditionsschiff, dass gebaut wurde, um die Arktis zu erkunden. Fridtjof Nansen hat den Bau des Schiffes in Auftrag gegeben. Es sind in dem Museum sogar zwei Expeditionsschiffe ausgestellt, in die man auch hineingehen kann.

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Das Fram-Museum befindet sich zusammen mit einer handvoll weiteren Museen auf der Halbinsel Bygdøy. Mein Plan für heute sah eigentlich vor, dass wir alle Museen auf der Insel besuchen. Daraus wurde nichts, denn erst kurz vor drei schafften wir es uns vom Fram-Museum loszureissen, um wenigstens noch das Norsk Folkemuseum zu besuchen.

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Auch hier gab es so viel zu sehen, dass wir irgendwann unseren Besuch abgebrochen haben, damit wir noch mit der Fähre zurückfahren konnten. In Oslo kann man locker eine ganze Woche zubringen, ohne sich jemals gelangweilt zu haben.

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Unser Abendessen genießen wir am Hafen auf einem Schiff mit reichlich Sonnenschein, und als die Sonne dann doch hinter den Häusern verschwindet, laufen wir noch zur Festung hoch, um unseren Sonnenbrand mit einem 12 Euro teuren 10-cl-Glas Wein in der Hand zu verstärken.

In Oslo mit Frooonck

Island: Heißkalte Tage im Süden

[Maus] Da, wo gestern noch eine Nebelwand unser Ausblick war, können wir am Morgen eine Gletscherzunge des Vatnajökull sich den Berg hinabschlängeln sehen. Das Wetter bietet heute viel Dramatik und soll sich bei der ersten Station des Tages als bestens erweisen.

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Blaue Eisberge begrüßen uns, als wir am Jökulsárlón ankommen. Hier, wo das Meer auf eine Gletscherzunge trifft, hat sich ein Gletschersee gebildet, der auf Grund der Gletscherschmelze seit 1975 von knapp acht auf 18 Quadratkilometer angewachsen ist. Ein Amphibienfahrzeug soll uns näher an die riesigen Gletscherbruchstücke heranbringen.

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Unsere spanische klitzekleine Erklärbärin weist uns darauf hin, dass wir nur deswegen so schöne blaue Eisberge sehen, weil es heute so trübe ist – bei Sonnenschein würden alle Eisberge nur weiß erscheinen. Zu unserem Glück hatte sich auch einer der Eisberge erst kürzlich gedreht und das Eis hatte noch keine Lufteinschlüsse, war also klar wie Glas.

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Nach diesem deutlich unterkühlten Erlebnis sollte es auf dem Weg zum Svartifoss wieder so heiß werden, dass ein T-Shirt vollkommen ausreicht.

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Man meint ja nach einer Weile in Island, man hätte alle Fossarten schon gesehen, und doch überrascht einen der Anblick dieses Wasserfalls. Da türmen sich Säulen auf wie in einer Kathedrale und man meint fast ein Gewölbe zu erkennen, dort wo sich die meist regelmäßig geformten Hexagone am oberen Ende zum Wasser hin neigen. Svartifoss sieht aus wie der verfallene Palast der Schneekönigin, die nun irgendwo auf dem Vatnajökull einen neuen Palast gebaut hat.

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Auf dem Weg zum Canyon mit dem unaussprechlichen Namen Fjaðrárgljúfur bekommen wir einen Eindruck von der Größe des Vatnajökull und seinen Gletschern.

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Der Weg dorthin und der Parkplatz ist für die Masse an Schaulustigen noch nicht gut genug ausgebaut. Ein relativ kleines Flüsschen meandert hier am Boden einer Schlucht in die Hügel hinein, und man kann am Ende der Schlucht hineinspazieren und direkt einen Blick hineinwerfen.

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Läuft man zum anderen Ende der Schlucht, entdeckt man eine Art Wasserfall, die wir so auch zum ersten Mal so in Island sehen: Das Wasser fällt hier nicht, es rutscht auf einer riesigen Wasserrutsche in die Schlucht.

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Die kommende Nacht verbringen wir in einer niedlichen kleinen Anlage, die von einer Familie geführt wird. Zum Abendessen hat die Herrin des Hauses leckeres isländisches Essen gekocht. Wir sitzen mit drei Amerikanerinnen aus Seattle, zwei Australiern aus Sydney und drei Kanadiern am Tisch und essen zusammen, wie eine große Familie. Schöner hätte der Abend nicht enden können.

Island: Heißkalte Tage im Süden

Skyewalkers: Inverness

[Mych] „The Three Chimneys and the House Over-By“ passierte gestern noch, nachdem Judith ihren Blog-Beitrag geschrieben hatte; darum erzähle ich jetzt davon.

Auf Skye was Nettes zum Abendessen zu finden ist nicht ganz simpel, denn alle Restaurants sind normalerweise schon auf Wochen ausgebucht. Am ersten Abend hatten wir glücklicherweise noch kurzfristig einen Tisch im Restaurant gegenüber unserem B&B bekommen (und sehr leckeres Huhn mit Haggis gegessen); für gestern Abend hatte uns Nicky, unsere sehr nette B&B-Gastgeberin, einen Tisch in „The Old School Restaurant“ besorgen können, in dem wir einen fantastischen Meeresfrüchteteller bekommen hatten; und für gestern, unseren letzten Abend auf Skye, waren wir der Empfehlung eines Freunds/Verwandten aus London gefolgt und hatten eine Reservierung bei „The Three Chimneys“ gemacht. „Ohh, how posh!“, kommentierte Nicky mit erhobener Augenbraue. Der einzige noch freie Tisch war um Viertel vor zehn verfügbar – großzügig Zeit nach unseren Tagesbeschäftigungen.

