[Mych] Wir sind auf Skye in einem wundervollen Bed & Breakfast namens „The Tables“ untergekommen – in Dunvegan, und gar nicht weit weg von Dunvegan Castle, dem Stammsitz des Clans der MacLeods.
Wir werfen uns in matschkompatible Klamotte und packen die Rucksäcke – etwas leichter als vorgestern, denn heute wollen wir auf mehr oder weniger gleichem Niveau bleiben. Man könnte da sicher auch hinfahren, aber das Auto bleibt heute stehen.
Wir verzichten für die gute Meile bis zur Burg nicht nur aufs Auto, sondern auch auf die Straße und wandern gemütlich an einer winzigen Kirche vorbei über einen schmalen Trampelpfad zwischen den Wiesen, Büschen und Sträuchern. Die Sonne scheint. Der Pfad führt uns bis fast vor den Eingang zum Gelände der Burg.
Die Burg, die wir heute sehen, ist nicht das, was Leod – der Stammvater der MacLeods – seinerzeit als Festung an diesen Ort gestellt hatte. Über die Jahrhunderte hinweg wurde das Bauwerk von den Clanchiefs weiter befestigt, ausgebaut und modernisiert; auch heute leben noch MacLeods hier. Am Eingang zum Burggebäude begrüßt uns eine nette Schottin, die hocherfreut ist, dass wir Deutsche sind, und in überraschend gutem Deutsch mit uns ein Schwätzchen hält, bevor sie uns zum Beginn des Rundgangs weist. Wir gehen durch hübsch und stilvoll eingerichtete Räume mit schönen Möbeln und vielen Portraits. Fotos darf man hier (leider!) nicht machen; sonst hätte Judith eins vom Schubladenklo im Bettkasten gemacht.
Wieder draußen wandern wir, noch auf dem Burggelände, in Richtung Meer – Loch Dunvegan; der feine Unterschied zwischen Binnengewässer und offener See wird im Schottischen offenbar sprachlich nicht abgebildet. Da unten kann man sich im Bötchen zu den Robbenkolonien draußen auf den kleinen Inselchen nur ein paar hundert Meter vom Ufer entfernt fahren lassen. Wir sitzen zu sechst (plus Bootsführer) in einem kleinen Holzboot und kommen bis auf wenige Armlängen an die Viecher heran, die faul auf den algenbewachsenen Felsen liegen und höchstens mal träge in unsere Richtung blicken, wenn der Außenbordmotor lostuckert.
Unser eigentliches Ziel für heute ist aber noch ein Stückchen weiter entfernt: der Korallenstrand in der nordwestlichen Ecke der Landzunge, auf der wir uns gerade befinden. Es sind ungefähr acht Kilometer Fußmarsch bis dahin – bis auf die letzten anderthalb auf der Straße, aber die ist einspurig und unmarkiert und schlängelt sich so malerisch zwischen den grasenden Schafen, Hügeln und Mini-Lochs (Lochen? Löchern?) durch, dass die paar vorbei kommenden Autos kaum auffallen.
Der größte Teil der Küste hier ist Vulkangestein – tiefschwarze, vom Wellengang abgerundete Gesteinsformationen, so wie in Fife. Wir wandern über eine Hügelkuppe und sehen plötzlich zwischen schwarzen Felsen einen weißen Strand in der Sonne vor uns liegen. Wir gehen hin und lassen uns den Sand durch die Finger rieseln: winzige Korallenstücke. Judith findet eine Muschelschale, die von Korallen bewachsen ist wie mit einem Bart; wir würden sie mit nach Hause nehmen, aber das würde das fragile Gebilde eh nicht überleben.
Nachdem wir ein Weilchen die Füße ausgestreckt und einen Snack als Mittagessen zu uns genommen haben, umrunden wir den Hügel am Ende der Landzunge und holen uns den dortigen Geocache. Dann machen wir uns auf den Weg zurück. Am Ende des Wanderwegs, der zu einem Parkplatz führt, ist ein Viehgatter mit einem der hierzulande weit verbreiteten Kissing Gates, durch die man nur einzeln kommt. Wir haben Vortritt vor einem Pärchen, das vom Parkplatz kommt. Als sie Judiths GPS-Gerät am Rucksackgurt baumeln sehen, sagt der Mann (auf Deutsch): „Ah, sicher Geocacher!“ – wir grinsen, geben uns die Hand und schwatzen ein bisschen, wo wir herkommen. Dann gehen die beiden in Richtung Korallenstrand und wir in Richtung unseres Zuhauses hier auf Skye.
Liebe Judith, lieber Michael,
was für tolle Fotos! Da bekomme ich richtig Lust, mich hinter dem Vulkangestein zu verstecken und auch so tolle Bilder von den kugeligen Robben zu machen.
Eure Erzählung ist ebenfalls toll. Da werde ich noch ein bisschen auf eurem Blog stöbern. Und ihn als gute Vorbereitung für meine hoffentlich im nächsten Jahr startende Schottlandtour nutzen.
Herbstliche Grüße
die Wandertrollin Laura 🙂
[Mych] Hehe. Schön, wenn unsere Bloggerei diesen Effekt hat 🙂 – und, ja, Schottland lohnt sich wirklich, wenn man gerne draußen ist. So viel Landschaft (und Wetter) findet man sonst nur selten am gleichen Fleck …
Bei diesen schönen Bildern werden Erinnerungen an 2008 wach; da waren mein Mann und ich u.a. auch auf der Isle of Skye und sind zu diesem Strand gewandert. Allein von den Seehunden hat mein Mann an die 300 Bilder geknipst.
LG
Ulrike