Ich bin zu alt für so viel Party

[Maus] Als Michael noch in Frankfurt war, hat er über einen Freund zu Round Table Hanau Kontakt aufgenommen. Die Tabler sind junge Männer bis 40 Jahre, die sich gemeinsam für soziale Projekte engagieren und ganz nebenbei Kontakte zu vielen verschiedenen Leuten knüpfen. Diese Organisation kommt ursprünglich aus dem Vereinigten Königreich, ist aber inzwischen in  ganz Europa verbreitet. Innerhalb eines Landes werden in der Reihenfolge der Gründungen Nummern vergeben, und so kam es, dass der Round Table in Hanau die Nummer 74 bekam.

Vor einer Woche sind wir dann zu einem Treffen nach Warrington gefahren, bei dem sich die Round Tables mit der Nummer 74 aus Warrington, Hanau, Faxe und Lyngdal, sowie einige andere Tabler aus England mit der Nummer 174 getroffen haben. Ich hatte ja keine Ahnung, auf was ich mich da eingelassen hatte — aber um es mal vorwegzunehmen: Es war sehr lustig.

Am Donnerstag nach der Arbeit bin ich direkt zum Bahnhof gefahren, um dort Michael und unseren Koffer zu treffen. In einem völlig überfüllten Zug mit einem fehlenden Wagen sind wir also anderthalb Stunden nach Warrington gefahren und wurden von unserem Gastgeber, Neil, am Bahnhof abgeholt.

Alle Gäste waren bei Tablern untergebracht, und unsere Gastgeber waren ausgesprochen nett. Neil und Rachael haben ein großes und sehr hübsch eingerichtetes Haus und drei sehr wohlerzogene Kinder — zwei Mädchen und einen Jungen (der Jüngste), also praktisch wie bei mir. Außerdem war auch noch Christian aus Faxe bei Ihnen untergebracht. Gemeinsam sind wir zum Haus eines anderen Tablers gegangen, um dort gemeinsam zu Abend zu essen. Dort trafen wir auch auf den bereits erwähnten Freund aus Hanau. Es wurde ein feuchtfröhlicher Abend mit Mädchenwhiskey aus Dänemark und Bagpiper aus Indien (der war allerdings zum Abgewöhnen).

Nach einer kurzen Nacht sind wir um 9:30 Uhr zu einem Ausflug nach Liverpool aufgebrochen. Leider war nicht viel Gelegenheit, sich Liverpool anzuschauen, denn wir hatten ein straffes Programm.

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Das begann mit einem Besuch des Beatles-Museums, das wir nicht ganz bis zum Schluss erkunden konnten, denn es war im Anschluss ein Mittagessen in den Philharmonic Dining Rooms geplant. Es gab ganz traditionell Fish and Chips, was zwar nicht gerade mein Lieblingsessen ist, aber durchaus essbar war.

Kaum war das Essen verputzt, ging es weiter zur Kathedrale von Liverpool, die noch ziemlich jung ist, dafür aber umso beeindruckender. Erst 1904 war Grundsteinlegung und dann wurde in Etappen gebaut, bis im Jahre 1978 das Gebäude entgültig fertiggestellt war.

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Der Tag endete mit einer Party, die unter dem Motto „It’s magic“ stand. Viele waren passend zum Motto gekleidet und es gab einen kleinen Wettbewerb, bei dem jedes Land einen kleinen Sketch zum Thema aufführte. Es gab jede Menge toller Zaubertricks, die die Welt zuvor noch nie gesehen hatte — mein Favorit war der Bier-verschwinde-Trick. Nach jeder Menge lauter Musik und Alkohol kroch ich müde ins Bett, um nach sechseinhalb Stunden Schlaf wieder aufzustehen.

Michael und ich verbrachten den Vormittag getrennt. Ich war mit den Ladies auf Bootstour am Anderton Boat Lift mit anschließendem Afternoon Tea und Michael war, glaube ich, auf Sauftour mit Anzug. Genaueres zu Michaels Aktivitäten erfragt ihr am Besten bei Ihm. Jedenfalls hätten wir beide schon am Vormittag betrunken sein können. Ich konnte mich aber gerade noch so zurückhalten und Michael schien auch noch ziemlich nüchtern zu sein, als ich ihn am Nachmittag traf.

[Mych] Mein Vormittag begann mit einem launigen so genannten Business Meeting der Männer, das im altehrwürdigen Gerichtssaal in der Polizeistation von Warrington stattfand — komplett mit Roben und Perücken der drei Vorsitzenden. Kernpunkt waren die Berichte der anwesenden Tische über ihren Aktivitäten des vergangenen Jahrs (über das ganze Spektrum zwischen „sozial engagieren“ und „engagiert feiern“) — und die berührende Rede eines der ältesten Anwesenden, der vor einem halben Leben den ersten Tisch dieses erlauchten Kreises gegründet hatte und nun mit Zufriedenheit und Stolz auf das blicken konnte, was im Laufe der letzten vierzig Jahre daraus geworden war.

… nein, das stimmt eigentlich nicht. Mein Vormittag begann tatsächlich etwa eine Stunde zuvor im Red Lion Inn, wo mir mit einer List mein erstes Bier des Tages aufgenötigt wurde. („Wasser? Nein, das schenken die hier nicht aus.“) Und so ähnlich ging es bei und nach unserem Mittagessen weiter — wohlgemerkt alles auf Kosten unserer Gastgeber. Nicht etwa, dass es vor und bei unserem Gala-Dinner anders zugegangen wäre …

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Die Damen kamen dann etwas später am Nachmittag zu dem netten Restaurant am Kanal, in dem wir zu Mittag gegessen hatten.

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Unser Pub Crawl hatte uns Männer geografisch nicht allzu weit gebracht, also war es kein Problem, Judith zum Red Lion Inn zu lotsen, bei dem wir (erneut) gestrandet waren, bevor es dann zur Vorbereitung aufs große Gala-Dinner nach Hause ging.

[Maus] Die Bootstour war eigentlich nur deshalb spannend, weil wir mit einem Schiffshebewerk eine Stufe nach unten transportiert worden sind. Aber der Anderton Boat Lift ist im Vergleich zum Schiffshebewerk in Niederfinow winzig. Die verbauten Materialien des Anderton Boat Lift stammen zu einem großen Teil aus Deutschland. Na ja, das sagt wohl alles. 😉

Afternoon Tea

Unseren Afternoon Tea haben wir in einer Teestube eingenommen und neben einer riesigen Auswahl verschiedener Teesorten gab es eine Étagère mit leckeren Sandwiches, die prima den konsumierten Alkohol aufsaugten, und einer leckeren Kuchenauswahl. Das Highlight dieses Fressgelages waren aber ofenfrische Scones mit Marmelade und clotted cream. Auf dem Gelände, auf dem diese Teestube stand, gab es außerdem zwei Alpakas, zwei Esel, diverse Vögel und ein äußerst sympathisches Schwein. Ich hätte dort auch den ganzen Tag verbringen und mit dem Schwein spielen können.

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Viel Zeit zum Erholen blieb nicht, denn ein Galaabend stand an. Der Schlafmangel und das straffe Programm zollten ihren Tribut. Ich hing nach dem Abendessen total in den Seilen und hoffte nur noch, dass ich bald schlafen gehen kann. Der Sonntag war ein verlorener Tag, da wir beide völlig übermüdet waren. Aber schön war es trotzdem und ich freue mich schon auf das europäische jährliche Treffen der Round Tabler in Hanau nächstes Jahr.

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Ich bin zu alt für so viel Party