Um halb neun holte uns Donda mit seinem Taxi ab und entpuppte sich als sehr netter, sehr höflicher älterer Herr im grauen Tweed-Jackett, der uns die Tür zu seinem Wagen aufhielt und sich mit uns auf der zehnminüten Fahrt nett unterhielt.

The Three Chimneys„, hatte uns unser Freund/Verwandter gewarnt, ist sehr gut, und sehr teuer. In der Tat kann man für den Preis schon des regulären Menüs woanders ohne weiteres zu zweit sehr gut essen und trinken. Donda begleitete uns mit ins „House Over-By“, das Haus gegenüber dem eigentlichen Restaurant, begrüßte die Frau am Empfang beim Vornamen und stellte uns vor; dann verabschiedete er sich bis später, wenn er uns nach unserem Abendessen wieder abholen würde.

Wir hatten noch einige Zeit zu überbrücken, bis wir einen freien Tisch bekommen würden, und vertrieben uns die in gemütlichen Sesseln mit Gin & Tonic, gedämpfter Plauderei und einem sehr amüsanten angeregten Austausch mit einer amerikanischen Familie mit Sohn und Tochter, die aus Kalifornien angereist waren und gerade, so gegen zehn Uhr abends, noch zu einem Nightcup nach ihrem Essen im „House Over-By“ eintrudelten; sie hatten ihr Mahl kurz nach sechs begonnen.

Es dauerte etwas länger, bis unser Tisch tatsächlich frei wurde, wofür man sich bei uns wiederholt und mit dem Ausdruck tiefster Zerknirschung entschuldigte. Es war nicht schlimm – wir waren gut gelaunt und wohl unterhalten. So gegen halb elf bat man uns dann endlich tatsächlich zu Tisch, in einem eher kleinen Speiseraum mit Natursteinmauern und gedämpfter Beleuchtung. Wir entschieden uns für das Fünf-Gänge-Menü (statt des Acht-Gänge-Menüs), entschieden uns für unsere Vor- und Hauptspeise, und bekamen im Laufe der nächsten zwei Stunden Essen serviert, wie ich es brillanter noch nicht erlebt hatte. Wir hatten eine Kaninchenterrine zum Niederknien, butterzarte rosarote Taubenbrust, ein wundervolles und subtiles Hauptgericht mit Heilbutt (ich) bzw. Lammfilet (Judith); wir tranken einen guten Cabernet Sauvignon dazu, ich schwelgte in einer Komposition aus warmer/kalter süßer/salziger Schokolade/Karamel mit einem eleganten Portwein, während Judith Limonencreme und Mandelkuchen mit einem kanadischen Eiswein genoss.

Donda setzte uns um halb zwei wieder vor unserem B&B ab.

Heute Morgen stehen wir trotzdem recht früh auf. Wir müssen abreisen; wir wären gerne noch länger geblieben. Nicky überreicht uns unsere Handschuhe, die wir gestern klatschnass nach Hause gebracht hatten und die über Nacht im Waschkeller kaum trockener geworden sind. Wie es uns gefallen hat, fragt sie; „Perfekt“, antworte ich.

Unser erstes Zwischenziel ist die Talisker-Whisky-Brennerei – die einzige Brennerei auf Skye; jedem Whisky-Liebhaber ein Begriff. Wir haben eine Tour gebucht und ein bisschen Zeit, bevor sie anfängt, aber Carbost, wo sie angesiedelt ist, ist ein eher nichtssagendes Örtchen am Ufer des Loch Harport.

Die Tour durch die Brennerei an sich ist aber hochinteressant. Ich realisiere erst hier, dass der rauchige Geschmack mancher Whiskys buchstäblich daher kommt, dass das Malz über Rauch getrocknet wird – Rauch aus Torf im Fall von Talisker. (Früher wurde der komplette Trocknungsvorgang über Torffeuer durchgeführt. Heute sorgt man anderweitig für Hitze und benutzt den Rauch nur noch um des Geschmacks willen.)

Ich realisiere ebenfalls, dass die ersten Schritte in der Whisky-Herstellung mit denen in der Bierherstellung identisch sind. Tatsächlich ist das erste Zwischenprodukt eine Art Starkbier ohne Hopfen, das dann zweimal destilliert wird und zuletzt für ein paar Jahre in einem Holzfass verschwindet.

Die resolute Frau, die uns den Vorgang kompetent erklärt, führt uns durch die verschiedenen Produktionsbereiche. Ein appetitlicher Geruch hängt in der Luft. Wir sehen den Spirit Safe, durch den hinter (aus steuerrechtlichen Gründen per Vorhängeschloss verschlossenen) Glastüren die gesamte Produktion fließt – ein konstanter Strom kristallklarer Flüssigkeit; aber nicht viel mehr als der Wasserstrom, mit dem man vielleicht eine Badewanne füllen würde, in überraschendem Kontrast mit den gewaltigen Dimensionen der kupfernen Destillierkessel hinter uns.

Zuletzt werden wir zum Lagerhaus geführt. Wir können es leider nicht betreten, aber wir können durch eine Glaswand hineinschauen. In gedämpftem Licht schlummern Fässer über Fässer; auf denen, die uns am nächsten sind, ist in Schablonenschrift die Jahreszahl „1979“ gemalt. Wir erfahren, dass schottischer Whisky fast grundsätzlich in ausgedienten Bourbon-Fässern gelagert wird, die in Einzelteilen aus Amerika nach Schottland verschifft und dort zu Fässern mit etwas größerem Volumen wieder zusammengesetzt werden. Es gäbe dankenswerterweise gute Versorgung mit alten Bourbon-Fässern, erklärt die Frau, denn in den USA muss Bourbon per Gesetz grundsätzlich immer in brandneuen Fässern eingelagert werden – ein Gesetz, das wohlgemerkt der Arbeitsabsicherung amerikanischer Fassbinder entsprungen war, nicht etwa geschmacklichen Erwägungen der Bourbon-Whisk(e)y-Erzeuger. Zwanzig Millionen Fässer Whisky reifen in Schottland zu jeder Zeit heran, schätzt man; Schotten gibt es ungefähr fünf Millionen.

