Eiszeit

[Mych] Fenster freikratzen. Außen und innen.

Normalerweise sind wir nicht morgens mit dem Auto unterwegs – Judith fährt mit dem Fahrrad ins Labor, und ich stapfe normalerweise zu Fuß im Schlafanzug ins Büro. Aber wir wollen nächstes Wochenende zu einem Wellness-Wochenende nach Bath fahren. Da sind die einzigen heißen Quellen in England. Schon die Römer wussten davon.

Draußen ist es dieser Tage relativ kühl: knapp über dem Gefrierpunkt, und nachts offensichtlich kalt genug für zufrierende Pfützen und Autoscheiben. Wir haben zwar nicht vor, nachts zu fahren, aber Winterreifen im Winter klingen trotzdem wie eine gute Idee, und wir haben noch die Winterkompletträder von meinem alten Seat Ibiza in unserem Gartenschuppen rumliegen.

Nachdem die Scheiben (innen und außen) frei sind, fahren wir zur Volkswagen-Werkstatt im Arches Industrial Estate um die Ecke. Ein sehr großer Name für ein paar Lagerhallen unter den Bögen einer kleinen, gemauerten Eisenbahnbrücke; weniger als zehn Minuten zu Fuß von unserem Haus entfernt. Haufenweise kleiner Autowerkstätten und Gebrauchtwagenhändler haben sich dort angesiedelt, und ein Nissan-Händler, von dem man nachts nur das „SAN“ lesen kann.

Die erste Erkenntnis des Morgens: Die Volkswagen-Werkstatt macht keine Radwechsel – der freundliche Mann verweist uns an die spezialisierte Radwechselwerkstatt nebenan.

Dort wirft man einen Blick auf meine Ibiza-Räder. Ja, die werden schon passen, sagt der junge Mann. Ich hatte damit gerechnet, dass ich den Wagen da lasse und später wieder abholen werde, aber der junge Mann setzt sofort den Wagenheber an. Sein etwas älterer Kollege hebt die Räder aus dem Kofferraum; die Kreidemarkierung „V“ auf der Lauffläche steht für „vorne“, erkläre ich ihm. Aber als er die erste Radkappe entfernt hat, ist sofort klar, dass sie doch nicht passen: Der Škoda hat fünf Schrauben – die Räder vom Seat haben nur vier Löcher. Mist.

Wir fragen, ob wir vielleicht neue Winterräder bekommen könnten – und ob sie vielleicht die alten Winterreifen (erst eine Saison gefahren) in Zahlung nehmen würden. Der etwas ältere Mann kratzt sich am Kopf. „Nee“, sagt er. „Die werde ich nicht wieder los. Niemand in England fährt mit Winterreifen.“

Eiszeit

Weihnachtsimport

[Mych] In Birmingham gibt’s einen Weihnachtsimport aus Deutschland: den – räusper – Birminghamer Frankfurter Weihnachtsmarkt.

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Was der Birminghamer Frankfurter Weihnachtsmarkt dem Frankfurter Frankfurter Weihnachtsmarkt voraus hat:

  • Bierausschank in großem Stil. Engländer liiieben ihr Bier. Dazu passend: haufenweise Weihnachtsmarktbesucher mit Bierglas statt Glühweinbecher in der Hand.
  • Musikanten, die sich keinen Deut darum scheren, dass Weihnachten ist. (Oder sein soll.)
  • Ein Riesenrad. (Kein sehr riesiges, aber trotzdem.)
  • Rentier-Burger, Straußen-Burger (mehrere Stände!) und asiatische Nudelsuppe.

Was der Birminghamer Frankfurter Weihnachtsmarkt nicht hat:

  • Raclette und Käsefondue. (Das macht mich sehr, sehr traurig.)
  • Einen Weihnachtsbaum.
  • Kunsthandwerk in nennenswertem Maße. (Es gibt aber sehr wohl einen dedizierten Kunsthandwerksmarkt auf dem Weihnachtsmarkt. Da wird, hmm, kunstvoller Tinnef verkauft? Und kunstvoller Cider.)
  • Gar zu viel deutsches Personal in den (durchgehend deutsch beschrifteten) Fressständen. Die sind wohl alle auf den buchstäblich tausenden Weihnachtsmärkten in Deutschland. England bekommt statt dessen die Rumänen.
  • Schnee. Oder wenigstens kühle Temperaturen.

Was beide haben:

  • Original Frankfurter Bratwurst, in Einheiten von halben Metern (alias „1.64 feet“) verkauft.
  • Glühwein! Immerhin. Und gebrannte Mandeln, und Crêpes, und Mohrenk… – sorry, Schokoküsse (die hier in England als „Marshmallows“ verkauft werden).
  • Ein Karussell. Das macht wahrscheinlich den Frankfurt-Aspekt aus.
  • Tinnef in allen Preisklassen.

Was beide nicht haben:

  • Platz zum Umfallen. (Sogar schon um 11 Uhr morgens.)

(Danke an John James, unbekannterweise, für das Foto; Beschnitt von mir.)

Weihnachtsimport