Küste der Träume

[Maus] Ich wache vor dem Weckerklingeln auf. Unser letzter Tag in Cornwall ist angebrochen und begrüßt uns mit strahlendem Sonnenschein. Als ich hochgehe in unser Wohnzimmer, hat Viviana bereits unsere Balkontür weit geöffnet, um die frische Seeluft hereinzulassen und den Geruch von Bier und kaltem Fudge vom Vorabend zu vertreiben.

Lizard Point, unser heutiges Tagesziel, ist der südlichste Punkt Großbritanniens. Die Fahrt führt uns über unsere inzwischen heißgeliebten engen Sträßchen, die sich durchs Heckenlabyrinth winden. Michael hat das Weit-links-Fahren perfektioniert, kleine Zweige streifen immer wieder unser Auto. Trotzdem ich immer wieder zusammenzucke und merkwürdige Laute von mir gebe, bleibt das Auto völlig unbeschädigt.

Am Ziel liegt uns eine steile und rauhe Felsküste zu Füßen. Oberhalb der Klippe sind die Felsen bewachsen mit allerlei seltenen Pflanzen, die Sonne küsst die Küste, fast wolkenloser Himmel – ein herrlicher Spätsommertag.

Natürlich nutzen wir den Tag auch wieder, um Dosen zu fischen (Geocaching). Ich suche in der Nähe einer kleinen Hütte des National Trust und als ich nichts entdecken kann, werde ich von einem Seeräuber (oder jemandem, der so aussieht) in Unterhemd und schmutzigen, aber bequem aussehenden Cargohosen angesprochen, was ich denn in dieser Ecke suche. Verdutzt blicke ich den Mann an und gestehe, dass ich nach einer Dose suche, und hoffe, er will mir nicht ans Schlawittchen. Er grinst, greift in die Ecke. Hinter einem Vorhang aus dickblättrigen Pflanzen zieht er die Dose hervor. „Da oben ist auch noch eine.“ sagt er und deutet mit dem Finger zum Leuchtturm. Ich bin erleichtert; so leicht war Dosenfischen noch nie.

Wir wandern zum Strand hinunter; ein Earthcache macht uns auf die vielfältigen geologischen Besonderheiten aufmerksam. Glimmerschiefer, Gneis und Serpentinit, und vom Meer ausgehöhlte Felsen, die uns mal wieder zu Höhlenforschern werden lassen, kann man hier entdecken.

Als wir gerade noch eine der Höhlen erforschen, hören wir Rufe von draußen: „Hier sind Seehunde.“. Als ich draußen bin staune ich – oh, das sind Seehunde? Ich wundere mich über die merkwürdige Form der Flossen, und plötzlich gibt es Entwarnung. Doch keine Seehunde – nur Taucherrobben. Keine zwei Minuten später taucht ein Kopf aus dem Wasser hoch, dann ein großer grauer Bauch. Endlich – ein richtiger Seehund. Immer wieder guckt er aus dem Wasser heraus, taucht wieder unter, streckt dabei seinen Bauch aus dem Wasser heraus. Es ist eine Wonne, ihm zuzuschauen.

Bald brechen wir auf, denn die Flut überspült langsam das kleine Stück Strand auf dem wir uns befinden. Eine zweite geologische Besonderheit wartet keine 700 Meter entfernt von dem kleinen Strand darauf, von uns entdeckt zu werden. Ein Stückchen von der Klippe entfernt, auf der wir stehen, ragt mitten aus dem Meer eine steinerne Stele, ein sogenannter Brandungspfeiler. Wir breiten unsere Decke aus und machen eine kleine Pause, um alle Datenpunkte zu erfassen, die wir für diesen Earthcache brauchen, uns auszuruhen und an dieser Traumküste ein wenig die Seele baumeln zu lassen.

Plötzlich höre ich wieder: „Seehunde“. Michael und Viviana rennen ausgerüstet mit Kameras den steilen Abhang hinab, um vielleicht noch mal ein Bild von diesen wunderbaren Meeresbewohnern zu bekommen. So, wie wir den Urlaub begonnen haben, endet er auch: mit Seerobben. Sie in freier Wildbahn zu sehen, macht mich besonders glücklich und ich hoffe, dass ihr Lebensraum hier an der der wilden Felsküste von Cornwall erhalten bleibt. Der Tag, die Küste, alles ist perfekt.

Zum krönenden Abschluss bestellen wir in dem kleinen Café direkt am Lizard Point Cornish Cream Tea für alle. Wir bekommen jeweils zwei noch warme Scones pro Nase, eine Schale voll mit Marmelade und eine mit herrlich fluffiger Clotted Cream. Die Kellnerin teilt uns mit, dass wir soviel Nachschlag an Marmelade und Clotted Cream bekommen können, wie wir wollen. Aber nach der zweiten Portion müssen wir aufgeben.

Zurück am Heimatstrand in Maenporth genießen wir noch die letzten Sonnenstrahlen, Burkhard und Michael suchen den am Strand versteckten Geocache, Viviana schreibt die letzten Urlaubskarten, Magdalena und ich suchen den Strand nach Schätzen ab. Magdalena will unbedingt barfuß am Strand laufen, damit sie mit den Füßen ins Wasser kann. Ich verzichte, denn wir waren gerade erst im Schwimmbad und ich bin frisch geduscht.

Erst jetzt sehen wir, dass es an „unserem“ Strand auch eine Höhle gibt, die selbstverständlich noch erkundet werden muss, bevor wir uns in unser Domizil zurückziehen – ein letztes Mal, bevor es morgen nach Hause geht.

Küste der Träume

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