Eine Stunde weiter auf unserem Weg nach Inverness halten wir bei Eilean Donan Castle an. Eine schöne, sehr gut erhaltene Burg auf einem winzigen Inselchen einige zehn Meter im Wasser, wo sich Loch Long und Loch Aish mit Loch Duich treffen.

Der gute Zustand der Burg ist kein Zufall, denn das Gemäuer stammt in seiner heutigen Form aus dem frühen zwanzigsten Jahrhundert. Zuvor hatte die Burg für fast dreihundert Jahre als Ruine darnieder gelegen – schottische jakobitische Aufständler hatten sie im April 1719 besetzt; einen Monat später wurde die Burg von englischen Fregatten nach einem misslungenen Verhandlungsversuch zuerst in Grund und Boden geschossen und schließlich mit dreihundert Fass Schießpulver gesprengt.

1912 erwarb ein Schotte die Ruine, fand einen gleichgesinnten Steinmetz vor Ort, baute sie nach alten Plänen wieder originalgetreu auf und lebte noch ein paar Jahre darin, bevor er starb. Heute gehen wir durch die opulent eingerichteten Räume, in denen er seine letzten Lebensjahre verbrachte.

Nochmal eine Stunde weiter, kurz vor Inverness, steht die Ruine von Urquhart Castle. Zwischenzeitlich ist die Sonne herausgekommen und wirft goldenes Licht auf das alte Gemäuer.

Auch diese Burg wurde von Engländern gesprengt – nicht während, sondern nach dem Ende des Jakobitenaufstands; die englische Besatzung jagte das Torhaus in die Luft, als sie die Burg geordnet verließ, damit sie womöglich nochmal aufkeimenden Jakobitenaufständlern nicht als Festung dienen könnte. Später wurde sie von den Bewohnern der Nachbarorte um ihrer gebrauchsfertig behauenen Steine geplündert. Wir haben einen schönen Blick auf Loch Ness von den Aussichtspunkten, die sich in den Türmen und Gebäuden der alten Burg finden.

Schließlich kommen wir am frühen Abend in Inverness an. Unsere Gastgeberin gibt uns eine Touristenkarte der Stadt und empfiehlt einige Restaurants fürs Abendessen. Wir müssen nur ein paar Minuten laufen, bis wir über eine schwankende Fußgängerbrücke über den Fluss Ness in die kleine Innenstadt von Inverness gelangen.

Wir spazieren an der „Ivy Bar“ vorbei, die sich schottische Tapas auf die Fahnen schreibt – das klingt spannend, also gehen wir rein. Und so gelangen wir heute Abend an ein Craft Beer, an Haggis-Fleischbällchen-Tapas, Black Pudding-Tapas mit Apfel, an Cullen Skink-Tapas mit Sahnehäubchen und noch ein paar mehr. Am Ende bestellen wir noch ein Weiße-Schokolade-Mousse, das ganz fabelhaft präsentiert ankommt.

Ein schöner Konterpunkt zu unserem gestrigen Abendessen.

Skyewalkers: Inverness

Skyewalkers: Greenock

[Maus] Nach einer unruhigen Nacht in unserem winzigen Zimmerchen sind wir nach einem kleinen Frühstückchen zu einem kurzen Shoppingtrip aufgebrochen. Oberstes Ziel: eine neue Jeans für Michael. Seine Lieblingsjeans fiel ihm fast vom Leib und die Ersatzjeans war viel zu unbequem für einfach alles. Mein vertrocknendes Gesicht auch noch schnell mit Creme versorgt, um uns dann erst einmal einen anständigen Kaffee zu gönnen. Dass die Engländer nicht so guten Kaffee machen können, wussten wir ja schon von unserem Fife-Urlaub im letzten Jahr.

In Blackpool hielt uns nichts mehr. Das Meer werden wir sicher noch öfter zu sehen bekommen. Also brachen wir nach unserem Einkaufsbummel auf in den Norden. Das Ziel auf halber Strecke war Birdoswald Roman Fort, eine Festungsanlage am Hadrianswall.

Letztes Jahr, als wir in Carlisle waren, hatten wir versucht, den Hadrianswall zu finden, nur um dann später festzustellen, dass man direkt in Carlisle nicht mehr allzu viel davon finden kann, weil die Steine für andere Bauprojekte verwendet wurden. Heute jedoch konnten wir ein großes Stück Wall anschauen und es war außerdem zu unserem Glück ein römischer Legionär da, der fast eine Stunde lang vom Leben als Legionär und von der Geschichte des Hadrianwalls berichtete.

Nachdem wir uns ausreichend mit frischer Luft versorgt und unseren Beinen ein Stretching gegönnt hatten, fuhren wir unsere zweite Etappe bis zu unserem Tageshighlight – eine Schlammwanderung. Das ist natürlich Quatsch – wir wollten einen Abenteuer-Geocache suchen gehen. Dieser heißt Starboard Tower No 2 und führte uns zu einem Turm im Fluss Clyde. Bei Ebbe kann man zu diesem Turm hinwaten und den Cache suchen.

Gesagt, getan. Wir haben uns in unsere besten Cacherklamotten geschmissen und sind zum Flussufer aufgebrochen. Dieses ist dem Wattenmeer nicht so unähnlich und dementsprechend schlammig war es vor Ort. Michael schlug vor, dass ich doch mal schön im Schlamm posieren könnte. Aber ich hatte bereits zu lange auf der gleichen Stelle gestanden und benötigte nun Hilfe, um dem Schlamm wieder zu entkommen.

Ohne zwischendurch anzuhalten stiefelten wir also los in Richtung Turm und stellten schnell fest, dass man tatsächlich ein wenig auf dem Schlamm gleiten konnte. Das war ein wenig wie Skilanglauf – nur viel schmutziger. Um dann tatsächlich zum Turm zu kommen, mussten wir tiefere Gewässer überwinden und bekamen nasse Füsse.

Insgesamt war das ein großartiges Abenteuer und wir haben glücklicherweise rechtzeitig den Rückweg angetreten, denn zurück am Auto gab es einen herrlichen Wolkenbruch.  (Nachtrag: Siehe auch mein Log und Michaels Log.)

Unseren Abend haben wir in unserem Hotel ausklingen lassen, bei einem Drei-Gänge-Menü für unter 15 Pfund pro Nase. Und endlich haben wir Haggis bekommen.

Skyewalkers: Greenock

When in Bath, do as the Romans do

[Maus] Ich grübelte geraume Zeit, was ich Michael zum Geburtstag schenken könnte, doch mir wollte partout nichts einfallen. Krampfhaft versuchte ich mich zu erinnern, was er sich irgendwann mal gewünscht hatte. Als einziges Ding fiel mir ein Raspberry Pi ein – aber das empfand ich dann doch als eher unpassend. Ich wünschte mir, ich wäre so ein grandioser Bastler wie Michael, damit ich ihn auch mal beeindrucken könnte …

Da wir aber immer noch dabei sind das Land zu entdecken, dachte ich mir, ein Kurztrip – irgendwohin, wo es schön ist – wäre besonders genug; und wenn ich schon nicht Basteln kann, im Organisieren bin ich gar nicht so schlecht.

Nach einiger Recherche (bei der ich immer wieder auf die gleichen Dinge stieß) entschied ich mich für einen Kurzurlaub in Bath. Bath liegt südlich von Coventry in der Grafschaft Somerset und ist berühmt für seine römischen Bäder – doch davon später. Ich buchte also drei Übernachtungen im Harington’s Hotel und, um in Zukunft mitreden zu können, einen Tag im Thermae Bath Spa.

Die erste Überraschung bei unserer Ankunft: Parken direkt am Hotel war nicht möglich (ich hatte einen Parkplatz dazugebucht, da die Altstadt, in der sich unser Hotel befand, nur sehr wenige Parkplätze hat). Als wir vor dem Hotel ankamen, war uns sofort klar, dass noch nicht mal Stehenbleiben eine Option war, denn viel breiter als das Auto war die Straße nicht.

Was nun? Wir beschlossen, erstmal in die nächste Straße einzubiegen, und siehe da: Parkplätze. Doch leider waren das alles reservierte Parkplätze und so parkte Michael ein und wartete dort, während ich ins Hotel ging, um nach dem gebuchten Parkplatz zu fragen. Der Herr am Empfang drückte mir ein laminiertes DIN-A4-Blatt mit der Beschreibung zum Parkplatz und einer Parkplakette in die Hand und bot an, dass wir ja erstmal unser Gepäck ausladen könnten. Ich lehnte dankend ab, da wir nicht viel Gepäck dabei hatten. Nach zehnminütiger Fahrt durch Einbahnsträßchen und Gässchen fanden wir unseren Parkplatz – und nach fünf Minuten Fußweg waren wir auch schon wieder zurück am Hotel.

Micha macht Foto

Das Hotel war klein, aber sehr gepflegt und modern eingerichtet. Wir bezogen unser Zimmer im dritten Obergeschoss und freuten uns über all die kleinen Details. Mein Highlight war die „Oops! Did you forget something?“-Karte mit Deodorant, groß, für Damen und Deodorant, klein, für Herren. Außerdem an der Rezeption zu erwerben: die „Love Box“. Ich frage mich, wie häufig die wohl an der Rezeption gekauft wird. Michael erfreute sich derweil an einer Möwe, die auf dem Schornstein des Nachbarhauses posierte.

MöweOops

Nach einer mittelschweren Kofferexplosion machten wir uns auf den Weg zu unserem ersten Ausflugsziel: dem Jane Austen Centre.

Wer Jane Austens „Stolz und Vorurteil“ kennt, weiß, dass die Protagonisten unglaublich gern zum Afternoon Tea einladen. Wir besuchten also den Regency Tea Room im Jane Austen Centre um „Tea with Mr. Darcy“ zu trinken. Man bekommt aber nicht einfach nur Tee serviert, sondern eine Auswahl leckerer Sandwiches und köstlicher Küchlein, getoppt von meinem persönlichen Favoriten: warmen scones mit clotted cream und Marmelade.

Der „Tea with Mr. Darcy“ war aber nur der Beginn einer unglaublichen kulinarischen Reise durch Bath. Egal, wo wir einkehrten – ob Pub, Spa oder Restaurant: wir bekamen immer vorzügliches Essen, das außerdem immer hervorragend präsentiert wurde.

Mr. Darcy

Um aus dem Urlaub noch etwas Erinnerungswürdiges zu machen, hatte ich im Thermae Bath Spa ein „Time for Two Package“ gebucht. Ich war furchtbar gespannt, denn während wir am Sonntag durch Bath bummelten, entdeckten wir eine sehr lange Menschenschlange und aus Neugierde schauten wir nach, wofür denn angestanden wird. Nach ein paar Metern entdeckten wir einen Aufsteller, der sagte, dass man ab diesem Punkt nur noch 90 Minuten warten müsste. Ein weiterer Aufsteller ein paar Meter weiter kündigte an, dass es von diesem Punkt aus nur noch 60 Minuten seien. Am Ende der Schlange standen wir vor dem Eingang des Thermae Bath Spa, dass wir am darauffolgenden Montag besuchen wollten.

Hier ist also die Frauen-Wand?
Hier ist also die Frauen-Wand?

Das Thermae Bath Spa wird von Englands einziger Thermalquelle gespeist, die schon die Römer im ersten Jahrhundert entdeckten und nutzen. Um die heiße Quelle wurde eine riesige Tempelanlage mit Badehaus gebaut. Vor ein paar hundert Jahren entdeckte man bei Ausgrabungen die römischen Anlagen und machte sie wieder begehbar (ein sehr sehenswertes Museum).

Am Montag war es glücklicherweise nicht so überfüllt. Am Empfang wurden wir angenehm überrascht: Es gab Bademäntel, Handtücher und Schlappen für uns und für unsere Spa-Behandlung auch noch einen Gutschein. Auch Shampoo, Conditioner und Duschgel waren in den Duschkabinen vorhanden. Und bevor man wieder nach Hause geht, kann man seine Badesachen sogar noch in einer kleinen Zentrifuge trockenschleudern.

Auf den vier Etagen des Spas befinden sich das Minerva-Bad (ein mittelgroßer Pool mit einem Whirlpool-Bereich, in dem es alle paar Minuten mal whirlt, und einem Suppentopf-Strudel außen herum), Steamrooms (vier Dampfsaunen mit unterschiedlichen Aromen und Temperaturen zwischen 45 und 50°C, und in der Mitte des Raumes befindet sich eine Regendusche), der Anwendungsbereich (mit einem Angebot an verschiedenen Massagen, Gesichts- und anderen Schönheitsbehandlungen) mit anschließendem Restaurant und einem Pool auf dem Dach (ebenfalls mit Whirlelementen).

Wir ließen uns den ganzen Tag lang mit Poolnudeln durchs Wasser treiben und genossen unsere einwandfreie Partnermassage. Die fand zwar im selben Raum statt, aber ich habe von Michael nichts gehört oder gesehen, denn entweder schaute ich auf den Boden unter mir oder hatte ein warmes Lavendelkissen auf den Augen.

Der einzige Wermuthstropfen des Tages war das Verschwinden meines Bademantels samt Gutschein für die Partnermassage, Handtuch und Schlappen während unseres Aufenthaltes in den Steamrooms. Aber das freundliche Personal am Empfang stattete mich einfach neu aus, inklusive riesiger Schlappen, die selbst Michael zu groß waren.

Ein großartiger Kurzurlaub mit allem, was ein Römer so braucht.

Absolutely!
Absolutely!
When in Bath, do as the Romans do

Fettlebe

[Mych] „Ich seh überhaupt keinen Unterschied“, beschwert sich Judith nach einem Blick in den Spiegel – und stellt ihren Gürtel um ein Loch enger, weil sonst die Hose nicht hält. In der Küche stehen die Reste unseres gestrigen Abendessens: Broccoli mit ordentlich Käse überbacken – mjamm.

Heute bin ich schlank, aber das war nicht immer so. Irgendwann in meinen späten Zwanzigern (vor ungefähr zehn Jahren) stellte ich eines Tages fest, dass die traditionelle allweihnachtliche Gewichtszunahme sich bis Ende September immer noch nicht wieder gegeben hatte: Ich war drauf und dran, den Weg zum schmerbäuchigen Mittdreißiger einzuschlagen.

„Fett reduzieren!“, suggerierten die Regale im Supermarkt. Ich setzte mir ein tägliches Fett-Limit – 30 Gramm, inklusive der „versteckten Fette“, die man nur auf der Nährwerttabelle findet –, und hielt das ungefähr ein Jahr lang ziemlich konsequent durch. Und es wirkte! Als pummeliger Endzwanziger hatte ich 85 Kilogramm gewogen – das entspricht einem Body-Mass-Index (BMI) von 26,5 bei meiner Größe, klassifiziert als „leicht übergewichtig“ –, und jetzt ich hatte mein BMI-Ziel von 22,5 erreicht, mitten im Normalgewichtbereich: 72 Kilogramm. Keine Pausbäckchen mehr, und kein Grund mehr, nur in Schlabber-T-Shirts und weiten Pullis rumzulaufen.

Was ich dabei gelernt hatte:

  • Mein Körpergewicht kann von einem Tag auf den nächsten um mehr als 1-2 Kilogramm schwanken – in beide Richtungen. Das ist normal.
  • Je mehr ich „drin“ war, desto mehr verschwand das ständige Hunger- oder Appetitgefühl. Am unangenehmsten waren (nach einem Tag der Schwäche) immer die ersten ein bis zwei Tage, dann ging’s wieder gut.
  • Sich mit dem Aussehen seines Körpers wieder wohl zu fühlen wirkt Wunder.

Oh, und:

  • Fett reduzieren ist Blödsinn.

Was bei mir gewirkt hatte, war, dass ich weniger zu mir nahm, weil ich darauf achtete, was ich aß.

Vor ein paar Monaten kratzte die Waage bei Judith und mir (nach einer Woche English Breakfast) wieder an Höchstgewichten, die wir beide eigentlich nie mehr hatten erreichen wollen.

Und dann entdeckten Judith und ich Keto.

Die Keto-Diät ist kontraintuitiv für jemanden, der in deutschen (oder englischen) Supermärkten kultiviert wird: Nicht Fett ist böse, sondern Kohlenhydrate – nicht mehr als 25–50 Gramm davon pro Tag. Das zwingt den Körper innerhalb von ein paar Tagen dazu, nicht mehr haufenweise Insulin auszuschütten, um Zucker zu verbrennen, sondern in den Ketose-Modus umzuschalten und aus Fett Energie zu gewinnen. Und zwar nicht nur aus dem Fett im Essen, sondern auch dem bereits eingelagerten.

Also eigentlich ganz simpel: Wenn meine Kalorien nicht aus Kohlenhydraten – Brot, Nudeln, Reis, Zucker – kommen dürfen, dann muss ich sie mir in Form von Fett (oder Eiweiß) zuführen. Zu viel Eiweiß ist auch keine gute Idee, weil der Körper das in Zucker umwandeln kann; also: hauptsächlich Fett. Webseiten wie der Keto Calculator (englisch) helfen dabei, auszurechnen, wieviel Fett und Eiweiß man zu sich nehmen muss, um entweder sein Gewicht zu halten oder abzunehmen – inklusive eines hübschen Graphen mit Gewichtsprognose.

Judith und ich machen das jetzt seit einigen Wochen, und …

  • Es funktioniert tatsächlich. Judith hat ihr Nahziel schon erreicht (will aber noch tiefer gehen – ungefähr zum gleichen BMI wie ich; sie wiegt schon jetzt weniger als ich, aber sie ist auch eine Handbreit kleiner). Bei mir zeigte die Waage heute Morgen 72,1 kg an – hundert Gramm über dem Ziel.
  • Es ist lecker! Wir lieben Käse. Und Fleisch. Und Bacon. Und wir haben kürzlich mal fritierte Avocado in einer Panade aus Mandelmehl und Parmesan zusammen mit ebenfalls fritiertem Halloumi gegessen. Mmmh. Auf Brot und Kartoffeln und Nudeln verzichtet es sich erstaunlich leicht, sogar im Urlaub.
  • Wir haben kaum Hunger. Das heißt nicht, dass wir unser Essen nicht genießen können – vielleicht sogar um so mehr. Und wir fühlen uns fit dabei. (Wir haben dieser Tage eher das Problem, dass wir beim Zusammenrechnen am Abend feststellen, dass wir eigentlich noch was essen müssten, um nicht zu wenig gegessen zu haben – wer zu wenig isst, baut Muskeleiweiß ab, und das wäre ja auch doof.)

In /r/keto auf Reddit posten jeden Tag ein halbes Dutzend Leute Vergleichsbilder von sich selbst mit dem Etikett „[SV]“ (für „scale victory“ – ein Sieg auf der, oder über die, Waage) – oder erzählen darüber, wie erstaunlich leicht ihnen diese Diät fällt; oder wie sie sich gefühlt haben, als ihnen am Morgen zum ersten Mal in ihrem Leben jemand sagte, dass sie schlank seien.

Wer leckere Rezepte sucht, findet die in /r/ketorecipes (Suppen, Gratins, Fleischgerichte, kreative Nudelsubstitute als Träger für die leckere, schon an sich ketokompatible Carbonara oder Bolognese).

Fettlebe

Ich bin zu alt für so viel Party

[Maus] Als Michael noch in Frankfurt war, hat er über einen Freund zu Round Table Hanau Kontakt aufgenommen. Die Tabler sind junge Männer bis 40 Jahre, die sich gemeinsam für soziale Projekte engagieren und ganz nebenbei Kontakte zu vielen verschiedenen Leuten knüpfen. Diese Organisation kommt ursprünglich aus dem Vereinigten Königreich, ist aber inzwischen in  ganz Europa verbreitet. Innerhalb eines Landes werden in der Reihenfolge der Gründungen Nummern vergeben, und so kam es, dass der Round Table in Hanau die Nummer 74 bekam.

Vor einer Woche sind wir dann zu einem Treffen nach Warrington gefahren, bei dem sich die Round Tables mit der Nummer 74 aus Warrington, Hanau, Faxe und Lyngdal, sowie einige andere Tabler aus England mit der Nummer 174 getroffen haben. Ich hatte ja keine Ahnung, auf was ich mich da eingelassen hatte — aber um es mal vorwegzunehmen: Es war sehr lustig.

Am Donnerstag nach der Arbeit bin ich direkt zum Bahnhof gefahren, um dort Michael und unseren Koffer zu treffen. In einem völlig überfüllten Zug mit einem fehlenden Wagen sind wir also anderthalb Stunden nach Warrington gefahren und wurden von unserem Gastgeber, Neil, am Bahnhof abgeholt.

Alle Gäste waren bei Tablern untergebracht, und unsere Gastgeber waren ausgesprochen nett. Neil und Rachael haben ein großes und sehr hübsch eingerichtetes Haus und drei sehr wohlerzogene Kinder — zwei Mädchen und einen Jungen (der Jüngste), also praktisch wie bei mir. Außerdem war auch noch Christian aus Faxe bei Ihnen untergebracht. Gemeinsam sind wir zum Haus eines anderen Tablers gegangen, um dort gemeinsam zu Abend zu essen. Dort trafen wir auch auf den bereits erwähnten Freund aus Hanau. Es wurde ein feuchtfröhlicher Abend mit Mädchenwhiskey aus Dänemark und Bagpiper aus Indien (der war allerdings zum Abgewöhnen).

Nach einer kurzen Nacht sind wir um 9:30 Uhr zu einem Ausflug nach Liverpool aufgebrochen. Leider war nicht viel Gelegenheit, sich Liverpool anzuschauen, denn wir hatten ein straffes Programm.

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Das begann mit einem Besuch des Beatles-Museums, das wir nicht ganz bis zum Schluss erkunden konnten, denn es war im Anschluss ein Mittagessen in den Philharmonic Dining Rooms geplant. Es gab ganz traditionell Fish and Chips, was zwar nicht gerade mein Lieblingsessen ist, aber durchaus essbar war.

Kaum war das Essen verputzt, ging es weiter zur Kathedrale von Liverpool, die noch ziemlich jung ist, dafür aber umso beeindruckender. Erst 1904 war Grundsteinlegung und dann wurde in Etappen gebaut, bis im Jahre 1978 das Gebäude entgültig fertiggestellt war.

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Der Tag endete mit einer Party, die unter dem Motto „It’s magic“ stand. Viele waren passend zum Motto gekleidet und es gab einen kleinen Wettbewerb, bei dem jedes Land einen kleinen Sketch zum Thema aufführte. Es gab jede Menge toller Zaubertricks, die die Welt zuvor noch nie gesehen hatte — mein Favorit war der Bier-verschwinde-Trick. Nach jeder Menge lauter Musik und Alkohol kroch ich müde ins Bett, um nach sechseinhalb Stunden Schlaf wieder aufzustehen.

Michael und ich verbrachten den Vormittag getrennt. Ich war mit den Ladies auf Bootstour am Anderton Boat Lift mit anschließendem Afternoon Tea und Michael war, glaube ich, auf Sauftour mit Anzug. Genaueres zu Michaels Aktivitäten erfragt ihr am Besten bei Ihm. Jedenfalls hätten wir beide schon am Vormittag betrunken sein können. Ich konnte mich aber gerade noch so zurückhalten und Michael schien auch noch ziemlich nüchtern zu sein, als ich ihn am Nachmittag traf.

[Mych] Mein Vormittag begann mit einem launigen so genannten Business Meeting der Männer, das im altehrwürdigen Gerichtssaal in der Polizeistation von Warrington stattfand — komplett mit Roben und Perücken der drei Vorsitzenden. Kernpunkt waren die Berichte der anwesenden Tische über ihren Aktivitäten des vergangenen Jahrs (über das ganze Spektrum zwischen „sozial engagieren“ und „engagiert feiern“) — und die berührende Rede eines der ältesten Anwesenden, der vor einem halben Leben den ersten Tisch dieses erlauchten Kreises gegründet hatte und nun mit Zufriedenheit und Stolz auf das blicken konnte, was im Laufe der letzten vierzig Jahre daraus geworden war.

… nein, das stimmt eigentlich nicht. Mein Vormittag begann tatsächlich etwa eine Stunde zuvor im Red Lion Inn, wo mir mit einer List mein erstes Bier des Tages aufgenötigt wurde. („Wasser? Nein, das schenken die hier nicht aus.“) Und so ähnlich ging es bei und nach unserem Mittagessen weiter — wohlgemerkt alles auf Kosten unserer Gastgeber. Nicht etwa, dass es vor und bei unserem Gala-Dinner anders zugegangen wäre …

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Die Damen kamen dann etwas später am Nachmittag zu dem netten Restaurant am Kanal, in dem wir zu Mittag gegessen hatten.

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Unser Pub Crawl hatte uns Männer geografisch nicht allzu weit gebracht, also war es kein Problem, Judith zum Red Lion Inn zu lotsen, bei dem wir (erneut) gestrandet waren, bevor es dann zur Vorbereitung aufs große Gala-Dinner nach Hause ging.

[Maus] Die Bootstour war eigentlich nur deshalb spannend, weil wir mit einem Schiffshebewerk eine Stufe nach unten transportiert worden sind. Aber der Anderton Boat Lift ist im Vergleich zum Schiffshebewerk in Niederfinow winzig. Die verbauten Materialien des Anderton Boat Lift stammen zu einem großen Teil aus Deutschland. Na ja, das sagt wohl alles. 😉

Afternoon Tea

Unseren Afternoon Tea haben wir in einer Teestube eingenommen und neben einer riesigen Auswahl verschiedener Teesorten gab es eine Étagère mit leckeren Sandwiches, die prima den konsumierten Alkohol aufsaugten, und einer leckeren Kuchenauswahl. Das Highlight dieses Fressgelages waren aber ofenfrische Scones mit Marmelade und clotted cream. Auf dem Gelände, auf dem diese Teestube stand, gab es außerdem zwei Alpakas, zwei Esel, diverse Vögel und ein äußerst sympathisches Schwein. Ich hätte dort auch den ganzen Tag verbringen und mit dem Schwein spielen können.

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Viel Zeit zum Erholen blieb nicht, denn ein Galaabend stand an. Der Schlafmangel und das straffe Programm zollten ihren Tribut. Ich hing nach dem Abendessen total in den Seilen und hoffte nur noch, dass ich bald schlafen gehen kann. Der Sonntag war ein verlorener Tag, da wir beide völlig übermüdet waren. Aber schön war es trotzdem und ich freue mich schon auf das europäische jährliche Treffen der Round Tabler in Hanau nächstes Jahr.

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Ich bin zu alt für so viel Party

Wohnungssuche

[Maus] Es war ein ereignisreiches Wochenende, und ich habe soviel zu berichten, dass ich noch nicht weiß, ob es vielleicht in den nächsten Tagen eine Fortsetzung geben wird.

Die ganze Woche über war ich immer wieder damit beschäftigt, Besichtigungstermine für Wohnungen und Häuser zu vereinbaren, weil ich Michael gern dabei haben wollte. Solche Entscheidungen allein zu treffen gefällt mir nicht.

Die erste Besichtigung war schnell für Samstag Morgen vereinbart. Es handelte sich um eine 2-Schlafzimmer-Wohnung in Chapelfields. Der nächste Telefonanruf endete zwar ohne einen Termin zur Besichtigung, aber verlief trotzdem sehr erfreulich. Nachdem ich mich am Telefon vorgestellt hatte, sagte die Dame am anderen Ende „Sprechen Sie Deutsch?“, was ich verdutzt mit „Ja!“ beantwortete. Die nette Dame namens Dagmar teilte mir dann allerdings mit, dass sie das angebotene Haus bereits vermietet hätte. Sie fragte mich dann aber auch noch, ob Sie sich meine Nummer notieren dürfte, um sich bei mir zu melden, sobald eines ihrer anderen Häuser frei würde.

Den zweiten Besichtigungstermin musste ich dann über E-Mail organisieren, was glücklicherweise auch noch vor dem Wochenende klappte, und für den Sonntag hatte ich auch noch eine Besichtigung organisiert.

Wir hatten also viel vor. Doch das war noch nicht alles. Der erste Besuch kündigte sich auch für dieses Wochenende an und ich freute mich riesig, dass mich Mark und René hier besuchen kommen wollten. Da sie nichts dagegen hatten, uns zu unseren Besichtigungen zu begleiten, sind wir also zu viert losgezogen.

Um 10:30 Uhr holten wir die beiden vom Bahnhof ab und gingen zu besagter erster Wohnung. Der vordere Teil des Hauses war ein massives Stahlbetonwerk und sah beeindruckend aus. Ein Anbau, der die Wohnung enthielt, war in einem ähnlichen Stil gebaut, aber natürlich wesentlich jünger. Die Wohnung gefiel uns, alles schlicht und modern gehalten und in relativ gutem Zustand. Auch Mark, der sicher schon einiges gesehen hat, stimmte uns zu.

Aber natürlich schaut man sich nicht nur eine Wohnung an. Da wir noch Zeit bis zur nächsten Besichtigung hatten, zeigte ich René und Mark erst einmal meine Bude. Sie ist natürlich nicht beeindruckend, aber immerhin konnte jeder bequem sitzen.

Als nächstes wollten wir uns ein 3-Schlafzimmer-Haus anschauen, das in Earlsdon steht. Da wir ein wenig zu früh vor Ort waren, haben wir uns noch ein wenig umgeschaut und Mark entdeckte eine Katze, die sogleich ein wenig schmusen wollte. Michael lockte sich diese Katze ebenfalls an, um sie zu streicheln, und die Katze war so nett, sich mit einem herzhaften Biss in seine Hand zu bedanken. Ich mache mir seitdem Sorgen, dass sich das entzündet und ihm die Hand abfault. Blödes Viech. Zum Glück sieht es heute gar nicht mehr so schlimm aus. Er ist also mit einer blauen Hand davongekommen. Und das, nachdem er sich erst ein Wochenende vorher einen Stock gegen den Kopf schmeißen ließ. Ich glaube, er versucht gerade krampfhaft, meinen Narbenrekord zu brechen.

Mit blutender und zerkratzter Hand gingen wir also zum nächsten Besichtigungstermin. Ich weiß gar nicht so recht, was ich dazu sagen soll. Abgewohnt, ungepflegt, kalt, hässlich? Ja, alles. Der Makler wollte uns dann gleich noch das Nachbarhaus zeigen, das unmöbliert war, im Gegensatz zum ersten Haus. Man konnte sich also besser seine eigenen Möbel vorstellen. Ich wollte das nur nicht. Ich war nicht beeindruckt. Der Makler meinte, wenn wir noch Interesse hätten, würde er uns noch ein drittes Haus zeigen, das nicht weit weg sei. Er würde nur noch eine Besichtigung machen und dann den Schlüssel für dieses Haus besorgen.

Wir gingen derweil einen kleinen Snack essen und trafen uns dann mit ihm in einem kleinen Häuschen, nicht viel schöner als die letzten beiden, aber man könnte sich vorstellen, dass man es sich schön einrichten könnte.

Da wir aber bereits die Wohnung, die wir zuerst gesehen hatten, überzeugend fanden, fielen alle drei Häuser durch. Keine Chance, dass wir dort einziehen. Aber der Tag war noch jung nach all den Besichtigungen. Wir sind noch einmal kurz zu mir gegangen, um die Prospekte dazulassen und was Wärmeres anzuziehen. Und wer sitzt da im Garten und mampft? Richtig, Bijous reicher englischer Onkel. Der kommt mich jetzt wohl täglich besuchen.

Wir unternahmen anschließend einen kleinen Ausflug nach Kenilworth — in der Hoffnung, noch die Schlossruine besichtigen zu können. Leider hatten sie schon geschlossen, und so blieb uns nichts anderes, als einen Runde um das Gelände zu drehen. Es ist sehr sehenswert und mit Sicherheit werde ich hierhin noch ein paar Ausflüge unternehmen.

Nach einer Erfrischung in dem Pub, in dem ich schon mit meinen Kolleginnen war, sind wir mit dem Bus zurückgefahren und haben uns noch einen netten und köstlichen Abend im „The Royal Bengal“ gegönnt. Mark hat wieder sehr gut ausgewählt — mir hat sogar das Lamm vorzüglich gemundet.

Heute war dann unser vorerst letzter gebuchter Besichtigungstermin. Diesmal nicht in Earlsdon, sondern oberhalb von Chapelfields. Wir versprachen uns nicht viel davon, da wir von diesem Haus bis dahin nur die Frontansicht kannten. Da es aber auf OpenRent angeboten wurde, gaben wir dem Haus eine Chance, denn immerhin mietet man da nicht über einen Makler, sondern direkt vom Vermieter.

Schon, als wir davorstanden, waren wir uns einig, dass uns das Haus gefällt und es einen gepflegten Eindruck machte. Doch drinnen kam die richtige Überraschung. Es öffnete uns eine Dame mittleren Alters, die uns mitteilte, ihre Schwester (diejenige, mit der ich den Termin vereinbart hatte) wäre zwar noch nicht da, aber wir könnten uns ruhig schon umschauen. Was wir sahen, war einen kleine Baustelle, denn es wurde gerade alles neu gemacht. Die Wände waren gestrichen, viele Steckdosen neu eingebaut, der Boden neu gemacht, die Fenster sind doppelt verglast, in den unteren beiden Räumen hatten sie zwei nagelneue Gasfeuerstellen eingebaut, die Küche ist neu und mit Waschmaschine, Geschirrspüler, Kühlschrank, Gasherd und Backöfen ausgestattet. Es gibt einen kleinen Garten mit einem Außenklo und zwei große Schlafzimmer, ein kleines Zimmer und ein Badezimmer in der oberen Etage. Kurz: ein Traumhaus.

Als Sahnehäubchen obendrauf gab es selbstgebackenen Kuchen und Tee und ein Schwätzchen mit zwei sehr unterschiedlichen, aber sehr herzlichen Schwestern. Wenn die beiden uns als Mieter wollen, ziehen wir im April dort ein. Ich könnte nicht glücklicher sein. 🙂

Wohnungssuche